Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

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Niklas
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Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

2,4-Dinitrophenylhydrazin (DNPH), auch bekannt als Bradys-Reagenz, ist eine zur qualitativen Analyse von Aldehyden und Ketonen nützliche Substanz. Es bilden sich gut kristallisierende Hydrazon-Addukte mit charakteristischen scharfen Schmelzpunkten. DNPH findet auch Anwendung als Färbereagenz für die Dünnschichtchromatographie.


Geräte:

Dreihalsrundkolben, Rückflusskühler, Schliffthermometer, Schliffstopfen, Magnetheizrührer mit Glyzerinbad, Rührfische, Filternutsche, ggf. Becherglas zur Umkristallisation


Chemikalien:

2,4-Dinitrochlorbenzol (DNCB) Warnhinweis: t Warnhinweis: xn Warnhinweis: c Warnhinweis: n
Hydrazinhydrat Warnhinweis: f Warnhinweis: t Warnhinweis: xn Warnhinweis: c Warnhinweis: n
Methanol Warnhinweis: f Warnhinweis: t Warnhinweis: xn
Acetonitril Warnhinweis: f Warnhinweis: attn
Schwefelsäure 96% Warnhinweis: c
Ethanol Warnhinweis: f Warnhinweis: attn
Methylethylketon Warnhinweis: f Warnhinweis: attn

2,4-Dinitrophenylhydrazin (DNPH) Warnhinweis: f Warnhinweis: attn
Methylethylketon-dinitrophenylhydrazon Warnhinweis: unknown


Hinweis:

Vorsicht beim Umgang mit Hydrazinhydrat! Die Durchführung darf nur im Abzug oder im Freien erfolgen.
Obwohl ich persönlich keine Schlag- oder Reibeempfindlichkeit feststellen konnte, empfiehlt es sich das Produkt angefeuchtet zu lagern.


Durchführung:

In einem 250 ml Dreihalsrundkolben, ausgestattet mit einem Innenthermometer und Rückflusskühler, werden 12,2 g 2,4-Dinitrochlorbenzol (60 mmol) vorgelegt und in 100 ml Methanol aufgenommen. Der verbleibende Hals wird verschlossen und das DNCB durch leichtes Erwärmen im Glycerinbad in Lösung gebracht, woraus eine hellgelbe Lösung resultiert. Nach Abkühlen wird unter magnetischem Rühren langsam eine Lösung von 8 ml Hydrazinhydrat (164 mmol) in einem Gemisch von 35 ml Methanol und 35 ml dest. Wasser zugesetzt, so dass die Temperatur des Reaktionsgemisches 30 °C nicht übersteigt. Es kommt sofort zu einer Verdunklung über orange zu braun und plötzlich beginnen glänzende Kristalle eines orangefarbenen Feststoffs auszufallen. Anschließend wird für 40 Minuten im Glyzerinbad unter Rückfluss erhitzt, und der Niederschlag nach Abkühlen auf -20 °C abgenutscht. Durch destillative Einengung der Mutterlauge konnte keinerlei weiteres DNPH gewonnen werden. Nach dem Trocknen an der Luft erhält man das (für die meisten Anwendungszwecke bereits ausreichend reine) Rohprodukt als orangefarbenes, mit glänzenden Kristallen durchsetztes Pulver.
Ausbeute: 11,67 g (98,1 % d. Th.)

Zur weiteren Reinigung, und um schöne Kristalle zu erhalten, wurde aus Acetonitril umkristallisiert (ca. 270 ml benötigt), woraus 10,95 g (92 % d. Th.) bei 200-202 °C unter Verdunklung und Gasentwicklung schmelzender, karminrot glänzender, nadelförmiger Kristalle gesammelt wurden, welche beim Erhitzen mit mit stark rußender Flamme deflagrieren. Durch destillative Einengung der Mutterlauge konnten weitere 0,49 g eines bei 202 °C (198-202 °C lit.) unter Gasentwicklung und geringfügigerer Verdunklung schmelzenden, orangeroten, kristallinen Pulvers gesammelt werden.
Ausbeute: 11,44 g (96 % d. Th.)


Darstellung eines Dinitrophenylhydrazons als Beispiel der qualitativen Charakterisierung von Ketonen:

In einem Zentrifugenröhrchen werden durch Schütteln 200 mg DNPH in einem Gemisch aus 1 ml konzentrierter Schwefelsäure und 1,5 ml dest. Wasser gelöst und die resultierende gelbgrüne Lösung mit 5 ml absolutem Ethanol verdünnt. 100 μl Methylethylketon (beziehungsweise im Fall einer tatsächlichen Analyse 0,5 ml einer 20%-igen Lösung der Carbonylverbindung in Ethanol) werden mit Hilfe einer Eppendorfpipette zugesetzt, wobei es sofort zur Bildung eines neon-orangefarbenen Niederschlags kommt, welcher nach 15-minütigen Stehen durch einen Faltenfilter abfiltriert wird. Es wird gut mit dest. Wasser nachgespült, auf etwas Küchenrolle getrocknet, und der noch etwas feuchte Feststoff im Anschluss aus Ethanol / Wasser umkristallisiert. Nach Trocknen im Vakuumexsikkator über Silicagel wird das Produkt als glänzende, orangefarbene Flocken gesammelt, welche scharf bei 115 °C (115 °C lit.) schmelzen.


Entsorgung:

Alle Chemikalienrückstände werden im halogenfreien organischen Abfall entsorgt. Es bietet sich eine destillative Rückgewinnung der Lösungsmittel an.


Erklärung:

Hydrazin und 2,4-Dinitrochlorbenzol reagieren im Rahmen einer nucleophilen aromatischen Substitution unter Bildung von 2,4-Dinitrophenylhydrazin und Chlorwasserstoff. Letzterer wird vom überschüssigen Hydrazin als Hydrazinhydrochlorid abgefangen.
IMG_8892.jpeg

Hierbei bildet sich zunächst durch nucleophilen Angriff des Hydrazins am ipso-Kohlenstoff des DNCBs ein durch die Nitrogruppen stabilisierter Meisenheimer-Komplex, welcher anschließend durch Abgang von Chlorid zum DNPH rearomatisiert.
IMG_8893.jpeg

Bilder:
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Zugabe des Hydrazinhydrats

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Die Reaktionsapparatur

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Das Rohprodukt

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Das Produkt nach Umkristallisation

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Herstellung von Methylethylketon-dinitrophenylhydrazon


Literatur:

[1] https://www.lambdasyn.org/synfiles/dini ... drazin.htm ; letzter Zugriff: 21.03.2025
aliquis
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazine

Beitrag von aliquis »

Als ersten Beitrag gleich eine Synthese posten - das haben wir hier nicht jeden Tag.

Möchtest Du Dich hier nicht erstmal vorstellen?: viewforum.php?f=34

Das Produkt wurde falsch geschrieben, daher führt der Wiki-Link ins Leere.
Ein Bild und eine Reaktionsgleichung wären auch toll. Kommen aber wahrscheinlich noch, oder?
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Niklas
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

Hatte mich verklickt und den unfertigen Beitrag veröffentlicht, habe jetzt alle Bilder noch angehängt.
Danke aber für den Hinweis mit dem Rechtschreibfehler, wäre mir sonst nicht aufgefallen.

Eine Vorstellung werde ich gerne später schreiben.
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Ralf
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Ralf »

Willkommen! Sieht hübsch aus. Hast du das in der Uni gemacht?
Chemie ist das, was knallt und stinkt, doch selten nur gelingt.
aliquis
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von aliquis »

@Niklas:

Hab mal ein bisschen recherchiert: Gruppe C-Substanz, nicht besonders schocksensitiv - also wohl halb so wild...

Hast Du das Produkt schon analytisch eingesetzt?
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Niklas
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

@Ralf Danke! Definitiv eines der schönsten Produkte die ich in letzter Zeit so hergestellt habe.
Habe das Ganze vor rund zwei Wochen als kleine eingeschobene Synthese in meinem Heimlabor durchgeführt, da ich mir letztens 500 g Dinitrochlorbenzol besorgt hatte, und dieses Produkt nicht nur schön anzusehen sondern auch anderweitig nützlich ist.

@aliquis Analytisch eingesetzt habe ich das DNPH noch nicht.
aliquis
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von aliquis »

SIeht sehr professionell aus, Dein Garagenlabor! :thumbsup:
Es geht nichts über eine geflieste Arbeitsfläche... 8)

Aber wo bekommt man ein Pfund DNCB fürs Heimlabor her... :?
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mgritsch
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von mgritsch »

Das Produkt ist wirklich ein Highlight, schon rein optisch! Und gleich mit allem drum und dran professionell aufbereitet, thx! :thumbsup:

P.s. warum Spielwiese und nicht Artikelschmiede?
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lemmi
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von lemmi »

Ich kann nur zustimmen: schöne Synthese und perfekt formatiert (ein paar Feinheiten bügeln wir noch aus 8) ) und dokumentiert!

Die analytische Anwendung fände ich auch interessant! Irgendwoher aus der Literatur kenn ich das doch ... nimmt man das nicht zum Charakterisieren von Zuckern her?
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aliquis
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von aliquis »

@lemmi:
Ketone und Aldehyde kann man damit nachweisen und ggf. auch identifizieren.
Vll. verwechselst Du das mit 3,5 Dinitrosalicylsäure: damit weist man reduzierende Zucker nach.

Edit: Zucker haben natürlich auch Cabonylgruppen.
Gut möglich, dass Bradys Reagenz auch darauf anspricht.
Die Frage wäre, wie und auf welche. Auf die reduzierenden?
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Niklas
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

@aliquis Stimme dir voll und ganz zu, ne geflieste Arbeitsfläche ist echt ideal, hatte echt Glück da vor zwei Jahren nen 1996 Waldner Abzug für 1000€ zu erwerben. Das Dinitrochlorbenzol habe ich von Laboratoriumdiscounter erworben (https://www.laboratoriumdiscounter.nl/d ... -500g.html), leider bieten sie immer nur 25 oder 500 g Mengen an, und bei nem Preisverhältnis von circa 1:3 ist es schwer zu dem halben Kilo nein zu sagen, obwohl ich vermutlich nicht mehr als 100 g benötige. Also bei Projektvorschlägen gerne her damit :wink:

@mgritsch Danke! Wollte fürs erste noch ein Gefühl für das ganze System hier kriegen, sofern es aber den Ansprüchen entspricht kann der Beitrag auch gerne in die Artikelschmiede verschoben werden :D

@lemmi Auch dir danke! Zucker könnte man damit definitiv unter Osazon-Bildung charakterisieren, obwohl die einfachen Phenylhdrazone hier meist bereits ausreichend gut kristallisieren. Eine Vorschrift war meine ich in meinem 1974 Organikum gegeben, kann da später mal nachschlagen.
aliquis
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von aliquis »

Komisch, beim LabDisc hatte ich es nicht gefunden...
Bin ich der einzige, der mit deren Suchsystematik und den Ergebnisvorschlägen gelegentlich Probleme hat?
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Niklas
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

Ohne CAS-Nummer kommt man bei deren Suchsystem nicht weit, hab da auch immer Probleme mit.
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lemmi
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von lemmi »

[EDIT by lemmi: Artikelkandidaten werden nicht in der Spielwiese sondern in der Artikelschmiede diskutiert. Deshalb habe ich diesen Thread hierher verschoben
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Niklas
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Re: Synthese von 2,4-Dinitrophenylhydrazin

Beitrag von Niklas »

(Herstellung des MEK-Dinitrophenylhydrazons hinzugefügt)
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