Von allen Edelgasen hat das Xenon die reichhaltigste Chemie. Dennoch sind isolierbare Verbindungen recht selten und nur unter besonderen Bedingungen zu gewinnen. Insbesondere sollte der Bindungspartner des Xenons sehr elektronegativ sein. So sind die Xenonfluoride recht stabil, aber schon fast alle Verbindungen mit Xenon-Sauerstoff-Bindungen extrem empfindlich. Umso mehr überrascht es, dass es xenonorganische Verbindungen gibt, also solche mit einer direkten Xenon-Kohlenstoff-Bindung. Ein Beispiel einer solchen Verbindung wird hier mittels einer grundsätzlich ganz normalen elektrophilen aromatischen Substitution dargestellt.
Geräte:
PTFE-Schraubdeckelgefäß 100 mL, Dewar, Thermometer mit geeignetem Messbereich (idealerweise bis unter -80 °C), Messpipetten, Messzylinder, Waage, Trockeneis
Chemikalien:
Xenon(II)-fluorid


Dichlormethan, absolutiert

Trifluoressigsäure
Trifluormethansulfonsäure
1-Fluor-4-nitrobenzol
2-Fluor-5-nitrophenylxenontrifluormethansulfonat

Fluorwasserstoff
Hinweis:
Xenon(II)-fluorid ist ein außerordentlich starkes Oxidationsmittel, das nicht mit Metallen, Glas oder (nicht-perfluorierten) Kunststoffen in Kontakt kommen sollte! Trifluormethansulfonsäure ist eine Supersäure.
Das Schraubdeckelgefäß ist nur so lange wie nötig offen zu halten und muss sonst insbesondere während der Reaktionszeiten verschlossen sein, damit keine Feuchtigkeit in das Reaktionsgemisch gelangt!
Durchführung:
Xenon(II)-fluorid (300 mg, 1,77 mmol) wird in einem PTFE-Schraubdeckelgefäß in absolutiertem Dichlormethan (15 mL) gelöst. Die Lösung wird mittels eines Trockeneis-Dichlormethan-Kältebads abgekühlt. Hat die Lösung -20 °C erreicht wird unter kräftigem Rühren wasserfreie Trifluoressigsäure (274 µL, 3,55 mmol, 1,00 eq.) zugegeben und weiter gekühlt. Bei -40 °C wird wasserfreie Trifluormethansulfonsäure (265 µL, 1,77 mmol, 1,00 eq.) unter Rühren zugegeben. Nach 30 Minuten ist die Lösung schwach gelblich und trüb. Nun wird unter Rühren tropfenweise 1-Fluor-4-nitrobenzol (250 µL, 2,36 mmol, 1,33 eq.) zugegeben und noch drei Stunden bei -78 °C stehen lassen. Danach haben sich am Boden des Gefäßes gelblichbraune Kristalle von 2-Fluor-5-nitrophenylxenontrifluormethansulfonat abgeschieden. Die überstehende Lösung wird abdekantiert und die Kristalle mit wenig Dichlormethan nachgewaschen.
Entsorgung:
Alle Lösungen werden zu den halogenhaltigen organischen Lösemittelabfällen gegeben. Trockeneis lässt man verdampfen. Verunreinigtes Xenon(II)-fluorid sollte im Vakuum sublimiert und dann weiterverwendet werden.
Erklärung:
Zunächst bildet sich Xenon(II)-trifluoracetat. Durch Zugabe der Trifluormethansulfonsäure entsteht vermutlich Xenon(II)-trifluoracetat-trifluormethansulfonat, welches das 1-Fluor-4-nitrobenzol elektrophil angreift, wobei 2-Fluor-5-nitrophenylxenontrifluormethansulfonat gebildet wird.

Literatur:
1. Naumann, D., Tyrra, W., Gnann, R., Pfolk, D., „Synthesis of Arylxenon Trifluoromethanesulfonates via Electrophilic Substitution of F- and CF3-substituted Aromatics.“ J. Chem. Soc., Chem. Commun., 2651-2653 (1994).
Bilder:

Kühlen im Trockeneis-Dichlormethan-Kältebad

Nach Zugabe der Trifluoressigsäure

Nach Zugabe der Trifluormethansulfonsäure

Nach Zugabe des 1-Fluor-4-nitrobenzols

2-Fluor-5-nitrophenylxenontrifluormethansulfonat
Ich danke Kaliumperoxid für die Mitarbeit.