Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

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lemmi
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von lemmi »

Ralf gewinnt den virtuellen Keks! :thumbsup:

Die Lösung ist nach Thomas Fowler (1736–1801) benannt, zu dem es überraschenderweise nicht mal einen englischsprachigen Wikipedia- Artikel gibt.

Der Zusatz FL ist zwar unüblich, denn die offizinelle ( nicht offizielle !) Bezeichnung war Liquor Kalii arsenicosi, und Solutio arsenicalis Fowleri oder Liquor Fowleri waren nicht offizinelle Synonyme. Aber er kann eigentlich nichts anderes bedeuten, alle genannten Alternativen machen keinen Sinn.
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mgritsch
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von mgritsch »

Eine deutsche Abkürzung hinter einem lateinischen Namen? Seriously?
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lemmi
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von lemmi »

Ein Eigenname. Ist nichts ungewöhnliches : Liquor van Swieten, Solutio Arning, Pilulae Blaudii. Nur in dieser Konstellation einer (halb) chemischen Bezeichnung unüblich (Liquor Kalii arsenicosi Fowleri - siehe oben).
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lemmi
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von lemmi »

Ich mache mal weiter :)

Diese Flaschen stammen nicht aus einer Apotheke. Sie waren Bestandteil der Ausrüstung eines Arztes um 1910 bis 1920.

IMG20250131190945.jpg

Ganz offensichtlich war der Doktor chirurgisch tätig, (ich vermute, speziell geburtshilflich, denn in dem Nachlass fand sich auch eine Geburtshelferzange). Er benutzte Carbolsäure (= Phenol) als Antiseptikum und Chloroform zur Narkose. Die Fläschchen mit Morphin und Campher enthielten injiziierbare Lösungen, die aus der Flasche direkt (!) in eine Glasspritze aufgezogen wurden. Ein kleines Sterilisiergerät , betrieben mit Spiritusbrenner, zum Sterilisieren der Spritzen und Nadeln habe ich auch noch. Catgut ist ein Nahtmaterial zum chirurgischen Wundverschluss. In der Flasche befindet sich, durch das Ettikett verdeckt, eine (jetzt leere) Spule aus Bakelit, und der sterile Faden wurde durch eine Öse unter dem Deckel herausgezogen.
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aliquis
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von aliquis »

Das Spritzenaufziehen aus der Flasche durch ein Septum ist doch noch üblich, oder?

Erstaunlich wie lange trotz der bekannten Komplikationen noch am Chloroform festgehalten wurde: Operation gelungen - Patient tot... :angel:
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Uranylacetat
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von Uranylacetat »

Sammelsurium 001.jpg
Sammelsurium 002.jpg
Das war bisher mein größtes Gefäß. Leider habe ich es irgendwann beim Staubwischen fallen lassen. :roll:

Die Dampfmaschine werde ich im Frühjahr für die beiden Steppkes der Tochter meiner Cousine wieder mal "anwerfen". :wink: Die Ampullen im Acryl-Glas enthalten die seltenen Erden in ihrer elementarsten Form und höchster Reinheit.

Der Bunsenbrenner stammt aus der sehr aktiven Zeit in meinem damaligen Labor.
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mgritsch
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von mgritsch »

Uranylacetat hat geschrieben: Sonntag 2. Februar 2025, 08:55 Sammelsurium 001.jpg
Sammelsurium 002.jpg
Diese 3 flachen Schälchen mit Deckel, wie Uhr-Zwiebelchen machen mich neugierig :) Was ist denn das?
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Uranylacetat
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von Uranylacetat »

Das sind alte Taschenuhren - ein weiteres Hobby - aus Kostengründen wieder ad acta gelegt. :wink:
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Chemo Troll
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von Chemo Troll »

lemmi hat geschrieben: Samstag 1. Februar 2025, 23:28 Ganz offensichtlich war der Doktor chirurgisch tätig, (ich vermute, speziell geburtshilflich, denn in dem Nachlass fand sich auch eine Geburtshelferzange). Er benutzte Carbolsäure (= Phenol) als Antiseptikum und Chloroform zur Narkose.
Zusammen mit dem Werkzeug ist deine Vermutung dann wohl sehr wahrscheinlich richtig.
Die Chemikalien und der Faden zusammen hätten wahrscheinlich genauso von anderen Ärzten genutzt werden können.
aliquis hat geschrieben: Sonntag 2. Februar 2025, 02:06 Erstaunlich wie lange trotz der bekannten Komplikationen noch am Chloroform festgehalten wurde: Operation gelungen - Patient tot... :angel:
Ja, schön ist das nicht. Das wäre dann der Bereich der sogenannten „Heiligenschein-Narkotika“.

Für die Meisten unbekannt sind dagegen Fälle wie dieser:

Operationen erfolgreich, Patienten haben überlebt, Arzt tot.

„Aber Herr Doktor, warum sind Sie denn so gelb im Gesicht?
Ihren Patienten geht es doch gut!“

Doktor: „Wissen Sie, meine Patienten werden in der Regel nicht mehrmals täglich über viele Jahre hin operiert.“
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mgritsch
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von mgritsch »

Uranylacetat hat geschrieben: Sonntag 2. Februar 2025, 11:30 Das sind alte Taschenuhren

Ah, dann habe ich richtig gemutmaßt :) Dachte das ist vielleicht ein besonderes Ausstellungs-Gefäß für Elemente, Mineralien…
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mgritsch
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Samstag 1. Februar 2025, 23:28 Er benutzte Carbolsäure (= Phenol) als Antiseptikum
Ich weiß, war üblich. Aber: 🤮🤢
Phenol (und viele einfache Derivate) haben einen extrem langanhaftenden unangenehm „chemischen“ Geruch. Sich damit großzügig flächig einzureiben…
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Uranylacetat
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von Uranylacetat »

Joah, die gute alte Carbolsäure, mit der noch in meinen Jugendjahren die Zahnarztpraxis desinfiziert wurde. Penetrant riecht auch das hier:
Jodoform.jpg
Auch mal damals bei eBay (1- 2 -3, ist meins!) geschossen. Wenn ich mich recht erinnere, hat lemmi eine historische Waage oder Wagschalen mit entsprechenden Löffel nur für diesen Zweck ...

Jodoform entsteht auch bei der Haloform-Reaktion und ich habe es wie im KOSMOS Chemielabor C2 beschrieben auf elektrolytischem Wege hergestellt – siehe rechtes Foto :wink: :

Bild

Als Stromversorgung diente das Experimentierpult des KOSMOS Elenktronik-Labor XG. Die interessierten Zuschauer sind mein immer noch bester Freund und sein Bruder so um 1978 herum ....
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von aliquis »

Ich erinnere mich leider recht gut an zwei Krankenhausaufenthalte in meiner Kindheit (1978 und 1980). Damals lag noch in der gesamten Klinik der Geruch von Phenol latent in der Luft.
Da die Aufenthalte nicht gerade zu meinen angenehmsten Kindheitserinnerungen zählen, resultiert meine Abneigung gegen Phenol womöglich noch aus jener Zeit...

Erst vorletztes Jahr ist mir Phenol noch hautmedizinisch begegnet: als intraoperative Zusatzbehandlung (Kaustik) von Nagelbettentzündungen an den Grosszehen meiner Tochter (die eigentliche Hauptbehandlung erfolgte per CO2-Laser - eine vergleichsweise schonende und zugleich nachhaltig wirksame Methode, sehr empfehlenswert!).

Ich besitze nur eine kleine Probe selbsthergestellten Phenols: geruchsdicht versiegelt in einer Schmelzampulle. 8)
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lemmi
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von lemmi »

aliquis hat geschrieben: Sonntag 2. Februar 2025, 02:06 Das Spritzenaufziehen aus der Flasche durch ein Septum ist doch noch üblich, oder?
Da ist aber kein Septum! Das Fläschchen ist durch einen eingeriebenen Glasstöpsel verschlossen!

Chloroform war bis in die 50er/60er Jahre ein gängiges Narkosemittel. Da war mein Doktor aus dem Kaiserreich keineswegs veraltet!

Phenol war historisch das erste Antiseptikum das überhaupt erfolgreich eingesetzt wurde: von Joseph Lister (1827–1912). Natürlich stark verdünnt als "Karbolwasser".

Das war ein Durchbruch der Wundbehandlung! Zuvor glaubte man während annähernd zweitausend Jahren, dass die Eiterbildung in Wunden ein physiologischer Prozess und zur Wundheilung nötig sei, pus laudabile. Erst nach der Mitte des 19. Jahrhunderts und prominent durch Lister wurde der Versuch unternommen, die Eiterbildung durch anti-septische Massnahmen zu verhindern. Die Sterblichkeit nach chirurgischen Eingriffen ging rasant zurück.

Meine letzte Begegnung mit Phenol zu medizinischen Zwecken war eine Flasche, die ich vor ein paar Jahren in der Hausapotheke eines Freundes in Wien sah: 1%ige Lösung als Mundwasser (nach Verdünnung)! Das Präparat (ganz neuwertig) stammte aus Südamerika. Ich habe ihm geraten, es wegzuschütten...
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lemmi
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Re: Historische Gefäße aus Apotheke & Drogerie

Beitrag von lemmi »

@Uranyl: vielleicht sollte man anhand deiner Kal.jodat.-Flasche mal erklären, wie die Nomenklatur war! Entgegen dem, was man auf den ersten Blick glauben könnte, ist mit Kalium iodatum nämlich nicht Kaliumiodat gemeint, sondern Kaliumiodid.

Die alte kontinentaleuropäische Nomenklatur ging so: zuerst das Kation im Nominativ (im Gegensatz zu der angelsächsichen Nomenklatur, die heute auch in der Ph.Eur. angewandt wird, wo das Kation im Genitiv geschrieben wird). Dann das Anion. Die Endungen beziehen sich auf die Oxydationsstufe. Die niedrigste Oxydationsstufe des anions war mit -atum bezeichnet. Die höchste Oxydationsstufe erhielt die Endung -icum und die darunter die Endung -osum. Also z.B.:

Kalium sulfuratum = K2S (wörtlich: "geschwefeltes Kalium")
Natrium sulfurosum = Na2SO3
Natrium sulfuricum = Na2SO4

Natrium chloratum = NaCl
Natrium chlorosum = NaClO2
Natrium chloricum = NaClO3

Kalium nitricum = KNO3
Kalium nitrosum = KNO2

Die Sauerstoffsäuren folgen der Regel:

Acidum sulfuricum = H2SO4
Acidum nitricum = HNO3

Unlogisch sind die Halogensäuren! Die Salzsäure müsste eigentlich Acidum hydrochloratum heißen - wie in der Preussischen Pharmakopoe auch tatsächlich hieß. Mit dem ersten deutschen Arzneibuch 1872 wurde sie dann umbenannt in Acidum hydrochloricum - und so heißt sie bis heute

Schwierig wurde es, wenn es mehr als drei Oxydationsstufen gab. Meistens wurden die anderen Vorsilben aus der Chemie übernommen

Kalium perchloricum = NaClO4 ("per" hervorgegangen aus "hyper" = über dem vorigen, hier chloricum = ClO3)
Kalium (hy)permanganicum = KMnO4
Natrium hypochlorosum = NaClO ("hypo" = unter dem vorigen , hier chlorosum = ClO2)

Manchmal waren die Bezeichnungen uneinheitlich. Na2S2O3 wurde als Natrium subsulfurosum oder als Natrium thiosulfuricum bezeichnet. Letzteres ist eindeutig die modernere Version.

Wenn das Kation in verschiedenen Oxydationsstufen vorlag, wurde es auch uneinheitlich. Meist gab man die Zahl der Anionen, genauer das Verhältnis der Anionen zum Kation, als Mass für die Oxydationszahl des Kations an:

Hydrargyrum chloratum = Hg2Cl2
Hydrargyrum bichloratum = HgCl2 (enthält doppelt so viel Chloratome pro Atom Quecksilber wie das vorige)

Natrium carbonicum = Na2CO3
Natrium bicarbonicum = NaHCO3 (enthält pro Natriumatom doppelt so viel Kohlensäure wie das vorige)

oder, ganz kompliziert:

Ferrum chloratum = FeCl2
Ferrum sesquichloratum = FeCl3 ("sesqui" = einundeinhalb; enthält pro Eisenatom anderthalb mal so viel Chlor wie das vorige!)

Wenn's gar nicht anders ging wurde "oxydatum" dazugesetzt:

Ferrum sulfuricum = FeSO4
Ferrum sulfuricum oxydatum = Fe2(SO4)3

Manchmal wurden andere Kriterien wie die Farbe hinzugezogen

Stibium sulfuratum nigrum = Sb2S3 ("schwarzes Schwefelantimon")
Stibium sulfuratiúm aurantiacum = Sb2S5 ("pomeranzenfarbenes Schwefelantimon")

Und in ganz vertrackten Fällen wurde oft einfach der simple Trivialname verwendet:

Minium = Pb3O4 (Mennige)

Die heutige amtliche Nomenklatur des Europäischen Arzneibuches ist, wie oben erwähnt, aus der ehemals angelsächsichen hervorgegangen. Das Kation wird im Genitiv geschrieben.

Natrii chloridum = NaCl (wörtlich "des Natriums Chlorid")

Die niedrigere Oxydationsstufe des Kations wird (wie noch im heutigen Englisch) mit -osi bezeichnet:

Ferrosi sulfas = FeSO4 (engl. ferrous sulfate)
Ferri chloridum = FeCl3 (engl. ferric cloride)

Unlogisch wird's dann bei

Hydrargyri dichloridum = HgCl2

Die Zahlensilbe "di" ist eigentlich überflüssig. Die Sustanz müsste Hydrargyri chloridum und das Hg2Cl2 dann Hydrargyrosi chloridum heißen. Das Kalomel ist in der Ph.Eur. nicht mehr geführt (der Sublimat schon!). Im früheren British Pharmaceutical Codex hieß HgCl2 Hydrargyri perchloridum und Hg2Cl2 war Hydrargyri subchloridum - Bezeichnungen, die jeder stringenten Nomenkaltur entbehren und vermutlich darauf beruhen, dass man die (lebensgefährliche !) Verwechslung der beiden Substanzen sicher ausschließen wollte.

Das Anion wird in der niedrigsten Oxydationsstufe durch -idum bezeichnet. Ansonsten wird einfach der letzte Buchstabe der chemischen Bezeichnung durch ein s ersetzt

Natrii bromidum = NaBr
Natrii sulfis = Na2SO3
Natrii sulfas = Na2SO4
Natrii dihydrogeno phosphas = NaH2PO4

Mir kommen diese Bezeichnungen wie schlechtes Latein vor . Aus Bromid bromidum zu machen geht ja noch, aber ein Sulfat sulfas zu nennen? Also bitte! Natürlich liegt das daran, dass ich mit den alten Namen groß geworden bin. Ich finde sie klingen schöner. Wie ein user hier mal schrieb: Plumbum chloratum klingt wie ein Zauberspruch aus "Harry Potter". Musik in meinen Ohren! Zum Glück haben wenigstens die Säuren ihre alte Namen behalten. Die Schwefelsäure darf weiter Acidum sulfuricum heißen - und nicht etwa Hydrogenii sulfas. :yeah:
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