Verbrennung einer Kerze in Chlor

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Ralf
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Verbrennung einer Kerze in Chlor

Beitrag von Ralf »

Verbrennung einer Kerze in Chlor

Chlor war das erste bekannte Halogen. Dementsprechend wurden bereits früh verschiedene Versuche damit angestellt. Einer davon ist die Verbrennung einer Kerze in einer Chlor-Atmosphäre. Die unten stehende Beschreibung und Erklärung ist eine Übersetzung aus einem englischen Chemie-Lehrbuch von 1894.


Geräte:

Stativstange, Wäscheklammer, Kerze, Feuerzeug, Standzylinder, Pappdeckel


Chemikalien:

Chlor Warnhinweis: t Warnhinweis: o Warnhinweis: p Warnhinweis: n


Hinweis:

Mit Chlor immer unter dem Abzug oder im Freien arbeiten!


Durchführung:

Halte eine brennende Kerze in ein Glas mit Chlor. Die Flamme erlischt nicht, aber die Kerze brennt mit sehr schwacher Flamme, die viel Kohlenstoff in Form eines Rauchs erzeugt. Während des Experiments kann man beobachten, dass das gelblich grüne Gas (Chlor) allmählich verschwindet und durch ein farbloses Gas (Salzsäuregas) ersetzt wird, das bei Kontakt mit der Luft weiße Nebel bildet.


Entsorgung:

Es fallen keine Abfälle an. Die Kerze kann wiederverwendet werden.


Erklärung:

Das "Wachs" oder der Talg der Kerze enthält die Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff. Chlor unterhält die Verbrennung von Wasserstoff, aber nicht die von Kohlenstoff. Während die Kerze brennt, verbindet sich ihr Wasserstoff mit dem Chlor und erzeugt Chlorwasserstoff. Aber der Kohlenstoff, der eine geringe Affinität zum Chlor hat, wird freigesetzt.


Anmerkungen aus dem Jahr 2025:

Das Chlor wurde wie hier beschrieben aus 12 g grob gepulverter Trichlorisocyanursäure und 37 ml 15%ige Salzsäure hergestellt und in einen hohen Standzylinder geleitet.

Die Kerze sollte vor dem Eintauchen in das Chlor ein bis zwei Minuten an der Luft brennen. Sonst erlischt sie im Chlor nach wenigen Sekunden.

Die Reaktionsgleichung bei diesem Experiment lautet:

CnH2n+2 + n+1 Cl2 → n C + 2n+2 HCl (allgemeine Reaktionsgleichung)

C25H52 + 26 Cl2 = 25 C + 52 HCl (Beispiel für Pentacosan, ein möglicher Bestandteil in Paraffinkerzen)


Bilder:


Verbrennung der Kerze in Chlor

Kerze in Chlor - Vergleich historisch + heute.jpg
Kerze in Chlor - Vergleich historisch + heute.jpg (42.61 KiB) 172 mal betrachtet
Abbildung aus dem Buch (links) und Experiment heute (rechts)

kerze in chlor vergleich.jpg
kerze in chlor vergleich.jpg (21.63 KiB) 200 mal betrachtet
Vergleich der Verbrennung der Kerze in Luft (links) und in Chlor (rechts)

chlorwasserstoff-nebel.jpg
chlorwasserstoff-nebel.jpg (108.5 KiB) 200 mal betrachtet
Der Chlorwasserstoff-Nebel ist hier im mittleren Drittel des Zylinders zu sehen (über dem unteren, noch mit Chlor gefüllten Drittel).


Literatur:

W. S. Furneaux: Elementary chemistry, inorganic and organic : alternative course, 5th ed., Longmans, Green, London, S. 84-85 (1894)
Chemie ist das, was knallt und stinkt, doch selten nur gelingt.
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lemmi
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Re: Verbrennung einer Kerze in Chlor

Beitrag von lemmi »

Nett! Hast du das Buch physisch oder online? Und dieser große Glaszylinder, was ist das für einer?

Was mir auffällt: beim Herausnehmen aus dem Zylinder erlischt die Kerze, weil die Schicht zwischen dem Chlor unten und der Luft aussen keine ihre Verbrennung unterhaltenden Gase enthält (nur HCl).
Was passiert, wenn man die Kerze weiter brennen lässt als du es zeigst? Geht sie dann auch aus, sobald sich die HCl- Schicht weit genug gesenkt hat?
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Ralf
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Re: Verbrennung einer Kerze in Chlor

Beitrag von Ralf »

Danke, fand ich auch interessant. Ich habe auch gelesen, dass die Flamme "rot" sein soll, weshalb ich das mal ausprobieren wollte.
Das Buch habe ich nur als pdf, nicht physisch. Der Glaszylinder ist ein sogenanntes Aufbewahrungsgefäß, das ich vor Kurzem bei Woolworth gekauft habe. 1650 ml (glaube ich) für 5 €. War neu im Angebot. Gibts dort vielleicht immer noch. Auch 950 ml für 4 € und noch einen kleineren. Die halten kurz auch etwas Feuer aus (beim Versuch Kerze in Wasserstoff).

Deine Interpretation, dass HCl die Kerze beim Herausnehmen erstickt, war auch mein Gedanke! Ich habe den Versuch nur in diesem großen Zylinder durchgeführt. Da ist genug Chlor drin, dass die Kerze eher von alleine ausgeht, als dass die HCl-Schicht bis zu ihr ankommt. Die Flamme wird im Chlor nämlich immer kleiner. Das dauert zwar lange, aber es wird dann natürlich auch viel langsamer Chlor verbraucht. Ich vermute, dass sie bei genug Chlor irgendwann ausgeht, weil nicht mehr genug Wachs geschmolzen werden kann und der Nachschub fehlt. Als ich beim ersten Versuch die Kerze direkt vor dem Eintauchen anzündete, erlosch sie in 3-5 Sekunden, weil der Wachsnachschub fehlte. Ein anderes Mal habe ich, nach 30 Sekunden, Luft hineingeblasen. Dabei vermischten sich die Schichten und die Kerze erlosch ebenfalls, wahrscheinlich wegen des Chlorwasserstoffs. Wenn man nur wenig Chlor hat, passiert das bestimmt auch von alleine. Die Flamme wird aber auch dann wahrscheinlich langsam immer kleiner, sodass es beim Beobachten schwierig ist zu sagen, ob der fehlende Wachsnachschub oder das HCl sie erlöschen ließ.

Ein Mal habe ich auch beobachtet, und das wurde auch in einem anderen Buch beschreiben, dass die Kerze kurz erlosch, als die Flamme in die Chlor-Atmosphäre eintrat. Der Rauch entzündete sich im Chlor aber nach mehreren Sekunden (!) wieder und sprang kurz zurück zum Docht. Danach war noch sehr lange eine weiße Rauchsäule (vermutlich Chlorwasserstoff) zu sehen. Leider ist das Video sehr schlecht, aber hier trotzdem noch als Nachtrag:



Das passierte bei 2 Versuchen, als das Chlor schon fast verbraucht war und es schon ein wenig mit HCl oder Luft vermischt war!
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