Nach mehreren Anläufen ist es mir endlich gelungen, ein funktionsfähiges FTIR-Spektrometer zu erwerben.

Aus diesem Anlass möchte ich eine kleine Einführung in diese für den Amateurchemiker sehr nützliche Analytikmethode geben.
Außerdem biete ich (unter Umständen kostenlose) Probenanalysen an, Bedingungen und Details dazu weiter unten.
Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) ist eine der ältesten und zugleich hilfreichsten Spektroskopiemethoden. Wie in den meisten Fällen wird sich hier ein Materialspezifisches Verhalten gegenüber elektromagnetischer Strahlung zu Nutze gemacht. Im Falle von IR-Spektroskopie handelt es sich hierbei um die Absorption bestimmter Wellenlängen infraroten Lichts, dessen Energie in Form von Molekülschwingungen erhalten bleibt, wie die folgende Animation zeigt. Das Licht ist hier nur zur Veranschaulichung farbig dargestellt, in der Realität ist es natürlich für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar.
Die absorbierten Wellenlängen sind für jede Verbindung spezifisch und können auch mit relativ geringem Aufwand halbwegs genau berechnet werden. Ebenfalls lassen sich aus den Spektren manche Struktureigenschaften und funktionelle Gruppen direkt ableiten, und bei Verwendung authentischer Standards können sogar manchmal Gemische quantifiziert werden. Außerdem lassen sich Rückschlüsse auf intermolekulare Interaktionen (z.B. Wasserstoffbrücken) ziehen. Zusätzlich sind Messungen je nach Methodik (siehe Unten) bei jedem Aggregatszustand möglich, und nur wenige Materialien können nicht untersucht werden.
Das "FT" in "FTIR"
In der Einleitung habe ich ja schon erklärt, dass das "IR" im Namen für "Infrarot" steht. Jetzt steht im Titel aber etwas von "FTIR", und auf dem Gerät im Einleitungsbild steht das auch drauf, was hat es also damit auf sich? Um dies zu erörtern, möchte ich die Unterschiede und Besonderheiten eines FTIR-Spektrometers in Vergleich zu einem "normalen" Diffraktionsinfrarotspektrometer kurz erklären. Im folgenden Bild ist der Strahlengang eines Diffraktionsinfrarotspektrometers gezeigt:

Ausgehend von einer Infrarotlichtquelle, normalerweise eine Art Glühdraht, wir das Licht über eine Anordnung von speziellen unverglasten Spiegeln auf die Probe fokussiert (rote Pfeile). Im Bild ist ein ATR-Accessory eingebaut, dazu später mehr. Über weitere Spiegel gelangt das Licht (grüne Pfeile) auf ein Diffraktionsgitter, welches ähnlich wie ein Prisma das Licht nach Wellenlänge auffächert. Die Einheit mit dem Diffraktionsgitter wird auch Monochromator genannt. Dieses Gitter ist durch einen Motor drehbar, sodass immer nur Licht eines schmalen Wellenlängenbereichs über einen Fokussierspiegel in den Detektor geleitet wird (blaue Pfeile). Durch Vergleich zwischen Messungen mit und ohne Probe kann so festgestellt werden, wie viel von dem Licht bei der jeweiligen Wellenlänge absorbiert wird, da der Detektor immer nur einen kleinen Wellenlängenbereich zu Gesicht bekommt.
Ein FTIR funktioniert grundlegend anders:

Die Infrarotquelle ist zwar ähnlich zum vorherigen Aufbau, allerdings wird das Licht hier nicht direkt durch die Probe, sondern erst durch ein sogenanntes Michelson-Interferometer geleitet. dieses besteht aus einer rechtwinkligen Anordnung von zwei Spiegeln, jeweils 45° gedreht zu einem zentralen halbdurchlässigen Spiegel. Das Licht der Quelle strahlt nun auf den Halbdurchlässigen Spiegel und wird auf die beiden äußeren Spiegel aufgespalten. Wenn diese beiden Spiegel denselben Abstand zum zentralen Element haben, addiert sich das Licht nur auf, und es kommt mehr oder weniger unverändert an den Seiten ohne Spiegel wieder aus der Apparatur heraus. Allerdings ist das Zentralelement präzise beweglich, wodurch sich ein Gangunterschied zwischen den aufgespaltenen Lichtstrahlen ergibt. Dieser kann je nach Wellenlänge des einfallenden Lichts entweder konstruktive oder destruktive Interferenz verursachen, wodurch je nach Position des Zentralements manche Wellenlängen ausgelöscht werden. Dadurch sind, außer bei exakt gleichem Abstand beider Spiegel, nie alle Wellenlängen gleichzeitig sichtbar. Werden Wellenlängen einzeln betrachtet, ergibt sich ein sinusförmiges Signal, dessen Periode der Zeit entspricht, die die Zentraleinheit zur Bewegung einer Strecke von der Hälfte der Wellenlänge benötigt. Da die Wellenlängen, welche für Infrarotspektroskopie relevant sind, im Mikrometerbereich liegen, ist eine akkurate mechanische Messung der genauen Position nicht ohne weiteres möglich, aber man kann die Differenz durch einen Trick trotzdem bestimmen. Indem ein Laser (braune Pfeile) mit bekannter Wellenlänge ebenfalls in das Interferometer geleuchtet wird, kann die Bewegung des Zentralelements in Vielfachen der Wellenlänge des Lasers bestimmt werden. Der Aufbau eines solchen Interferometers ist im Folgenden schematisch dargestellt:
(Bildquelle: Wikipedia)
Das Licht wird nun auf die Probe (gelbe Pfeile) und schließlich auf den Detektor (blauer Pfeil) fokussiert. Nun sieht der Detektor aber immer viele große Wellenlängenbereiche gleichzeitig, und es entsteht dementsprechend kein für Menschen lesbares Spektrum. Stattdessen ergibt sich durch die Gangunterschiede eine Überlagerung von vielen Sinusfunktionen, es handelt sich um ein Intensitäts/Distanz - Interferogramm (achtung, kein Spektrum!). Dieses Interferogramm kann aber mathematisch mittels FourierTransformation in ein Spektrum umgewandelt werden, daher der Name. Dabei wird ein Signal, welches sich aus mehreren Sinuswellen zusammensetzt, in Ebendiese aufgespalten und deren Amplitude über deren Periode aufgetragen.

(Bildquelle: nti-audio.com)
Auf die mathematische Theorie dahinter möchte ich hier nicht weiter eingehen, da ich selbst nicht das nötige Verständnis dafür habe. Aber gerade wegen der Komplexität dieses Verfahrens scheint es vielleicht auf den ersten Blich verwunderlich, dass heutzutage praktisch nur noch FTIR-Spektrometer eingesetzt werden. Dies lässt sich leicht durch die Vorteile gegenüber Diffraktionsinfrarotspektrometern erklären:
- Deutlich schnellere Messungen (Sekunden im Vergleich zu Minuten)
- Höhere Auflösung
- Besseres Signal-zu-Rauschen Verhältnis (S/N-Verhältnis)
Probenvorbereitung
Wer als Hobbychemiker das Glück hat, ein (FT)IR-Spektrometer zu besitzen, hat was Analytische Ausstattung angeht wohl ein höheres Level an Professionalität erreicht als die meisten. Allerdings nutzt einem das beste Gerät nichts, wenn man nicht weiß wie man seine Proben überhaupt messen kann. IR-Spektroskopie ist nämlich, wie schon in der Einleitung erwähnt nicht nur was die Informationsqualität angeht, sehr vielseitig, sondern man kann damit auch fast alles irgendwie untersuchen, sei es ein Syntheseprodukt, eine Apfelschale, Rohöl oder Ziegelstein. Nur viele Metalle, die Infrarotlicht fast vollständig reflektieren, und ein paar Salze, welche im Infrarotbereich nicht absorbieren, können nicht untersucht werden. Natürlich muss jede Probe aber entsprechend vorbereitet werden, wozu es viele verschiedene Methoden gibt. Da der Fokus dieses Beitrags aber auf der qualitativen Analyse von Syntheseprodukten im (Hobby)labor liegt, möchte ich auf die beiden verbreitetsten und wohl nützlichsten Methoden eingehen; Transmissionsspektroskopie und abgeschwächte Totalreflektion (Engl. attenuated total reflectance, kurz ATR):
Wenn zunächst nur ein Spektrometer mit dem Mindesten an Zubehör zur Verfügung steht, bietet sich das Arbeiten mit Kaliumbromidpresslingen an, denn Kaliumbromid absorbiert im entsprechenden Wellenlängenbereich kaum Licht. Dabei wird eine geringe Menge an Analyt (flüssig oder fest) mit möglichst reinem Kaliumbromid verrieben und unter hohem Druck zu einem Pellet gepresst. Interessanterweise ist es maßgeblich der mittlerweile nennenswerten Popularität von Cannabis zu verdanken, dass dies eine preisgünstige Methode ist, denn deshalb gibt es sogenannte "Pollenpressen" relativ billig im Internet zu kaufen. Damit ist es möglich den nötigen Druck auszuüben, um durchsichtige Presslinge zu erhalten. Dieser Pressling wird anschließend mit einer Halterung in den Strahlengang des Spektrometers gehalten, und eine Messung wird durchgeführt. Vorteile dieser Methode sind der geringe Einstiegspreis, der Geringe Materialbedarf an Analyt und das hohe Signal-zu-Rauschen Verhältnis. Durch Verunreinigungen im Kaliumbromid (z.B. Wasser) sind oft allerdings unerwartete Banden zu sehen, und die Probenvorbereitung ist aufwändig.
Mit Glück findet sich auf eBay o.Ä. auch ein ATR-Element. Diese kommen in verschiedensten Ausführungen zum Einsatz, aber sie funktionieren alle ähnlich: Das Infrarotlicht wird in einem flachen Winkel durch einen Kristall mit hohem Brechungsindex geleitet, sodass das Licht an dessen Oberfläche reflektiert wird (Totalreflektion). Hierbei tritt Evaneszenz auf, ein relativ komplexer Effekt, durch den trotz der Totalreflektion das Licht der Wellenlängen, welche von der Probe absorbiert werden können, abgeschwächt wird. Diese Eigenschaft ist von der Wellenlänge und dem Brechungsindex des Analyten abhängig, weshalb sich die Intensitäten der mit dieser Methode gemessenen Spektren von den Obigen unterscheiden. Für ein gutes S/N-Verhältnis sind teilweise mehrere Reflektionen nötig, wofür große ATR-Kristalle benötigt werden. Materialien, welche die nötigen Eigenschaften hierfür erfüllen und häufig eingesetzt werden sind zum Beispiel:
- hochreines Silicium
- hochreines Germanium
- Zinkselenid
- Iodid-dotiertes Thalliumbromid (KRS-5)
- Diamant


Da Diamant (hauptsächlich durch Marktmanipulation) nach wie vor sehr teuer ist, beschränken sich ATR-Aufbauten mit Diamant als ATR-Kristall meist auf Einfachreflektion:


In jedem Fall werden flüssige Proben abgedeckt und so vor Verdampfen geschützt, während feste Proben fein zermahlen oder im Falle von z.B. Polymeren als flache Platten mit einem Stempel auf den Kristall gepresst werden. ATR Messungen benötigen praktisch keine Probenvorbereitung, aber das vergleichsweise schlechte S/N-Verhältnis macht die Methode in einigen Fällen für die Verwendung von Diffraktionsinfrarotspektroskopie aufgrund der langen Messzeit unpraktisch. Mehrfachreflektions-ATRs benötigen viel Analyt, welcher aber nach der Messung zurückgewonnen werden kann.
Auswertung der Spektren
Historisch wurde in IR-Spektren die Transmission über die Wellenzahl aufgetragen. Dies lässt sich dadurch erklären, dass Transmissionsmessungen früher die Norm waren und die Abhängigkeit der Energie des Lichts von der Wellenzahl linear ist. Dementsprechend sehen IR-Spektren im Vergleich zu anderen Spektren oft etwas seltsam aus:

Oben gezeigt ist ein Spektrum von Sulfanilamid. Auf die genaue Interpretation möchte ich hier nicht eingehen, weil es wichtig ist, so etwas von Anfang an vollständig und richtig zu lernen, was den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Es sei allerdings erwähnt, dass sich solche IR-Spektren normalerweise in zwei Bereiche unterteilen lassen: den interpretierbaren Bereich und den Fingerprintbereich.
Der interpretierbare Bereich enthält oft nur wenige, differenzierbare Signale, welche bestimmten Schwingungsmoden zugeordnet werden können. So sind zum Beispiel C=O Streckschwingungen im Bereich zwischen 1660 cm-1 und 1760 cm-1 charakteristisch. Es gibt im Internet unzählige Tabellen mit charakteristischen Absorptionsbanden, von denen hier eine verlinkt ist:
https://www.niu.edu/clas/chembio/resear ... able.shtml
Der Fingerprintbereich liegt grob unterhalb von 1500 cm-1 und enthält oft Absorptionsbanden höherer Anregungszustände (sog. Obertöne, welche sich oft überlappen und nicht mehr eindeutig einer Schwingungsmode zugeordnet werden können. Dieser Bereich ist aber trotzdem interessant, da mit Hilfe von Spektrenbibliotheken (z.B. Spectrabase oder die NIST-Bibliothek) Ergebnisse verglichen werden können.
Des Weiteren ist es heutzutage auch möglich, IR-Spektren mittels DFT-Berechnung vorherzusagen. Alle dafür notwendigen Programme sind kostenlos erhältlich, und für kleinere Moleküle reicht auch schon ein normaler Arbeitsrechner. Dies geht aber über den Umfang dieses Beitrags hinaus.
Zum Abschluss ein Angebot
Ich bin sehr glücklich mit meinem Spektrometer. Das war mittlerweile der dritte Anlauf ein funktionsfähiges FTIR zu bekommen, die beiden Versuche davor endeten leider mit defekten Geräten. Da ich es aber jetzt habe und es schade wäre, wenn es nur herumsteht, biete ich hiermit gerne an, Proben unter bestimmten Voraussetzungen auf Auftrag kostenlos zu analysieren. Es sollte allerdings folgendes beachtet werden:
- Ich akzeptiere nichts Illegales, und auch nichts was dazu ausgelegt ist, existierende Gesetze zu umgehen (nicht erfasste Derivate von verbotenen Drogen, Explosivstoffe, starke Gifte)
- Ich messe nicht jede Woche, es kann also dauern, bis eine Probe analysiert ist. Eilaufträge sind nicht kostenlos. ich versuche aber mindestens einmal im Monat zu messen.
- Der Auftraggeber ist zu 100% selbst dafür verantwortlich, dass die Probe heil und auf legalem Wege bei mir ankommt.
- Ich muss jedem Auftrag ausdrücklich zustimmen, bevor eine Probe versandt werden darf.
- Die Substanz sollte sauber sein, und der Auftraggeber stimmt zu, dass das Spektrum in meine Spektrensammlung aufgenommen und ggf. veröffentlicht wird.
- Ich messe zwar prinzipiell kostenlos, aber das Spektrometer hat mich sehr viel Zeit und Geld gekostet. Eine kleine Spende für jede gemessene Probe würde mich daher sehr freuen, aber ich werde keine Probe ablehnen, nur weil sich das jemand nicht leisten kann.
Ich hoffe dieser Beitrag war für jemanden hilfreich!
Das obige Angebot wurde von einem Illumina-Admin abgesegnet.
