Analyse historischer Chemikalien und Präparate

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lemmi
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Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von lemmi »

Meine Neigung zu Flohmärkten und Apothekenauflösungen bringt es mit sich, dass ich immer mal wieder in den Besitz alter Standgefäße mitsamt Inhalt komme. Einer der letzten Neuzugänge ist folgender:

Alum. Acetic. 1.jpg

Das Etikett ist zu vielleicht 2/3 abgefallen, aber dennoch nicht schwer zu entziffern. Es handelt sich um ALUMINIUM ACETICUM. Jedenfalls wahrscheinlich 8)

Die Substanz ist fast nicht wasserlöslich. Sie gibt, zerrieben und im RG mit Wasser geschüttelt, eine trübe Aufschwemmung. Die Aufschwemmung verändert blaues Lackmuspapier nicht, und der pH liegt so um 5-6.

IMG20250114202501.jpg

Mit verdünnter Essigsäure, Salzsäure oder Natronlauge entsteht eine klare Lösung (schon in Natriumcarbonatlösung). Beim tropfenweisen Zusatz von Salzsäure zu der alkalischen Lösung bildet sich erst eine Trübung aus, die beim weiteren Zusatz von Säure wieder verschwindet. All das passt zu Aluminium. Auch der Fluoreszenztest mit Salicyliden-2-Aminophenol war klar positiv:

IMG20250114203835.jpg
Die Anwesenheit von Aluminium ist damit nachgewiesen. Fehlt noch das Anion. Ich habe den Acetatnachweis über basisches Lanthanacetat durchgeführt, und zwar nach Methode 2. Ebenfalls eindeutig positiv:

IMG20250114201411.jpg

Neutrales Aluminiumacetat ist nicht existent, weil die Al3+-Ionen mit Wasser hydrolysieren und sich immer basische Acetate bilden. Eine klare Lösung von Aluminiumacetat in Gegenwart von überschüssiger Essigsäure war als Liquor Aluminii acetici oder Essigsaure Tonerde zu Zeiten unserer (Ur)Großeltern ein beliebtes Mittel für Umschläge auf Prellungen, Blutergüsse und schlecht heilende Wunden, zu Pinselungen der Mundschleimhaut, zum Gurgeln (siehe Mallebrin) etc. Die essigsaure Tonerde wurde bereitet, indem man eine Lösung von Aluminiumsulfat mit Calciumcarbonat und Essigsäure umsetzte. Ich habe meine Substanz (deren Lösung in Salzsäure) deshalb mit Bariumchlorid auf Sulfat geprüft: kein Niederschlag.

Als Feststoff war basisches Aluminiumacetat allerdings nicht gängig, weil es sich in Wasser halt nicht oder nur minimal löst. Weder die alten Arzneibücher noch der HAGER führen es als Arzneistoff. Insofern ist das oben gezeigten Gebinde ungewöhnlich. Es sei denn ... Da gibt's noch etwas...
Wenn man sich die Substanz anschaut sieht man, dass sie nicht einheitlich ist. Einzelne der Krümel (es sind keine gut ausgebildeten Kristalle, ähnlich wie wir das beim Kaliumhexahydroxoantimonat(V) gefunden haben) sind nämlich gelbbraun verfärbt, währen andere (die Mehrzahl) weiß geblieben sind:

IMG20250114200040.jpg

Ich habe deswegen einen Verdacht und will noch eine Analyse (oder zwei) nachschieben. Sobald die vorliegen, berichte ich!
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aliquis
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von aliquis »

Wo Aluminium ist, sind oft auch Spuren von Eisen nicht weit...
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mgritsch
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 22:28 ALUMINIUM ACETICUM
Was mir auffällt: „ACETICUM“ ist etwas kürzer als „ALUMINIUM“, dennoch beginnt die zweite Zeile etwas weiter links. Satz-technisch eigenartig, könnte das eine andere Acet… Substanz mit längerem Namen sein? Oder kam da eventuell noch eine Reinheitsangabe hinterher die den Versatz erklärt?
Auch der Fluoreszenztest mit Salicyliden-2-Aminophenol war klar positiv
:thumbsup: Wunderschön :D
Eine klare Lösung von Aluminiumacetat in Gegenwart von überschüssiger Essigsäure war als Liquor Aluminii acetici oder Essigsaure Tonerde zu Zeiten unserer (Ur)Großeltern ein beliebtes Mittel
Ich kann mich erinnern in der Kindheit da hatten wir so ein kleines Röhrchen mit weißem Zeug, da stand „essigsaure Tonerde“ drauf. Dürfte wohl auch so zur Selbstzubereitung der Lösung mit Essig vertrieben worden sein? Habe ich nie in Anwendung erlebt.

Dass Al stark adstringierend / koagulierend wirkt ist klar, aber inwiefern wäre das bei einer Prellung zB hilfreich? Würde Al überhaupt so weit ins Gewebe eindringen um dort irgend was zu bewirken? Wenn ich an Gerb-Anwendungen denke eher nicht…? Ist es heute noch „offiziell“ üblich?
eine Lösung von Aluminiumsulfat mit Calciumcarbonat und Essigsäure umsetzte. Ich habe meine Substanz (deren Lösung in Salzsäure) deshalb mit Bariumchlorid auf Sulfat geprüft: kein Niederschlag.
Umgekehrt könnte man gfs noch auf Ca prüfen, kann ja sein dass das bei der Genese im Überschuss war?
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lemmi
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von lemmi »

Eisen als Verunreinigung ist unwahrscheinlich, pharmazeutische Aluminiumsalze müssen darauf vor Verarbeitung ( hier Aluminiumsulfat) geprüft und ggf gereinigt werden. Außerdem wären dann alle Krümel gelbbraun. Ein sorgfältiger Apotheker mischt keine unreine Substanz unter eine reine, sonst fällt er bei der Revision durch. Kann ich aber der Vollständigkeit halber noch prüfen.

Ja, mir ist die unterschiedliche Länge der Worte auch aufgefallen. Es kann sich um eine Abkürzung handeln (Alum. Acetic.). aber auch wirklich was anderes sein. Wie gesagt, da werde ich noch einen Verdacht prüfen.

Auf Calcium testen ist eine gute Idee.

Nein, die "essigsaure Tonerde" dürfte auf stumpfe Verletzungen keinerlei Wirkung gehabt haben. Bei schlecht heilenden Wunden ist die Wirkung durch den adstringierenden Effekt ja begreiflich. Aber das Aluminium dringt nicht durch die Intakte Haut. Ein kühler feuchter Umschlag wirkt alleine schon lindernd - nur spielt das Aluminiumacetat dabei keine Rolle. Es ist aber oft so, dass ein erfolgreiches Heilmittel eine empirische Ausweitung der Anwendung erfährt, die eigentlich nicht zu belegen ist.
In meinem Berufsleben ist es mir nicht mehr begegnet, obwohl es mindestens im DAB 9 (1987) noch geführt war
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lemmi
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von lemmi »

Okay, es gibt Neuigkeiten :)

Erstens muss ich den Kollegen Apotheker posthum der Schlamperei beschuldigen! Prüfung auf Eisen: ich habe eine kleine Rundung gelbe Krümel herausgesucht, unter Erwärmen in 1 ml 3N Salzsäure gelöst und 5 Tropfen Ammoniumthiocyanatlösung zugegeben. Deutlich erkennbare Rotfärbung! Derselbe Ansatz mit ausgesucht weißen Krümeln färbte sich (fast gar) nicht.

IMG20250118165531.jpg
(links Leerwert, Mitte gelbe Krümel, rechts farblose Krümel)

Dann die Prüfung auf Calcium: ich habe 100 mg in 1,5 ml 1N Schwefelsäure gelöst, etwas Natriumacetat als Puffer zugesetzt und mit Ammoniak auf pH 6 eingestellt. Nach Zusatz von Ammoniumoxalat blieb die Lösung völlig klar und auch nach längerem Stehen ohne Bodensatz.

IMG20250118171706.jpg

Drittens habe ich den Gehalt der Substanz an Aluminium durch Titration bestimmt, und zwar auf zwei verschiedenen Wegen. Einmal in schwach saurer, ethanolhaltiger Lösung mit Dithizon als Indikator (Ph. Eur.) und einmal in schwach ammoniakalischer Lösung mit Erio T (Poethke). Das Ergebnis war beides mal identisch: auf 110 mg Substanz 5,1 ml 0,1 M EDTA = 12,5% Aluminium.

Uns schließlich hat sich mein oben angedeuteter Verdacht bestätigt. Das mach ich jetzt mal als Rätsel für die Community :P

IMG20250118212129.jpg

Was für ein Nachweis ist das? Kleiner Tipp: googeln ist zwecklos, man muss ein Buch bemühen, und zwar ein bestimmtes (das ginge natürlich auch online) :wink:
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aliquis
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von aliquis »

Na, dann lag ich ja gar nicht so falsch. :)

De mortuis nihil nisi bene.
Was wenn der Rohstoff der Substanz natürlicher Herkunft war und von vornherein Eisen enthielt: wo Aluminium ist,...
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bolus_armenicus
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lemmi
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von lemmi »

Alle Rohstoffe sind natürlicher Herkunft.

Es müssen wirklich zwei Präparate gemischt worden sein. Eines war Frei von Eisen, das andere nicht.

Aluminium war kein Verdacht mehr, das war schon lange sicher.
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von aliquis »

Ich hab mich unpräzise ausgedrückt. Ich meinte: aus natürlich vorkommendem Mineral hergestellt.

Wenn beide Chargen für die gleiche medizinische Anwendung zulässig sind und sie kein Verfallsdatum haben, was spricht dann pharmazeutisch gegen die Vereinigung in einem Gebinde?

Mit dem Aluminiumnachweis war ich auf dem falschen Dampfer.
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Uranylacetat
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von Uranylacetat »

Ich tippe wegen der blauen Farbe auf eine geringe Menge Chrom infolge Bildung von Chrom(VI)-peroxid (Chromschmetterling).

Literatur habe ich nicht dazu, sondern habe es "ergooogelt", indem ich eins und eins zusammenreimte.... <schäm> :wink: Ich weiß, lehne mich damit wohl sehr weit aus dem Fenster.
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Chemo Troll
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von Chemo Troll »

Chromschmetterlinge würde man für gewöhnlich ausäthern, wenn ich das richtig im Kopf habe.
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Uranylacetat
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von Uranylacetat »

@Chem Troll; huch ja, stimmt … das habe ich nicht bedacht! :oops: Außerdem entspricht die Farbe nicht dem typischen Blau der Chromschmetterlinge, sondern geht mehr ins Violette ....
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aliquis
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von aliquis »

Es sieht eher nach einer Ringbildung nach Unterschichtung mit konz. Schwefelsäure aus. Mit einer phenolhaltigen Prüfsubstanz.
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mgritsch
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Sonntag 19. Januar 2025, 09:21 Erstens muss ich den Kollegen Apotheker posthum der Schlamperei beschuldigen!
Hast du direkt vom Apotheker oder Flohmarkt? In letzterem Fall könnte man auch den Händler beschuldigen. :) Gäbe es in einer Apotheke überhaupt eine Qualität von Al-Acetat in der Fe Verunreinigung zulässig wäre? Falls nein woher käme sowas? Oder muss man sogar mit Untermischung mit einer völlig fremden Substanz rechnen?

Btw - es gibt anscheinend noch ein aktives Produkt damit am Markt: „Lenicet-Salbe“.
Dann die Prüfung auf Calcium: ich habe 100 mg in 1,5 ml 1N Schwefelsäure gelöst, etwas Natriumacetat als Puffer zugesetzt und mit Ammoniak auf pH 6 eingestellt. Nach Zusatz von Ammoniumoxalat blieb die Lösung völlig klar und auch nach längerem Stehen ohne Bodensatz.
Der Befund ist insofern eigenartig als Al bei pH 6 auch als Hydroxid fallen sollte. :D
Das Ergebnis war beides mal identisch: auf 100 mg Substanz 5,1 ml 0,1 M EDTA = 12,5% Aluminium.
Öhm: 5,1 ml x 0,1 mol/l x 27 g/mol sind 13,77 mg = % von 100 mg? Wieso 12,5?
Reines Aluminiumhydroxiddiacetat (M=162,08) sollte einen Al-Gehalt von 16,6% haben - somit nach meiner Rechnung 13,8/16,6 = 83% Substanzgehalt. Was schließt du daraus?

Machen die gelben Krümel hier einen Unterschied?
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lemmi
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von lemmi »

Ja, jede Menge Fragen! Ich liiiebe Analysen! :D

Zuerst zum Gehalt: ich habe falsch berichtet. Die 5,1 ml Verbrauch bezogen sich auf 110 mg Substanz. Ich hatte beim zweiten mal 100 mg eingesetzt - Verbrauch 4,65 ml - und auf 110 mg hochgerechnet (auch 5,1 ml). Es sind also 13,77 : 110x 100. = 12,5 %. Danke fürs Nachrechnen! Ich korrigiere oben.

Der Gehalt ist fast zu "rund" um zufällig zustande gekommen zu sein. Andererseits war für dieses Präparat ein besonderer Gehalt nicht vorgeschrieben und die Aluminiumbestimmung war damals (wir reden von der Zeit vor dem 2. WK) noch nicht so einfach wie heutzutage, sondern musste mühselig gewichtsanalytisch gemacht werden. Ich halte es doch eher für Zufall.

Die Berechnung des Al- Gehaltes von Aluminiumhydroxiddiacetat habe ich auch gemacht. Das war der vorherrschende Bestandteil der "essigsauren Tonerde". Wenn man die eindampft geht aber Essigsäure flüchtig, und es entsteht das Dihydroxyacetat oder sogar das Oxi-acetat. Beide haben aber einen höheren Al-Gehalt als die Muttersubstanz.

Es muss also ein weiterer Bestandteil vorhanden sein. Der, den ich mit der Ringprobe nachgewiesen habe! Aliquis hat Recht: das Reagenz ist ein Phenol und die Substanzlösung (+ dem Reagenz) ist mit konz. Schwefelsäure unterschichtet. Man muss die Schwefelsäure dann vorsichtig über dem Spiritusbrenner erwärmen, um die Reaktion in Gang zu setzen.
Die Reaktion ist als Identifizierungsreaktion in der aktuellen Ph.Eur. aufgeführt. Als Ringprobe habe ich sie nur in einem einzigen Buch gefunden. Dieser zweite Stoff ist vermutlich auch dafür verantwortlich, dass bei pH 6 kein Aluminiumhydroxid ausfällt.

Nochmal @mgritsch: Eisen war als Verunreinigung in pharmazeutischen Aluminiumpräparaten nicht zulässig. Deswegen hatte ich ja zuerst nicht angenommen, dass Eisen vorliegt und angenommen dass der andere Bestandteil für die gelbliche Verfärbung verantwortlich ist. Das wird für das betreffende Präparat nämlich beschrieben. Erst Aliquis hat mich ernsthaft auf Eisen gebracht.
Dass es eine völlig fremde Substanz ist könnte auch sein, ist aber noch unwahrscheinlicher. Die gelben Krümel sind vermutlich zu wenige, um eine eigene Analyse damit zu machen. Aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass es zwei identische Präparate aus verschieden batches sind, von denen das eine - vielleicht durch Eindampfen in einem eisernen Gefäß - mit Eisen verunreinigt ist.
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Chemo Troll
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Re: Analyse historischer Chemikalien und Präparate

Beitrag von Chemo Troll »

Ok, so ganz steig ich da nicht durch. Was ist denn dann der orange farbige Ring?
Hat sich da irgendwie Hydrochinon gebildet, an der Grenzfläche?
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