Wer die Fähigkeiten der Physik-App "Phyphox" der RWTH Aachen entdeckt hat, weiß, welche technischen Möglichkeiten in einem modernen Smartphone stecken, dennoch sind die, ein gut arbeitendes Kolorimeter damit zu bauen, eventuell weniger bekannt.
Es soll hier ein einfacher Aufbau, der für die meisten Messungen von Konzentrationen farbiger Lösungen geeignet ist, vorgestellt werden.
Es können damit also Konzentrationen z.B. anorganischer Kationen und Anionen mit einer beeindruckenden Genauigkeit bestimmt werden, wenn es gelingt, sie in beständige Farbverbindungen zu überführen und für solide, reproduzierbare äußere Bedingungen zu sorgen.
Geräte und weiteres:
--2 (!) Smartphone (oder 1 Smartphone und 1 Tablet)
--eine App, die den gesamten Bildschirm eines Smartphons zu einem Lichtkasten macht
(hier: "Screen Flashlight" von von Eduardo Rojas Soriano)
--eine App, die die RGB-Werte von Farben messen kann
(hier: "ColorPicker" von Mikhail Gribanov)
--eine App, die die gemessenen Werte in ein Koordinatensystem überführt und eine Regressionsgrade
zeichnet;
(hier: "Regression Analysis App" von "Chemical Solutions")
--eine hellweiße Abschirmung vor Fremdlicht aus weißem Karton.
--Kuvetten oder andere geeignete Gefäße. Im Beispiel wurden "Einmal-Plastikkuvetten" verwendet.
Chemikalien:
eine rotorangene Mischung von:
Gelborange S (Dinatrium-6-hydroxy-5-[(E)-(4-sulfonatophenyl)diazenyl]-2-naphthalinsulfonat) und
Cochenillerot A (Trinatrium-7-hydroxy-8-[(E)-(4-sulfonato-1-naphthyl)diazenyl]-1,3-naphthalindisulfonat
in einem Destillat der Firma Campari mit orange-roter Färbung durch die künstlichen Lebensmittelfarbstoffe E 110 (Gelborange S) und E 124 (Cochenillerot A): Aperol

Durchführung:
Mehrere Kuvetten werden mit mehreren definierten Konzentrationen der zu untersuchenden Substanzlösung gefüllt. Zur Demonstration wurde im vorgestellten Beispiel die tieforangene Flüssigkeit des Getränkes "Aperol" genommen, das als 100 %-Wert gesetzt wurde. Daraus wurden Verdünnungen hergestellt (0 %, 25 %; 33 %, 50 %, 66 %, 80 %) und in die Kuvetten gefüllt, die, natürlich mit der durchsichtigen Seite nach vorne, mithilfe eines Gummibandes zusammengebunden wurden.
Das Ensemble wird auf die beleuchtete Vorderfläche des Smartphones gestellt und mit der Papierhutze abgedeckt.
Mithilfe des zweiten Smartphones werden nun einige Photos der Kuvetten angefertigt. Dabei muß auf möglichst hohe Symmetrie geachtet werden.
Das am meisten orthograde Foto wird nun in die App eingespielt und auf dem Bildschirm mit der Color Picker Software ausgemessen. Ich habe dazu eine möglichst große, quadratische Meßfläche eingestellt und an jeweils gleichartigen Orten der Farbflächen im "RGB-Menue" den Grünwert gemessen.(Im Foto ist noch die ebenfalls vorwählbare kreisrunde ROI =region-of-interest abgebildet)
Die "Grün-Werte" der unterschiedlichen Konzentrationen werden in "Daten" der App als x- und y-Werte eingegeben. Unter "Ergebnis" lassen sich viele statistische Daten ablesen und eben auch die Farbwerte von zu untersuchenden Konzentrationen eingeben.
Unter dem button ganz rechts findet sich das Koordinatensystem mit der Regressionsgeraden.
Zu beachten:
Die Lichtverteilung im "Meßraum" muß für alle Kuvetten gleich sein!
Die Flüssigkeiten in den Kuvetten sollten mitsamt der Proben schnell gemessen werden, damit es nicht zu ungleichen Konzentrationen durch Verdunstungen kommt; es sei denn, die Gefäße haben Kappen.
Erklärung:
Schon nach wenigen Korrekturen der Lichtführung und der Meßflächen (möglichst groß und an den gleichen Stellen) wurden erstaunlich gleichförmige Messungen erzielt.
Es ist empfehlenswert, als Farbkanal zur Messung immer die Komplementärfarbe der Lösungen zu nehmen; hier also zur Messung einer roten Lösung den "Grün-Kanal". Wenn man die Werte aller drei Kanäle misst, stellt man fest, daß die beiden nicht komplementären Kanäle ungeeignet sind, da sie oft waagerecht verlaufen!
Literatur:
Chemie in unserer Zeit, Vorschau Heft 2/2024
https://doi.org/10.1039/D1AN00025J
https://doi.org/10.1002/ckon.202200056
https://doi.org/10.1002/ckon.201900074 (Czubatinski, 2020)
https://doi.org/10.1039/c01c00358a