Bestimmung niedriger Sulfatkonzentrationen

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lemmi
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Bestimmung niedriger Sulfatkonzentrationen

Beitrag von lemmi »

Hier stelle ich einen Versuch vor, bei dem ich die Sulfatkonzenztration in unserem Leitungswasser auf nephelometrischem Wege bestimmen wollte. Ich habe ihn nicht als Artikel formatiert, weil ich vor allem eure Kommentare zu der Idee hören möchte.

Die Grundidee ist nicht von mir. Sie ist in dem Buch von Hüttig beschrieben. Das Prinzip ist, zur Probe eine konstante Menge Salzsäure und Bariumchloridlösung zuzugeben und die Zeit zu messen die es dauert, bis eine Trübung von Bariumsulfat erkennbar wird.

Ba2+(aq) + SO42-(aq) ---> BaSO4(s)

Das Problem ist natürlich, in welchem Moment man die Stoppuhr drücken soll. Was ist eine "eben erkennbare Trübung", wie es bei Hüttig heißt? Ich habe versucht, die Bestimmung durch Fotodokumentation genauer zu gestalten.

Bariumchloridlösung 2,5 % (ca. 0,1 M)
Warnhinweis: xn

Salzsäure 2 M
Warnhinweis: c

Kaliumsulfat

Ich habe eine 0,1 M Kaliumsulfatlösung hergestellt, indem ich 1743 mg K2SO4 in 100 ml Wasser gelöst habe. Von dieser Lösung habe ich Verdünnungen hergestellt (1 ml, 0,75 ml, 0,5 ml und 0,25 ml auf 100 ml aufgefüllt), die Endkonzentrationen von 1,0 - 0,75 - 0,5 - 0,25 mM SO42- entsprechen.

Für die Messung wurden je 5 ml der Standardlösungen mit 2,5 ml Salzsäure gemischt. Dann wurde das Ganze in ein Reagenzglas gegeben, in dem sich 2,5 ml Bariumchloridlösung befanden und gleichzeitig die Stoppuhr gestartet. Die Reagenzgläser wurden durch einmaligen Kippen gemischt und abgestellt und eine Fotodokumentation mit 1 Bild alle 1-2 Sekunden gestartet.
Danach habe ich versucht, mich für den Zeitpunkt zu entscheiden, an dem eine "deutlich erkennbare Trübung" eintrat - und zwar anhand der Fotos bei jedem Ansatz eine ungefähr gleich starke Trübung. Zur Illustration hier eine Bilderserie (nicht alle Bilder) des Ansatzes mit 1,0 (links) und 0,75 mM (rechts):

Bild

Bild

Bild

Bild

Bild

Anhand dieser Bilder habe ich mich entschieden, das Auftreten der Trübung bei 1,0 mM mit 13 Sekunden festzulegen.
Die Trübung glich derjenigen, die bei einer Konzentartion von 0,75 mM nach 27 Sekunden eintrat (rechtes Glas):

Bild

Mit der 0,5 mM-Ansatz fiel es mir schon schwerer, zu entscheiden, wann die Trübungen gleich waren. Ich habe folgendes Bild gewählt (linkes Glas):

Bild

Die Trübung trat hier nach 57 Sekunden ein. Bei dem Ansatz mit 0,25 mM konnte ich keinen eindeutigen Eintritt einer Trübung feststellen
Es scheint so zu sein daß die Zeit bis zum Eintritt der "deutlich erkennbaren Trübung" bei 0,75 mM doppelt so lang ist, wie bei 1 mM und bei 0,5 mM wieder doppelt so lang wie bei 0,75 mM. Ich habe daraus folgenden Graphen konstruiert:

Bild

Dann habe ich den Versuch mit 5 ml Leitungswasser wiederholt. Hier die Bilderserie:

Bild

Bild

Bild

Bild

Ich habe als "Äquivalenzpunkt der Trübung" 18 Sekunden genommen. Das entspräche in meinem Graphen einer Konzentration von 0,88 mM SO42- im Leitungswasser, oder 84,5 mg/l. Das Wasserwerk gibt einen Sulfatgehalt von 77 mg/l an. Das ist nicht sonderlich gut getroffen, aber mein "Meßwert" liegt wenigstens in der Nähe davon.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Hallo @lemmi,

ich finde dieses Expi sehr intetressant! :thumbsup: Ich habe es auch mal probiert und hatte leider so meine Schwierigkeiten mit meinem Visus und der durch die Spastik und gestörte Feinmotorik bedingt längeren Reaktionszeit, bis ich den Stoppknopf meiner Armbanduhr drückte...

Du hast durch die große Stoppuhr weitaus optimalere Versuchsbedingungen.
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

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eule
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Beitrag von eule »

Schöner Versuch, der deutlich zeigt, daß so manches alte Meßverfahren kaum mehr denn eine grobe Schätzung ermöglicht. :)
Vllt wäre eine photometrische Detektion des Streulichts besser als eine rein visuelle Erfassung geeignet, den Endpunkt der Messung zu finden.
Unendliche Vielfalt in unendlicher Kombination.

Agressiv und feindselig, boshaft, manipulierend und hinterhältig, hämisch, überkritisch, herrschsüchtig und sinnlos brutal, das sind die Primärtugenden, die zusammengenommen Menschen vor allen anderen Spezies auszeichnen.
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Erstmal ein schöner Versuch.
Das Millimeterpapier erinnert mich an alte Zeiten ;)
Ein möglichst dunkler Hintergrund und eine Beleuchtung von der Seite ist wohl optimal, um eine Trübung schnell zu erfassen. Dazu eine möglichst hohe Schichtdicke.
Z.B. ein Laser wäre eine mögliche Lichtquelle mit der Trübungen sehr gut sichtbar sind.
Das Wasserwerk gibt einen Sulfatgehalt von 77 mg/l an.
Das ist ein Messwert von irgendwann. Dazu kommen noch die Leitungen bis zu dir, Standzeiten in der Leitung usw.
Da ist dein Messwert locker in der Schwankungsbreite.
Aber auch die Messung des Leitungswassers sollte sich optimieren lassen, denn der Meßwert lieger eher am oberen Ende der Messbarkeit - der Messfehler ist hoch.
Hast du mal 2-3 weitere Messungen des Wassers gemacht für die Präzision?
Dann mal noch ein/zwei Tage später, ggf. auch ein Vergleich von abgestandenem Wasser und nach 5min spülen?
Würde einige interessante Werte liefern :thumbsup:

Wenn du die Daten roh hier reinstellst, mach ich dir daraus auch ein Excel-Diagramm mit Berechnungsformel.
Das Millimeterpapier kannst du aber natürlich auch verwenden ;)
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Ja, ein Nephelometer zur Erfassung der Streuung des Lichtes (Tyndall-Effekt). :wink:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

CD-ROM-LAUFWERK hat geschrieben:Wenn du die Daten roh hier reinstellst, mach ich dir daraus auch ein Excel-Diagramm mit Berechnungsformel.
Es gibt nur drei Messwertpaare, die habe ich beschrieben:
1,0 mM - 13 Sekunden
0,75 mM - 27 Sekunden
0,5 mM - 57 Sekunden

Ich habe wie ein Blöder nach dem folgenden Artikel gesucht, aber die zugehörige Zeitschrift nicht gefunden:

Regnet W, Quentin K.-E.: Nephelomettrische Bestimmung geringer sulfatmengen im Trinkwasser; Zeitschrift für Wasser- und Abwasserforschung 14 (1981), 3:106-108

Diese Zeitschrift ist angeblich in "Acta hydrochimica et hydrobiologica" aufgeganggen und diese wiederum in "CLEAN - Soil, Air, Water". Aber die Jahreszahlen und Bände stimmen nicht überein (Acta hydrochim et hydrobiol hat 1981 den _Band 9 uund nicht 14 herausgegeben und ein artikel s. 106-108 existiert darin nicht

Kann mir jemand helfen?
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Ich meinte, falls du noch weitere Messungen machen würdest.
Mir jedenfalls wäre das mit dem Papier zu aufwändig ;)

Auch das hier spielt irgendwann eine Rolle:
http://xkcd.com/1205/
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Auf Anhieb finde ich nur diesen Link: http://bibweb.hh.se/byggdok/detailed_re ... ?id=207244 in Schweden...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

CD-ROM-LAUFWERK hat geschrieben:Auch das hier spielt irgendwann eine Rolle:
http://xkcd.com/1205/
Nee, wenn das bei Hobbies eine Rolle spielen würde, könnte man gleich alles sein lassen 8)

Kann mir jemand helfen, der sich besser als ich in Kinetik auskennt wie man die Gelichung zu dieser Kurve formuliert? Ich nehme mal an, daß es sich um eine Reaktion 1.Ordnung handelt, dann ist das doch sicher eine e-Funktion, oder?
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Beitrag von Römpp63 »

In einer ähnlichen Art habe ich viele Jahre Sulfat in der Wasseranalyse bestimmt. Und zwar gibt es von der Firma HACH fertige Reagenzien-Kits, die im
Beispiel hier aus Bariumchlorid und einem Zusatz (unbekannt) besteht und somit auch feinste Trübungen etwa 10 min. konstant hält. Ich habe diese
Kits, die eigentlich für HACH-Photometer bestimmt waren, für eigene Kalibrierkurven benutzt, sodaß bei Verwendung von 50mm-Küvetten eine hohe
Nachweisempfindlichkeit erreicht wurde. Gemessen im normalen Photometer.
Dies wäre ein Tip für den Analytik-Praktiker: ich habe für meine photometrischen Analysen gerne HACH- und MERCK-Kits benutzt, um die Methoden
zu spezifizieren. Zumeist kamen dabei robuste, schnelle und empfindliche Methoden heraus, die erhebliche Zeitersparnis brachte.
Für den Hobbychemiker empfehle ich Aquarien-Nachweiskits, die man je nach Ausführung leicht verfeinern kann.

Gruss Römpp63
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

@Römpp63: kannst du mir sagen, unter welchen Bedingungen du im Photometer gemessen hast?

Kann mir niemand mit der Kurvengleichung helfen ? Wenigstens weclhe Form sie haben müsste?
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Würde Dir da gerne Helfen, aber ich bin Biolüge und kein Mattematistiker ;) Was die Photometrie betrifft ist die Frage mit welcher Wellenlänge Du arbeiten willst und was für ein Photometer Du einsetzen willst. Ich würde da einfach mal im blauen Bereich etwas rumspielen, da Blau ja stärker gestreut wird sollte man da die besten Ergebnisse erhalten.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ich hab die Werte aus deinem Diagramm mal eingegeben und eine Exponentialfunktion hätte ein R² von 0,9995.
Ohne jetzt wirklich ein mathematisches Verständnis davon zu haben, welche Funktion das sein müsste, kann man bei so einem R² davon ausgehen, dass es auch wirklich ne Exponentialfunktion ist.

Bild

Werte (mM / s):
0,25 / 112
0,5 / 57
0,75 / 27
1 / 13
1,25 / 6

Übrigens: wenn man nur die 3 Werte, die du in dem späteren Beitrag erwähnt hast, nimmt, kommt man auf ein R² von 0,99995. Ein noch höheres R² bekommt man nur, wenn man bei 0,5 mM 56 statt 57 Sekunden einsetzt. Sieht so aus, als wäre da sehr genau gemessen worden. :wink:
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frankie
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Beitrag von frankie »

Trage einmal den Logarithmus (ln) der Konzentration gegen die Zeit auf.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Meinst du nicht eher den ln der Zeit gegen die Konzentration? Nur so kommt bei mir ne Gerade raus.

EDIT:
lemmi hat geschrieben:Ich nehme mal an, daß es sich um eine Reaktion 1.Ordnung handelt
Es reagieren doch 2 Reaktanden. Da müsste es doch eine Reaktion 2. Ordnung sein (?!).
Vielleicht kannst du noch die ultrakomplizierte Reaktionsgleichung hinschreiben, als Teil der Erklärung sozusagen.
lemmi hat geschrieben:eine 0,1 M Kaliumsulfatlösung [...] 1,743 mg K2SO4 in 100 ml Wasser
1,743 g. :wink:
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