Calciumhypochlorit (aus: Neuzugänge… abgetrennt)

Anorganische Chemie.

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Schnippschnapp
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Re: Neuzugänge in der Sammlung (Chemikalien, Laborgeräte, Fachliteratur, ...)

Beitrag von Schnippschnapp »

Wenn sich da auch nichts findet, bleibt es bei CaCl(OCl) ⋅ 3 H2O!
was bedeuten dann in dem Szenario die 39%? :)

weil, Gehalt an Calciumhypochlorit entspricht ziemlich genau dem Gehalt an aktivem Chlor, wie vom Gritsch vorgerechnet. Steht auch so auf den Packungen, 70% Aktivchlor im Falle der "reinen" Präparate, die aber halt nur 65-70% haben.


edit: Ich hab mal überschlagen wegen Chloroform-Synthese, ausgehend von 70% Ca(OCl)2 bekommt man, nach Gewicht, bei einer 100%igen Reaktion, 40% von dem, was man an Calciumhypochlorit eingesetzt hat. Aus 1 Kilo würde man also bis zu 400g CHCl3 gewinnen. In der Theorie.

Von deinem Zeug müsste man dann schon Richtung 2 kilo einsetzen.. :mrgreen:

Warum so viele Lösungsmittel auch so teuer sein müssen immer... :x
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schlemmiloom
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Re: Neuzugänge in der Sammlung (Chemikalien, Laborgeräte, Fachliteratur, ...)

Beitrag von schlemmiloom »

Das bedeutet, wenn du 100g davon nimmst wäre es nach der Definition so wirksam als wenn es 39g Cl2 wären.
Wenn du bei Mgritschs Rechnung statt dem wasserfreien Ca(OCl)2 noch drei bis vier Wasser Moleküle dazu rechnest oder eben Wasser plus sonstige Bestandteile, dann landest du etwa bei den 65-70% die du für das „reine“ Produkt gefunden hast.
Sonst würde das reine Ca(OCl)2 ohne Wasser etc. ca. 99% seines Gewichts an Chlor entsprechen, wie von Mgritsch vorgeturnt.
In Lemmis Fall verhält es sich eben wie eine 1:1 Mischung aus CaCl2 und Ca(OCl)2 mit insgesamt sechs Molekülen Wasser.
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lemmi
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Zusammensetzung von Chlorkalk

Beitrag von lemmi »

So , ich habe die Analyse meines Chlorkalks beendet. Die bisherigen Ergebnisse sprachen für einen Gehalt von 70 % Ca(OCl)Cl (= CaOCl2). Die zu beantwortende Frage war, ob daneben andere Salze anwesend sind.

300 mg der zerriebenen Substanz wurden in 50 ml Wasser gegeben, 3 Tropfen Kobaltnitrat Lösung (5 %) zugefügt und erhitzt. Es entwich reichlich Sauerstoff. Als die Mischung Kaliumiodid-Stärke-Papier nicht mehr bläute wurde abgekühlt, mit 1N Salpetersäure gegen Phenolphtalein eben neutralisiert und im Meßkolben auf 100 ml aufgefüllt. Das schwarze Kobaltoxid wurde absitzen gelassen und der klare Überstand abpipettiert.
50,0 ml der Überstandes verbrauchten bei der Chloridbestimmung nach Mohr 17,35 ml 0,1 N Silbernitrat. Das wären 40,9 % Chlorid im Vergleich zu 39,9 % aktiven Chlor (s o.)
Mit Anteilen der restlichen Lösung wurden qualitative Nachweise durchgeführt: Sulfat ist abwesend. Phosphat in Spuren vorhanden, mit H2S tritt in saurer Lösung keine Färbung ein. Eisen ist nicht nachweisbar, mit Ammoniumsulfidlösung entsteht eine blass braunviolette Färbung (vermutlich Spuren des Kobalt-Katalysators).

Des Rest habe ich mit Ammoniak alkalisch gemacht, mit Ammoniumcarbonat gekocht, vom Calciumcarbonat abfiltriert und eingedampft. Der weiße Rückstand sublimierte beim trockenen Erhitzen im RG fest völlig weg. Der Rest gab eine schwache Natriumreaktion und eine kräftige Calciumreaktion (Die Carbonatfällung war offenbar nicht vollständig).

Zusammenfassung:
Die Substanz ist nahezu reines 70%iges Calciumchlorid-hypochlorit (39,9 % aktives Chlor). Die gefundenen Spuren an Natrium und Phosphat erklären keinen relevanten Anteil der fehlenden 30 %. Es kann sich hier nur um Wasser handeln. Die Formel CaCl(OCl) ⋅ 3 H2O passt zu den Analysenresultaten.
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mgritsch
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Re: Neuzugänge in der Sammlung (Chemikalien, Laborgeräte, Fachliteratur, ...)

Beitrag von mgritsch »

Na perfekt! Ehrlich gesagt hätte ich mir vielleicht noch das NaCl als „Füllstoff“ zum Verdünnen oder stabilisieren vorstellen können, auch Reste von CaO, CaCO3 oder was auch immer, aber das hattest du ja präzise ausgeschlossen!
Schön dass es wenigstens mal ein definiertes, geradezu reines Produkt ist! :thumbsup:

Und die ca 70% Aktivchlor-Angaben stimmen dann auch. „rein“ bezieht sich also auf reines Trihydrat, das hätte nominell genau 72% Aktivchlor. Das scheint wohl der Standard zu sein.
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Ralf
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Re: Calciumhypochlorit (aus: Neuzugänge… abgetrennt)

Beitrag von Ralf »

Mich wundert aber immer noch, warum der Rückstand aus dem geglühten Chlorkalk 75,3 % statt der erwarteten 61,3 % vom Ursprungsgewicht wiegt.

Nach diesen Ergebnissen
lemmi hat geschrieben: Donnerstag 23. Oktober 2025, 14:58Ich habe die Lösung des geglühten Chlorkalks (es waren anfänglich 1127 mg, s.o.) titriert. Chlorid nach Mohr: 10,0 ml Lösung ( 112,7 mg) verbrauchen 12,4 ml 0,1N Silbernitratlösung. Calcium: 20,0 ml (225,4 mg) verbrauchen 12,35 ml 0,1M EdtA-Lösung.

Wieder das selbe Ergebnis: Molverhältnis Ca:Cl = 1:2.
hast du im Schmelzrückstand 439,6 mg Chlorid + 247,5 mg Calcium gefunden. Zusammen sind das 687 mg und somit 61,0 % der Masse des ungeglühten Chlorkalks. Ziemlich exakt wie es sein sollte, wenn dein Chlorkalk = CaCl(OCl) ⋅ 3 H2O ist und beim Glühen den Sauerstoff vollständig abgibt und in reines Calciumchlorid zerfällt.

Wenn dein Chlorkalk wirklich diese Formel hat, dann musst du ein falsches Gewicht vom Glührückstand notiert haben. Oder gibt es noch eine andere Erklärung? Wasser kann nach dem Glühen jedenfalls nicht mehr vorhanden sein, schon gar nicht so viel.

Wenn der Chlorkalk (Calciumchlorid-hypochlorit) wirklich so rein ist und reines Calciumhypochlorit selbst von führenden Chemikalienherstellern enorme Mengen Kochsalz enthält, vermute ich, dass das Chlorid als Stabilisator wirkt. Beim Chlorkalk sind ist es 1 Mol Chlorid auf 1 Mol Hypochlorit. Beim Hersteller Roth enthält das "reine" Calciumhypochlorit knapp 16 % NaCl und gut 65 % Ca(OCl)2. Das ist ebenfalls ungefähr ein Chlorid-Hypochlorit-Molverhältnis von 1:1. Vielleicht sind das Roth-Produkt und dein Chlorkalk also Doppelsalze. Die sind bekanntlich oft stabiler als reine Salze.
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lemmi
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Re: Calciumhypochlorit (aus: Neuzugänge… abgetrennt)

Beitrag von lemmi »

Ja, die Gewichtsdifferenz verstehe ich auch nicht. Außerdem hat der Glührückstand alkalisch reagiert was auch nicht zu purem CaCl2 passt. Deswegen habe ich vorsichtig formuliert "die Formel passt zu den Analysenresultaten".

Wägefehler sind ausgeschlossen. Ich habe nämlich zweimal gewogen und dazwischen nochmal geglüht, weil ich vermutete, das Gewicht würde weiter sinken. Dem war aber nicht so.

Das Hypochlorit/Chlorid- Verhältnis, das du beschreibst ist ungefähr 4:1 (16 g Natriumchlorid sind 0,237 mol , 65 g Calciumhypochlorit sind 0,455 mol und enthalten 2 mol ClO).

Aber auch im Ca(OCl)2 sind auf 1 mol Ca 2 mol Cl vorhanden. Wäre NaCl drin, hätte ich mehr Cl finden müssen. Okay, bei der letzten Analyse war es 1% mehr als es dem aktiven Chlor entspricht, aber das erklärt die Differenz nicht (gefühlt - ich hab's nicht nachgerechnet, vielleicht irre ich mich ...).

Man kann jetzt pragmatisch sagen: die Qualität ist okay, ich weiß wie hoch der Gehalt an aktivem Chlor ist und wie viel Soda ich zu setzten muss, um das Calcium komplett zu fällen. Alles gut. Und dennoch wurmt mich das Resultat von dem verdammten Glührückstand ...
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Ralf
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Re: Calciumhypochlorit (aus: Neuzugänge… abgetrennt)

Beitrag von Ralf »

Mit dem Cl/ClO-Verhältnis hast du natürlich recht. Da habe ich mich verrechnet.
Dass NaCl die Differenz erklären könnte, schließe ich nach deinen Ergebnissen ebenfalls aus.
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