Welche Farbstoffe in Druckertinte

[Ralf]

Moin Leute,

ich habe hier drei Flaschen Druckertinte, magenta, gelb, blau, die ich gerne zum Experimentieren benutzen möchte. Wie könnte ich herausfinden, welcher Farbstoffklasse die verwendeten Farbstoffe angehören? Es sind Billig-Tinten. Darum habe ich die Befürchtung, es könnten Azofarbstoffe sein. Und die Hoffnung, es könnten Triphenylmethanfarbstoffe sein, wie in Tintenpatronen für Füllfederhalter. Vielleicht handelt es sich auch um Gemische von Farbstoffen. Eine Dünnschichtchromatografie ist bestimmt sinnvoll, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Aber es gibt tausende Farbstoffe. Triphenylmethanfarbstoffe sollen ihre Farbe ja mit dem pH-Wert ändern. Mein erster Gedanke wäre, zur verdünnten Tinte Säure oder Lauge zu geben und zu prüfen, ob die Farbe wechselt. Gibt es einen einfachen Test für Azofarbstoffe? Oder welche Farbstoffklasse käme noch in Frage?

[aliquis]

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Auch Azofarbstoffe reagieren auf pH-Veränderungen.

In beiden Farbstoffklassen gibt es gesundheitsschädliche Kandidaten.
Nicht alle Azofarbstoffe sind per se toxisch oder CMR.
Einige werden bis heute sogar als Lebensmittelfarbstoffe verwendet.

Mindestens dermal dürften sie unschädlich sein, denn man kommt mit dem bedruckten Papier ja reichlich in Kontakt.

Sorge hätte ich mehr um die Stabilisatoren und Fixierer in den Farben. Denn da sind bekannte Allergene darunter.

Ausserdem ist das Risiko hoch, dass man sich Laborequipment und Arbeitsflächen nachhaltig verunreinigt. Es kann mir nur wenig vorstellen, mit dem ich weniger gern experimentieren würde. Wichtig: vorher recherchieren und im Mikromassstab ausprobieren, ob und mit welchen Lösungsmitteln man Verfärbungen wieder entfernen kann.

Die Chance, einen nutzbaren Reinstoff aus den Tinten isolieren zu können, halte ich für äußerst gering und daher den Versuch mit allen Folgen nicht wert.

[lemmi]

Mal ganz von Anfang an: was muss man sich unter Druckertinte vorstellen? Wie alt sind die Gebinde? Stell doch mal ein Foto ein! Bei so vielen Möglichkeiten für Farbstoffe wäre ein Anhaltspunkt dafür, was drin sein könnte, gut.

Du kannst auch einen Lassaigne-Aufschluss machen um nach N, S und Halogen zu schauen.

Grundlegendes Verhalten gegen Säuren und Basen, sowie Löslichkeit in anderen Lösungsmitteln prüfen (wird vermutlich nicht gut sein, wenn es sich um wässrige Farbstofflösungen handelt).

Es gibt jede Menge DC- Vorschriften. Dazu braucht man aber Referenzsubstanzen. Ich würde erstmal eine Literaturrecherche machen.

[Uranylacetat]

"Zum überwiegenden Teil besteht Druckertinte aus Wasser. Die Farbe kommt in Form von Farbstoffen oder Pigmenten hinzu, meist mit Anteilen von gerade mal 2,5 bis 5 %. Ergänzt wird die Mixtur durch einen Cocktail sogenannter Additive. Stoffe wie Ethylenglykole, Glycerin oder Polyethylenglykole beispielsweise sollen das Eintrocknen der Tinte in Patrone und Druckkopf verhindern, mit Natriumlaurylsulfat oder Acetylenglykole wird die Oberflächenspannung eingestellt und Substanzen wie Proxel GXL oder Preventol beugen Bakterien- oder Pilzwachstum in der Tinte vor. Ebenfalls können Korrosionsschutzmittel enthalten sein, um Metallteile innerhalb des Druckkopfes zu schützen."

Zitat aus: https://www.druckertinte.de/drucker-rat ... uckertinte

Ob sich da der Aufwand für hobbymäßige Analytik lohnt?

[mgritsch]

Eine DC sagt dir mal ob es sich um 1 Farbstoff oder ein Gemisch handelt, wäre sicher ein Startpunkt. Ich würde auch nicht ausschließen wollen, dass da sogar hochdisperse Pigment-Farbstoffe enthalten sein könnten, die bekommt man nicht zum laufen. Mit Wasser als Lösemittel und Zusätzen wie Glykol, PEG etc oder Tensiden wird eine DC aber generell ziemlich schwierig.

Aus dem Verhalten mit unterschiedlichen Laufmitteln kann man gewisse Eigenschaften abschätzen, zb Polarität, saure oder basische Eigenschaften. Die einzelnen Spots auf der DC könnte man auch mit Reagenzien qualitativen Tests unterziehen.

Vielleicht ist es sogar möglich im kleinsten Maßstab (ist ja bekanntlich ein eher teures Zeug ) mit Lösungsmitteln das eine oder andere auszuschütteln?

[Ralf]

pH-Wert
DC
Ausschütteln

Alles klar. Das gehe ich mal an. Lassaigne-Aufschluss lasse ich mal weg, weil die Zusatzstoffe da bestimmt falsche Ergebnisse ergeben. Leider waren kaum Infos im Netz zu finden. Die Rezepturen sind wohl häufig Betriebsgeheimnisse. Ich habe nur gelesen, dass früher häufig Azofarbstoffe verwendet wurden, namhafte Hersteller das aber nicht mehr tun.

Foto:

farbe.jpg (77.61 KiB) 570 mal betrachtet

Etwa 10 Jahre alt, Noname, waren billig damals. Glaube nicht, dass Pigmente enthalten sind. Die Farben sind ganz transparent beim Verdünnen. Für das Foto habe ich kurz geschüttelt, damit man die Farbe an der Wand erkennt.

Die Azo-Bindung kann man wohl nicht nachweisen mit einem einfachen Test? Bei Stiftung Warentest nutzen sie reduktive Spaltung. In einem alten Text habe ich dazu auch eine Anleitung gefunden. Es funktioniert mit Zinnchlorür. Die augenblicklichen Entfärbung ist genau das, was ich mir vorgestellt habe. Stellt sich nur die Frage, wie andere Farbstoffklassen unter diesen Bedingungen reagieren.

farben.jpg (96.09 KiB) 570 mal betrachtet

https://www.research-collection.ethz.ch ... 856-01.pdf

[mgritsch]

Alles klar (wörtlich ) sieht wirklich nicht nach Pigment aus.
Ja, der Nachweis / Analyse erfolgt durch spaltende Reduktion der Azobindung, entweder Zinnchlorid oder Dithionit, siehe auch https://www.thieme-connect.de/products/ ... 035-117764

Triphenylmethanfarbstoffe werden so zwar auch zur Leukoform reduziert, das Ausbleichen ansich ist daher nicht aussagekräftig. Die Leukoform kann jedoch wieder zurück oxidiert werden.

Gut wasserlösliche Farbstoffe enthalten ziemlich sicher einige hydrophile Gruppen wie Sulfonsäuren, könnte also auch mit ausschüteln schwer werden fällt mir noch ein. Na da muss man sich mal vorantasten wie die sich verhalten.

Warum eigentlich „Befürchtung“ dass es Azofarbstoffe seien?

[lemmi]

Die augenblicklichen Entfärung ist genau das, was ich mir vorgestellt habe.

Ist das so gemeint, dass du den Versuch gemacht hast und die Lösungen haben sich entfärbt? Oder ist das vorerst nur Theorie?

Das blaue könnte doch schlichtes Methylenblau sein! Dazu könnte man zwei Tests machen: prüfen, ob mit Silbernitrat ein Niederschlag ausfällt (Methylenblau als konstitutionelles Kation liegt als Chlorid vor). Okay, die Begleitstoffe könnten auch Chlorid enthalten. Zu Thiazinfarbstoffen heb ich eine schöne Anleitung für die DC für dich.
Bei der gelben Lösung könnte es sich um Dimethylgelb (Dimethylaminoazobenzol) handeln (DC)
Und das pinkfarbene würde ich mal auf Fuchsin testen: erstens prüfen, ob sich damit ein Schiff'sches Reagenz herstellen lässt (Entfärbung mit saurer Natriumsulfitlösung und erneute Rotfärbung mit Formaldehyd). Und auch dazu gibt's eine DC-Anleitung (auf Seite 3).

@mgitsch: Das mit dem Ausschütteln meinte ich oben mit Prüfung der Löslichkeit in anderen Lömis. Ich vermute auch, dass das nicht klappt.
Die Azofarbstoffe wurden "befürchtet" weil einige davon karzinogen sind. Dazu hat unser Sicherheitsexperte aliquis schon was gesagt.

[aliquis]

Die Befürchtung kam von Ralf:

Darum habe ich die Befürchtung, es könnten Azofarbstoffe sein

Ich möchte betonen, dass ich die generelle Panik um Azofarbstoffe nicht teile, insbesondere wenn sie nicht mal als Lebensmittelfarbe verwendet werden.
Ausnahmen bestätigen die Regel: bei Dimethylgelb wäre ich sehr skeptisch, ob es heute überhaupt noch in irgendeinem innerhalb der EU frei verkäuflichen Endverbraucherprodukt zur Anwendung kommt - m. E. auch zu recht.

[mgritsch]

eine schöne Anleitung für die DC für dich.

Ich finde es immer wieder bemerkenswert wie komplexe Laufmittel für DC eingesetzt werden. Ich bin bisher eigentlich fast immer mit dem Brot-und-Butter System Petrolether-Ethylacetat ausgekommen. Mischungsverhältnis kann man je nach Polarität anpassen, wenn saure oder basische funktionelle Gruppen vorliegen mit 5% Ameisensäure oder Triethylamin-Zusatz modifizieren.

[lemmi]

Ich probiere eigentlich nie eigene DC-Laufmittel aus sondern nehme immer die in der Literatur beschriebenen und probiere davon evtl 2 oder 3 verschiedene. Spart das Nachdenken über Polaritäten etc.

[mgritsch]

Bauchgefühl/Erfahrung führt bei mir zu 80% auf Anhieb zu einem zumindest zufriedenstellenden Ergebnis. Spart das Suchen nach einem Literatur-Laufmittel (was es oft gar nicht gibt…)

[lemmi]

Vielleicht fehlt dir die richtige Literatur ?

[aliquis]

Jungs, wartet kurz - ich hol mir nur eben noch das Popcorn...

[mgritsch]

Vielleicht fehlt dir die richtige Literatur ?

Möglich ich werde mich einfach vertrauensvoll an dich wenden….