Das Etikett ist zu vielleicht 2/3 abgefallen, aber dennoch nicht schwer zu entziffern. Es handelt sich um ALUMINIUM ACETICUM. Jedenfalls wahrscheinlich

Die Substanz ist fast nicht wasserlöslich. Sie gibt, zerrieben und im RG mit Wasser geschüttelt, eine trübe Aufschwemmung. Die Aufschwemmung verändert blaues Lackmuspapier nicht, und der pH liegt so um 5-6.
Mit verdünnter Essigsäure, Salzsäure oder Natronlauge entsteht eine klare Lösung (schon in Natriumcarbonatlösung). Beim tropfenweisen Zusatz von Salzsäure zu der alkalischen Lösung bildet sich erst eine Trübung aus, die beim weiteren Zusatz von Säure wieder verschwindet. All das passt zu Aluminium. Auch der Fluoreszenztest mit Salicyliden-2-Aminophenol war klar positiv:
Die Anwesenheit von Aluminium ist damit nachgewiesen. Fehlt noch das Anion. Ich habe den Acetatnachweis über basisches Lanthanacetat durchgeführt, und zwar nach Methode 2. Ebenfalls eindeutig positiv:
Neutrales Aluminiumacetat ist nicht existent, weil die Al3+-Ionen mit Wasser hydrolysieren und sich immer basische Acetate bilden. Eine klare Lösung von Aluminiumacetat in Gegenwart von überschüssiger Essigsäure war als Liquor Aluminii acetici oder Essigsaure Tonerde zu Zeiten unserer (Ur)Großeltern ein beliebtes Mittel für Umschläge auf Prellungen, Blutergüsse und schlecht heilende Wunden, zu Pinselungen der Mundschleimhaut, zum Gurgeln (siehe Mallebrin) etc. Die essigsaure Tonerde wurde bereitet, indem man eine Lösung von Aluminiumsulfat mit Calciumcarbonat und Essigsäure umsetzte. Ich habe meine Substanz (deren Lösung in Salzsäure) deshalb mit Bariumchlorid auf Sulfat geprüft: kein Niederschlag.
Als Feststoff war basisches Aluminiumacetat allerdings nicht gängig, weil es sich in Wasser halt nicht oder nur minimal löst. Weder die alten Arzneibücher noch der HAGER führen es als Arzneistoff. Insofern ist das oben gezeigten Gebinde ungewöhnlich. Es sei denn ... Da gibt's noch etwas...
Wenn man sich die Substanz anschaut sieht man, dass sie nicht einheitlich ist. Einzelne der Krümel (es sind keine gut ausgebildeten Kristalle, ähnlich wie wir das beim Kaliumhexahydroxoantimonat(V) gefunden haben) sind nämlich gelbbraun verfärbt, währen andere (die Mehrzahl) weiß geblieben sind:
Ich habe deswegen einen Verdacht und will noch eine Analyse (oder zwei) nachschieben. Sobald die vorliegen, berichte ich!