rohes Kupfersulfat

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mgritsch
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von mgritsch »

Praxistipp: auf der Uni haben wir H2S als Lösung in Aceton benutzt. Darin ist es ziemlich gut löslich. Zum Vergleich:
Wasser 4 g/kg
Aceton 42 g/kg
Damit lässt sich bequem arbeiten.
aliquis
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von aliquis »

Huh, Schwefelwasserstoff und Aceton - das ist man ja nur noch einen kleinen Syntheseschritt von richtig Alarm in der Nachbarschaft entfernt...
Steht bei mir defintiv mit auf der "things I will never mix"-Liste...
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lemmi
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von lemmi »

Wieso das denn? :conf:
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mgritsch
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Montag 31. März 2025, 04:41 Wieso das denn? :conf:
weil Herr aliquis mehr von Theorie und Befürchtungen geleitet ist denn von der Praxis und Wissen.
Er fürchtet sich vor der Bildung von Thioaceton das (zurecht) einen sehr üblen Ruf (und Geruch :) ) hat.

Bloß: das passiert nicht. Generationen von Studenten die literweise mit H2S in Aceton gearbeitet haben belegen das. Ich persönlich fand dass die Lösung in Aceton sogar geringfügig weniger unangenehm riecht als in Wasser, mag daran liegen dass man wegen der besseren Löslichkeit nicht so an die Grenze der Löslichkeit und das damit verbundene Ausgasen gehen muss, vielleicht auch weil der "frische" Geruch von Aceton das ein bisschen überdeckt.
aliquis
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von aliquis »

Nun ja, bei Einleitung von Schwefelwasserstoff in Aceton bildet sich auch Trithioaceton. Das selbst soll schon keinen angenehmen Geruch haben. Trennt man dieses aber ab und spaltet es durch Hitze, entsteht besagtes Thioaceton, welches garantiert keine Begeisterungsstürme im Wohnviertel auslösen wird. Oder willst Du behaupten, dass das nicht stimmt?
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aliquis
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von aliquis »

@schlemmiloom:

Das Röhrchen mit der Mischung wird geglüht, die Gase sind extrem heiß.
Ich würde da so wenig Plastik wie möglich direkt dahinter schalten bzw. auf so viel Glas wie möglich zurückgreifen.
Lochstopfen, Meterware Glasrohr zum Biegen sowie roter Gummischlauch (nur kurze Stückchen, in denen die Glasrohre direkt auf Kontakt voreinander geschoben werden) kosten nicht die Welt, sind binnen Tagen einfach beschaffbar und auf Dauer eine gute Anschaffung im Hobbylabor.

Sulfidogen muss man angesichts der simplen Zutaten wirklich nicht kaufen. Schwefelwasserstoff als Flaschengas ist wegen der Korrosivität und Gefährlichkeit dort, wo es nicht regelmäßig gebraucht wird, eher auf dem Rückzug.
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mgritsch
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Montag 31. März 2025, 11:31 Oder willst Du behaupten, dass das nicht stimmt?
Ich behaupte nicht und will nicht, sondern ich berichte aus der Praxis dass Generationen von Studenten (mich eingeschlossen) ohne Probleme und Nebeneffekte erfolgreich mit dieser üblichen und praktischen Art der Zurverfügungstellung von H2S gearbeitet haben.

Der Rest ist "Hätte Hätte Fahrradkette", Hörensagen, wenn und falls und keine weitere Erörterung wert.
aliquis
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von aliquis »

Was ich beschrieben habe, ist ein möglicher und bekannter Syntheseweg für Thioaceton, nicht mehr und nicht weniger.
Trithioaceton ist mir einfach zu nah an einer Substanz, von der ich nicht möchte, dass sie unter meinen Händen entsteht - erst recht nicht versehentlich. Von daher bleibt die Mischung auf meiner persönlichen No-go-Liste. Basta.
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lemmi
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von lemmi »

Laut Wikipedia benötigt man für die Bildung von Trithioaceton einen Katalysator und zur Gewinnung des Monomers eine Pyrolyse bei 400-500°C. Scheint nicht so einfach bei RT zu machen zu sein.
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schlemmiloom
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von schlemmiloom »

Ich hoffe mit diesem Beitrag lemmis schönen Thread thematisch nicht zu sehr zu verunstalten, sondern einen Schritt vorher anzusetzen, was eine der benötigten Grundsubstanzen betrifft die er genutzt hat.

Aus akutem Mangel an geeignetem Kerzenwachs und durchbohrten Gummistopfen für die von aliquis empfohlene Methode zur H2S Herstellung, habe ich mich dazu entschlossen bis auf Weiteres zunächst lemmis Methode zur Ausfällung von Kupfersulfid, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln, anzugehen.

Der Erste Schritt bestand in der Herstellung von Eisensulfid.

Es mag etwas unchristlich anmuten in der Nacht zum Osterfest diese Reaktion durchzuführen, doch der liebe Gott wird es mir verzeihen und in heutiger Zeit sehe ich mich nicht in der Gefahr, wegen Blasphemie auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden.

Also wurde kurzer Hand eine Mischung von Eisenstaub und Schwefelpulver hergestellt, und zur Reaktion gebracht, um der endgültigen Lösung der Frage der Reinheit meines Kupfersulphates einen Schritt näher zu kommen.

Selbstverständlich musste ich die Ausfällung des Kupfers durch Erzeugung und Einleitung von Schwefelwasserstoff noch einmal vertagen, sonst hätte, bei nicht völlig dichtem Versuchsaufbau, bei den Nachbarn die Befürchtung aufkommen können der Osterhase habe faule Eier versteckt.

Nach kurzem Zuführen von etwas Aktivierungsenergie, lief die Reaktion beeindruckend schnell und heftig ab, so dass sie das Reagenzglas zum Zerspringen brachte, ist bis auf ein Nachglühen aber auch schnell wieder abgeklungen.

Mit der schönen blauen Flamme des Gasbrenners wurde die Reaktion in ein paar Sekunden in Gang gesetzt.
Flamme.jpg
Hier einige Bilder zum Ablauf:
Reaktion_1.jpg
Reaktion_2.jpg
Reaktion_3.jpg
Reaktion_4.jpg
Reaktion_5.jpg
Reaktion_6.jpg
Reaktion_7.jpg
Reaktion_8.jpg
Und hier das Produkt:
Produkt_1.jpg
Produkt_2.jpg
Produkt_3.jpg
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MarbsLab
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von MarbsLab »

schlemmiloom hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 00:00 Mit der schönen blauen Flamme des Gasbrenners wurde die Reaktion in ein paar Sekunden in Gang gesetzt.
Wunderschöne Bebilderung. Sind das Einzelaufnahmen oder aus einem Video extrahiert?
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lemmi
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von lemmi »

Ich stelle mir mein Eisensulfid auch immer selbst her. Dazu drücke ich die Mischung in einen Eisentiegel und zünde sie dürch Einstecken einer glühenden Stricknadel an einer Ecke.
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von knorke »

Ich habe die (stöchiometrisch korrekte) Fe/S-Mischung immer auf einem Stahlblech ausgebreitet und von einer Seite her entzündet (es sieht im Halbdunkeln fast wie glühende Lava aus 8) ).
Man kann die abgekühlte Masse dann hinterher gut abkratzen und muss nicht mit Glassplittern hantieren.

Schwefel-Paraffin hat den Vorteil, dass relativ viel Schwefelwasserstoff in kurzer Zeit erzeugt werden kann und die Gasentwicklung mit dem Abbruch des Erhitzens endet. Jedoch ist das Reagenzglas hinterher wirklich nicht mehr zu gebrauchen.
H2S aus Eisensulfid setzt das Vorhandensein eines Gasentwicklers voraus (klassisch: Kippscher Apparat). Die Gasentwicklung kann durch Zugabe von Sodalösung im Überschuss gestoppt und dabei die Apparatur mit dem entstehenden CO2 gespült werden, bevor man sie danach wieder auseinandernimmt.
Bei mir kommen beide Methoden zum Einsatz, je nach Lust und Laune. Wenn es schnell gehen soll, nehme ich Schwefel-Paraffin, welches auch recht ergiebig ist. Weisse Paraffinkerzen hat ja eigentlich jeder im Haus - je billiger, desto besser. Manchmal opfere dafür z. B. einfach ein Teelicht. Das Aluschälchen findet dann oft auch noch irgendeine Verwendung. Meist schwirren aber eh noch irgendwelche verwertbaren Kerzenreste im Haushalt herum. Früher habe ich die mal gesammelt und neue Kerzen daraus gezogen. DIY meets Recycling. :)

Mit Eisenpulver hatte ich leider schon mehrfach Pech, insbesondere mit dem ganz feinen, weil es bereits teiloxidiert und/oder mit reichlich Graphit vermischt geliefert worden war, so dass es reaktionsträge war und/oder schlechte Ausbeuten bzw. verunreinigte Produkte ergab. Am liebsten greife ich daher auf richtige Eisenfeilspäne zurück, wie sie auch zur Sichtbarmachung magnetischer Feldlinien verwendet werden. Damit hatte ich bislang noch keine Probleme bzgl. Beimischungen / Verunreinigungen.
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schlemmiloom
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von schlemmiloom »

MarbsLab hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 09:32 Wunderschöne Bebilderung. Sind das Einzelaufnahmen oder aus einem Video extrahiert?
Danke, das sind Einzelaufnahmen. Ich hatte zwar auch noch ein Stativ mit Kamera davorstehen, aber die Qualität wäre wahrscheinlich nicht so gut geworden, also habe ich das mit dem Mobiltelefon aus nächster Nähe gemacht.
knorke hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 11:26 Ich habe die (stöchiometrisch korrekte) Fe/S-Mischung immer auf einem Stahlblech ausgebreitet und von einer Seite her entzündet (es sieht im Halbdunkeln fast wie glühende Lava aus 8) ).
Ja, in der Tat, das kann fast so aussehen als hätte Jemand ein Höllenfeuer entfacht, daher auch meine Bedenken so etwas zu Ostern zu machen.
knorke hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 11:26 Schwefel-Paraffin hat den Vorteil, dass relativ viel Schwefelwasserstoff in kurzer Zeit erzeugt werden kann und die Gasentwicklung mit dem Abbruch des Erhitzens endet.
Führt das nicht auch dazu, dass unerwünscht viel H2S auf Einmal entweichen kann und zu sehr starker Geruchsbelästigung führen kann?
Das wäre auch ein Grund gewesen, warum für mich eine langsamere konstante Freisetzung Sinn gemacht hat, aber dazu später mehr.
knorke hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 11:26 H2S aus Eisensulfid setzt das Vorhandensein eines Gasentwicklers voraus (klassisch: Kippscher Apparat). Die Gasentwicklung kann durch Zugabe von Sodalösung im Überschuss gestoppt und dabei die Apparatur mit dem entstehenden CO2 gespült werden, bevor man sie danach wieder auseinandernimmt.
Das kann auch zu sehr heftigem Aufschäumen durch CO2 führen und könnte je nach Aufbau, bei nichtprofessionellen setups Marke Eigenbau, unter Umständen die Eisenbrühe in den Raum mit der Probe übertreten lassen.
knorke hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 11:26 Weisse Paraffinkerzen hat ja eigentlich jeder im Haus - je billiger, desto besser. Manchmal opfere dafür z. B. einfach ein Teelicht. Das Aluschälchen findet dann oft auch noch irgendeine Verwendung. Meist schwirren aber eh noch irgendwelche verwertbaren Kerzenreste im Haushalt herum.
Na ja, das ist bei mir so eine Sache. Es gibt prinzipiell sogar Teelichter die ich ganz und gar nicht einfach so opfern würde.
Aber das ist eine persönliche Sache.
knorke hat geschrieben: Sonntag 20. April 2025, 11:26 Früher habe ich die mal gesammelt und neue Kerzen daraus gezogen. DIY meets Recycling. :)
Das ist auch eine schöne Sache.

Tatsächlich habe ich nach längerem Stöbern in Schubladen und Kisten doch noch einen Beutel ganz einfacher Opfer-Teelichter gefunden.
Die werde ich als nächstes ausprobieren, nachdem ich von Gestern auf Heute die halbe Nacht mit der wirklich sehr gemächlichen Eisensulfid und H2SO4 Methode verbracht habe.
Wenn man es richtig macht, ist diese Methode fast Küchentisch geeignet, wenn da nicht mögliche Verunreinigungen mit unerwünschten Schwermetallen wie Nickel wären. Bei mir lief das nahezu geruchsfrei ab.
Nachteil war bei mir ganz klar, dass es sehr lange gedauert hat.
Aber auch das ließe sich mit mehr Eisensulfid und Säure beheben, müsste dann aber wenn erwünscht zum Ende hin durch Neutralisation unterbrochen werden.
Mit der Wachs-Schwefel Methode ist das bestimmt einfacher.

Herzliche österliche Grüße!
knorke
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Re: rohes Kupfersulfat

Beitrag von knorke »

Ich finde Paraffin-Schwefel gerade gut steuerbar: Brenner weg = Gasentwicklung vorbei. Und man braucht auch wirklich nur kleine Mengen (von beidem bohnengross), wenn man nur ein bisschen Schwermetall ausfällen will. Das Wachs eines Teelichts reicht da schon für viele Anwendungen. Man muss halt leider jedesmal ein Reagenzglas abschreiben.

Bei Eisensulfid/Säure schäumt nix über, wenn man das Natriumcarbonat gelöst und langsam per Tropftrichter zufließen lässt, um die Reaktion zu stoppen. Der Kolben sollte natürlich nicht zu klein sein.
Eignet sich übrigens auch für andere Gasentwicklungen wie Chlor aus TCCA oder Stickoxid aus Nitrit, wo vorher Säure zugetropft wurde.

Überschüssige Gase, die giftig sind, kann man meist auch irgendwie neutralisieren. Bei Schwefelwasserstoff würde sich dafür Chlorbleiche oder alkalische Wasserstoffperoxidlösung anbieten.

In der Küche würde ich beide Methoden trotzdem nicht anwenden. Mit H2S in der Atemluft ist überhaupt nicht zu spaßen.
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