Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
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Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Digitoxin ist der Prototyp eines Herzglykosides, genauer gesagt, eines Cardenolids. Cardenolide haben in der Medizin in den letzten 200 Jahren eine herausragende Rolle gespielt. Jetzt geht ihre Ära allmählich zu Ende. Dieser Artikel befasst sich mit der Isolierung des Digitoxins aus seiner Stammpflanze, dem roten Fingerhut (Digitalis purpurea L.), die eine Herausforderung darstellt, indem das Glykosid nur in relativ geringen Mengen und mit zahlreichen Begleitstoffen darin vorkommt.
historische Einleitung:
Im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen, die “seit Menschengedenken“ wegen ihrer physiologischen Wirkungen heilkundlich genutzt wurden, ist die Therapie mit Herzglykosiddrogen erst seit etwa 250 Jahren belegt. Auffallenderweise wurde über den Fingerhut in Europa von den klassischen Autoren - Plinius im Altertum, Leonard Fuchs mit Mittelalter – keine Nutzanwendungen berichtet, wenn man von gelegentlicher Anwendung zu äußeren Umschlägen absieht. Das liegt sehr wahrscheinlich an der geringen therapeutischen Breite und der hohen Kumulation seiner Wirkstoffe im Körper – anders ausgedrückt: es kommt sehr leicht zu bedrohlichen Vergiftungen. Auch in anderen Weltgegenden wurden Cardenolide zwar als Pfeilgifte, nicht aber zu Heilzwecken, eingesetzt, so in Afrika die Strophanthusglykoside, oder in Asien das Antiarin des Upasbaumes. Einzige Ausnahme bildet die Meerzwiebel (Urginea maritima), deren Anwendung als “harntreibendes“ Mittel - in Wirklichkeit wirkt auch sie auf das Herz - schon im Altertum beschrieben wurde. Allerdings enthält die Meerzwiebel keine Cardenolide sondern Bufadienolide, die viel weniger stark akkumulieren (zur Unterscheidung siehe unten).
Die medizinische Welt wurde auf die Herzglykoside gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufmerksam. Im Jahre 1785 publizierte der englische Arzt William Withering (1741-1799) ein kleines Buch, das heute noch lesenswert ist, weil es den Übergang von der spekulativen, von theoretischen Annahmen geleiteten Medizin der klassischen Säftelehre zur empirischen, naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin markiert. In seinem “Bericht über den Fingerhut und einige seiner medizinischen Anwendungen“ trägt Withering akribisch Fallgeschichten aus 10 Jahren zusammen und zieht daraus Schlüsse für die ärztliche Praxis.[14] Die Schrift ist bemerkenswert, weil sie ausdrücklich nicht nur Erfolgsgeschichten erzählt, sondern auch Fehlschläge berichtet werden. Am Ende des Vorworts seiner Monographie schreibt der Verfasser:
“After all, in spite of opinion, prejudice and error, TIME will fix the real value upon this discovery, and determine wether I have imposed upon my self and others, or contributed to the benefits of science and mankind.“ [14]
Vielleicht hat genau diese differenzierte Darstellung, und die fehlende Werbung für die neue Therapie dazu geführt, dass der Fingerhut in Europa erst etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts in größerem Umfang eingesetzt wurde. Einen wesentlichen Anteil daran hatte die Entdeckung des Arztes Friedrich Ludwig Kreysig (1770–1839) in Sachsen, dass die Pflanze nicht primär – wie Withering angenommen hatte – harntreibend ist, sondern dass sie auf das Herz wirkt. Sie war das erste spezifisch herzwirksame Medikament, das der Medizin zur Verfügung stand, und die Vertreter der “experimentellen Pathologie“ – die Pharmakologie etablierte sich als Fach erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts – machten sich daran, sie systematisch zu erforschen. Man sprach von der “Digitaliswirkung“ und subsummierte später alle medizinisch genutzten herzwirksamen Glykoside und ihre Stammdrogen als “Digitaloide“. Seither war in der Therapie nicht mehr vom Fingerhut, sondern von “der Digitalis“ die Rede, ja bis vor kurzem nannte man die Einleitung einer Behandlung mit Herzglykosiden noch “digitalisieren“!
Das 19. Jahrhundert, eingeläutet mit der Isolierung des Morphins durch Friedrich Wilhelm Sertürner (1783-1841) im Jahre 1805, war das Jahrhundert der Entdeckungen in der Pharmazie. Fieberhaft begannen Wissenschaftler (damals noch praktisch ausschließlich Männer) aller Herren Länder, sich auf die Suche nach Wirkstoffen in Pflanzen zu machen, und diese rein darzustellen. Dabei boten sich stark wirkende Drogen an, deren physiologische Wirkung sich in der Regel auf einen Hauptwirkstoff zurückführen und im Tier- oder immer wieder auch Selbst-Versuch leicht verifizieren ließ. Die weitaus meisten davon waren Alkaloide, wie das Morphin, das Chinin, das Atropin und viele andere. Dann fanden Justus von Liebig und Friedrich Wöhler, dass sich das aus den bitteren Mandeln isolierte Amygdalin in Glukose und Mandelsäurenitril spalten lässt, und nannten die Substanz ein “Glykosid“. Im Verlauf wurde rasch klar, dass Glykoside in der Natur weit verbreitet sind. Die meisten von ihnen sind Stickstoff-frei – wobei die cyanogenen Glykoside, wie das Amygdalin, die notorische Ausnahme darstellen.
Der für die Wirkung des Fingerhutes verantwortlichen Inhaltsstoff widersetzte sich lange allen Versuchen der Isolierung. Im Jahre 1865 setzte die belgische Akademie der Wissenschaften einen Preis auf die Reindarstellung des Wirkstoffes aus. Den Preis gewann über 10 Jahre später der französische Chemiker Claude-Adolphe Nativelle (1812-1889), der 1868 über die Darstellung einer Substanz berichtete, die er “Digitaline cristalisée“ nannte. [9] Einen Stoff in kristallisierter Form - und nicht etwa amorph - darzustellen, galt als wichtiges Kriterium der Reinheit. Wenig später aber wies Oswald Schmiedeberg (1838-1921), in Straßburg nach, dass Nativelles “Digitalin“ aus mehreren Substanzen bestand und isolierte daraus diejenige, die nach Tierversuchern der Träger der Wirkung war. Er gab ihr den Namen “Digitoxin“ und ließ seinen Assistenten Robert Koppe, der über die Pharmakologie des Präparates seine Promotionsarbeit machte, einen Selbstversuch durchführen. Der Proband schluckte 2 mg Digitoxin. Gemessen an den damals bekannten Alkaloiden wie Morphin, Atropin und Strychnin war das eine vertretbare Dosis - für ein Cardenolid ist sie aber viel zu hoch! Herr cand. med. Koppe erlitt “tagelang anhaltende Vergiftungserscheinungen“, und aus heutiger Sicht muss man ihm gratulieren, dass er seinen Selbstversuch überhaupt überlebte.[11]
Schmiedeberg unterliefen zwei Irrtümer im Zusammenhang der mit der Untersuchung des Digitoxins. Zum einen berichtete er:
“Beim Kochen mit verdünnter und concentrierter Salzsäure erhält man in der alkalisch gemachten wässrigen Flüssigkeit keine Reduktion von Kupferoxid, so dass das Digitoxin kein Glykosid ist.“ [11]
Wie dieser Befund zustande kam, lässt sich im Nachhinein kaum mehr erklären. Jedenfalls fand 1892 der in Freiburg i.Br. lehrende Chemiker Heinrich Kiliani (1855-1945), dass sich Digitoxin in ein Aglykon – das Digitoxigenin – und ein bis dahin unbekanntes Monosaccharid spalten lässt, das er “Digitoxose“ taufte, und dessen Struktur er 1895 aufklären konnte. Kiliani gab eine Methode zur Reinigung des Digitoxins und seiner Prüfung an, von dem er aus 100 g Blättermaterial ca. 100 mg gewinnen konnte.
Der andere Irrtum Schmiedebergs war, dass er das Digitoxin als für die therapeutische Anwendung ungeeignet ansah:
“Was die Verwerthung der hier mitgeteilten Thatsachen in praktischer Richtung betrifft, so lässt sich auf Grund derselben für die Anwendung der reinen Digitalisbestandtheile am Krankenbett wenigstens vorläufig kaum eine sehr günstige Zukunft vorraussagen. Am meisten würde sich für den praktischen Gebrauch das Digitoxin eignen … Allein die völlige Unlöslichkeit desselben in Wasser bringt zusammen mit den kleinen Quantitäten, die zur Hervorrufung der Arzneiwirkungen erforderlich sein würden, grosse Unregelmäßigkeiten in den Resorptionsverhältnissen hervor, so dass man kaum im Stande sein dürfte, die Stärke der Wirkung in der erforderlichen Weise zu regeln.“ [11]
Wie sich später herausstellte ist das Gegenteil der Fall: unpolare - wasserunlösliche - Pharmaka werden bei oraler Einnahme wesentlich besser resorbiert als polare, und die Resorptionsquote des Digitoxins liegt nahe bei 100 %. Aber dieser Irrtum tat der Reputation Schmeidebergs keinen Abbruch. Sein Institut in Straßburg wurde weltberühmt, und Generationen von Ärzten bewunderten ihn als Stammvater der Pharmakologie in Deutschland, wobei vor allem seine Verdienste um die Aufklärung der Digitaliswirkung betont wurden.
Die Schwierigkeiten mit dem Digitoxin gingen weiter. Unzählige Forscher hatten an ihm und seinem Aglykon Elementaranalysen durchgeführt, und jeder seine eigene (Summen-)Formel publiziert. Im Jahre 1920 monierte Max Cloetta (1868-1940), Chemiker in Zürich, dass auch das Schmiedeberg‘sche Digitoxin kein einheitlicher Stoff sei. Seine Publikation lässt die hohe Frustrationstoleranz erahnen, die die Digitalisforscher damals benötigten. Nachdem er seine Isolationsmethode dargestellt hat, schreibt Cloetta:
“Jeder, der die langsam und mit großer Regelmäßigkeit vor sich gehende schöne Kristallisation aus verdünnten Alkohol ansah, musste die Überzeugung einer absolut reinen und einheitlichen Substanz gewinnen. Umso größer war daher die Enttäuschung, als die Schmelzpunktbestimmungen der verschiedenen Präparate ganz variable Zahlen lieferten. “ [1]
und
“Es hat sich leider bei unseren Versuchen herausgestellt, dass das Auskristallisieren von Digitoxinkörpern durchaus keine Gewähr für deren Einheitlichkeit bietet, wie man sie bisher in der Digitalischemie angenommen hatte. Auch wir sind mehrmals monatelang in dieser Richtung arg getäuscht worden, und nur die stets wiederkehrenden kleinen Differenzen in den Elementaranalysen haben uns, wenn auch widerstrebend, auf den Gedanken gebracht, dass diese nach ihrer Herstellungsweise und kristallographisch stets identischen Produkte doch nicht einheitlich sein können. Ich hebe diese unangenehmen Erfahrungen speziell hervor zur Warnung für die, welche auf demselben Gebiete sich ebenfalls versuchen wollen, sowie auch zur antizipierten Entschuldigung für mich selber, falls trotz aller Vorsicht auch hier noch Fehler passiert sein sollten.“ [1]
Die “antizipierte Entschuldigung“ war weise, denn auch Cloettas Daten waren noch nicht ganz korrekt. Im Jahre 1928 korrigierten Windaus und Stein, Chemiker an der Universität Göttingen, die von ihm angegebene Summenformel (C44H70O14) zu C41H64O13.[13] Und auch der nach zahlreichen Umkristallisationen gefundene Schmelzpunkt des Digitoxins von 252 °C wurde 1941 von Küssner, der in der Forschungsabteilung von Merck in Darmstadt arbeitete, nochmals nach oben korrigiert. Der Schmelzpunkt der reinen Digitoxins beträgt 262 °C.[7] Die Ausbeute nach der aufwändigen Reinigung betrug lediglich 100 mg aus 1 kg Digitalisblättern. In der Folge bestanden selbst die Arzneibücher nicht darauf, dass das Digitoxin zur medizinischen Verwendung rein sein solle. Ein Gehalt von bis zu 5 % Nebenglykosiden wurde erlaubt.
Angesichts dieser historischen Schwierigkeiten - und eingedenk der Warnung Cloettas - wurde bei den im folgenden beschriebenen Versuchen zur Isolierung von Digitoxin ein bescheidenes Ziel gesetzt. Es wurde ein Präparat angestrebt, das überwiegend aus Digitoxin bestehen sollte. Letzteres lässt sich glücklicherweise recht einfach auf dünnschichtchromatographischem Wege überprüfen.
Material/Geräte:
Kaffeemühle, Kunststoffschale, 1000 ml-Rundkoben, 500 ml-Schliffstopfenglas, Perkolator, Rückflußkühler, Magnetheizrührer, Messzylinder 50 und 100 ml, Rundkolben 500 ml, Anlage zur Saugfiltration mit Nutschen verschiedener Größe, Destillationsapparatur mit Gegenstromkühler, Scheidetrichter 500 ml und 100 ml, diverse Kolben und Bechergläser verschiedener Größe, DC-Folien (Kieselgel G60), Sprühvorrichtung, UV-Lampe
Chemikalien:
Digitalisblätter
Ethanol 96 %
Blei(II)-oxid
Essigsäure
Chloroform
Petrolether
Natriumcarbonat
Natriumsulfat, wasserfrei
Eisensulfid
Schwefelsäure (25 % und conc.)
Ethylacetat
Methanol
Natronlauge 2N
Eisen(III)-chloridlösung 10 %
3,5-Dinitrobenzoesäure
Chloramin T
Trichloressigsäure
Digitoxin
Sicherheitshinweise:
Digitoxin ist stark giftig (dosis letalis ab 2 mg)! Die Resorption durch die intakte Haut ist zwar nahezu null, dennoch ist beim Umgang mit den konzentrierten Chloroformextrakten große Vorsicht geboten.
Versuchsdurchführung:
Die als Ausgangsmaterial dienenden Fingerhutblätter werden zur Blütezeit der Pflanze im Juni und Juli gesammelt. Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea L.) wurde früher zu den Braunwurzgewächsen (Scrofulariaceae ) gezählt, neuere genetische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass er in die Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) gehört. Er ist in Westeuropa von Skandinavien und den britischen Inseln bis zur iberischen Halbinsel heimisch und findet sich in Deutschland, vor allem in den Mittelgebirgen wie im Schwarzwald oder im Harz, bereits an der östlichen Grenze seines Verbreitungsgebietes. Inzwischen ist er auf dem amerikanischen Kontinent eingeführt worden (der Verfasser hat die Pflanze in den Anden Südamerikas gesehen). Besonders in Waldlichtungen oder nach Rodung tritt er häufig in großer Zahl auf. Auf kalkhaltigen Böden fehlt er.
Abb.: roter Fingerhut auf einem Kahlschlag
Die Pflanze ist zweijährig. Im ersten Jahr bildet sie eine Blattrosette, aus der sich im zweiten Jahr ein 50-100 cm hoher Stängel erhebt, der die einseitswendigen, purpurroten Blüten trägt (es gibt selten rosa- oder sogar weißblütige Spielarten), die in ihrem inneren dunkel gepunktet sind. Der rote Fingerhut ist unverwechselbar, in der europäischen Flora gibt es keine Pflanze, die ihm ähnelt.
Abb. Digitalis purpurea in Blüte
Für die Extraktion wurden 500 g frische Blätter gesammelt, mit dem Messer grob zerschnitten und dann in einer elektrischen Kaffeemühle zerkleinert. Die erhaltene Masse wurde mit etwas lauwarmem Wasser zu einem dicken Brei angerührt, für 6 Stunden im Brutschrank bei 37 °C fermentiert und danach zum Trocknen auf flachen Kunststofftabletts ausgebreitet. Die trockene Blättermasse wurde erneut zerkleinert, durch ein Sieb geschlagen (Sieb Nr. 3 nach DAB 7, Maschenweite 2 mm) und das erhaltene Blätterpulver im Exsikkator aufbewahrt. Erhalten wurden 100 g getrocknete, fermentierte Droge.
Abb: Zerkleinerung und Fermentation von Digitalisblättern, getrocknetes Blätterpulver
Herstellung von basischer Bleiacetatlösung DAB 6 (alternativ):
In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben werden 9,05 ml Eisessig mit Wasser auf 100 ml aufgefüllt und darin 27,65 g Blei(II)-oxid verrührt. Unter leichter Erwärmung hellt sich die Farbe der anfangs gelbbraunen Mischung immer mehr auf. Nach 24 Stunden ist nur noch ein geringer weißer Bodensatz übrig, von dem der klare Überstand abgegossen wird. Der Rest wird klar filtriert und die Lösungen vereinigt. (Die Rezeptur entspricht in ihrer Zusammensetzung dem Liquor Plumbi subacetici DAB6, dessen Darstellung hier beschrieben ist.)
1. Extraktion:
Die gepulverten Blätter wurden zunächst in einem 500 ml-Schliffstopfenglas mit 400 ml Benzin (Waschbenzin, Baumarkt) übergossen, eine Woche stehen gelassen, das Lösungsmittel abgegossen, weitere 300 ml Benzin aufgegossen und erneut stehen gelassen. Schließlich wurde die Masse in einen Perkolator gegeben und das Lösungsmittel von oben her durch 250 ml Petrolether verdrängt. Die Blättermasse wurde abtropfen gelassen und im Freien getrocknet.
Abb.: Perkolation mit Petrolether
Nun wurde das entfettete Blätterpulver mit 500 ml Ethanol 80 % übergossen, 24 Stunden mazerieren gelassen, dann 1 Stunde im Wasserbad unter Rückflußkühlung ausgekocht und nach dem Abkühlen die alkoholische Tinktur auf einer großen Nutsche abgesaugt (400 ml Tinktur I, dunkel braungrün gefärbt). Der Rückstand wurde erneut mit 500 ml Ethanol 80 % wie vorher extrahiert (450 ml Tinktur II, dunkelgrün gefärbt). Eine DC-Analyse zeigte, dass der Löwenanteil der Glykoside in Extrakt I vorhanden war. Tinktur II wurde daher verwendet, um die Methode der Isolierung auszuarbeiten, die dann auf Tinktur I angewandt wurde. An verschiedenen Stellen des Prozesses wurden Proben für eine DC (siehe unter Punkt 4) entnommen, um zu prüfen, ob die Trennung der Glykoside wie gewünscht erreicht worden war (Anm. 1). Aus Tinktur II wurden 65 mg Rohglykosidgemisch erhalten.
Abb.: Auskochen der Digitalisblätter und Absaugen der ethanolischen Tinktur
2. Abtrennung der Rohglykoside:
Die dunkel-braungrüne Tinktur I wurde im Wasserbad destillativ auf ca. 150 ml eingeengt und dann zu der heißen Flüssigkeit unter Rühren portionsweise 100 ml Bleisubacetatlösung zugefügt (Anm. 2). Es entstand ein voluminöser grünbrauner Niederschlag. Nach Stehenlassen über Nacht wurde der braunrote Überstand abgegossen, der breiige Niederschlag in zwei Portionen abgesaugt (jeweils mit 20 ml Ethanol 40% nachgewaschen) und die Filtrate vereinigt. Die Flüssigkeit wurde dann auf dem siedenden Wasserbad noch etwas eingeengt, wobei sich erneut ein leichter Niederschlag bildete, abkühlen gelassen und abgesaugt.
Abb.: Fällen mit Bleiessig, absitzen lassen und Absaugen des Niederschlages
Die klare, braune Flüssigkeit (etwa 200 ml) wurde dann in einem großen Scheidetrichter dreimal mit einem Gemisch aus je 50 ml Chloroform + 1 ml Ethanol 96% ausgeschüttelt. Die Trennung der Phasen trat binnen 8-10 Minuten glatt ein. Die erste Ausschüttelung war goldgelb, die zweite hellgelb, die dritte fast gar nicht mehr gefärbt. (Anm. 3)
Abb.: Ausschütteln mit Chloroform
Die vereinigten Chloroformextrakte wurden dann zweimal mit einer 5%igen Lösung von Natriumcarbonat ausgeschüttelt. Die Trennung dauerte hier deutlich länger (15-20 Minuten). Die Wässrige Phase färbte sich hell rotbraun, während die organische Phase sich etwas im Farbton aufhellte. Nach dem Ablassen war die Chloroformphase goldgelb gefärbt. Sie wurde durch Schütteln mit Natriumsulfat entwässert. Danach zeigte sie eine feine Trübung, deren Beseitigung langwierig war, da sie sich auch durch Abnutschen über einen G4-Glasfiltertiegel nicht beseitigen ließ. Die Chloroformlösung wurde mehrere Tage ruhig stehen gelassen. Dabei setzte sich die anfängliche Trübung nicht nur am Boden, sondern auch an der Oberfläche der Flüssigkeit ab, so dass die mittlere, klare Schicht mit Hilfe einer großen Vollpipette abgesaugt wurde. Der Rest wurde in ein kleines Gefäß abgegossen, wieder stehen gelassen, abpipettiert und die letzten Anteile durch Zentrifugieren geklärt.
Abb.: Waschen der Chloroformausschüttelung mit Natriumcarbonatlösung
Abb. Klären der Chloroformausschüttelung
Die vereinigten, getrockneten und geklärten Chloroformauszüge wurden dann im Wasserbad destillativ auf ca. 3-4 ml eingeengt, nach dem Abkühlen in ein kleines Becherglas abpipettiert und der Kolben zweimal mit je 1,5 ml Chloroform nachgewaschen, das ebenfalls abpipettiert wurde. Die konzentrierte Lösung (ca. 6 ml) wurde dann unter Rühren mit insgesamt 30 ml Petrolether versetzt. Die Mischung trübe sich rasch ein und es bildete sich ein zunächst klebriger, brauner Niederschlag, der im weiteren Verlauf feinpulvrig und hellbraun wurde. Nach einer Viertelstunde wurde über eine Glasfritte G4 abgesaugt und mit etwas Petrolether nachgewaschen. Der Rückstand wurde an der Luft getrocknet.
Abb.: Einengen des Chloroformauszuges
Abb.: Fällen mit Petrolether
Abb: Rohprodukt
Das Rohglykosidgemisch stellt ein amorphes, beigebraunes Pulver von extrem bitterem Geschmack dar (ich habe es nicht gekostet - das Einatmen des beim Umschütten aufgewirbelten Staubes genügte bereits!). Erhalten wurden 340 mg.
3. Reinigung des Rohglykosidgemisches:
Das Rohprodukt wurde in 20 ml Ethanol 50 % gelöst. Die resultierende rotbraune Lösung wurde in ein heißes Wasserbad gestellt und mit 1,5 ml Bleiessig versetzt. Ein dichter hellbrauner Niederschlag fiel aus, der nach 10 Minuten abgesaugt wurde, was ziemlich glatt ging. Nach Nachwaschen mit 2 x 5 ml Ethanol 50% wurde das Filtrat durch Einleiten von Schwefelwasserstoff (aus Eisensulfid und Schwefelsäure entwickelt) über 10 Minuten im heißen Wasserbad entbleit und danach weiter 10 Minuten im heißen WB stehen gelassen. Es wurde vom Bleisulfid abgesaugt und erneut mit 5 ml Ethanol 50% nachgewaschen. Das Filtrat war jetzt klar aber noch hell gelb gefärbt. Es wurde mit Wasser auf 35 ml aufgefüllt und nach Zusatz von 3 Tropfen Ammoniaklösung (danach pH 9) dreimal mit 25 ml Chloroform ausgeschüttelt. Die Phasentrennung erfolgte diesmal relativ rasch (nach 10 Min wurde abgelassen) Die erste Chloroformphase färbte sich gelb, die weiteren waren praktisch farblos, alle waren deutlich trübe. Nach Schütteln mit wasserfreiem Natriumsulfat klärten sie sich weitgehend. Eine restliche Trübung bestand offenbar aus suspendiertem Feststoff und wurde über Nacht absitzen gelassen. Der klare Überstand wurde abgegossen und der Bodesatz durch ein Filter gegossen. Die klare Lösung wurde destillativ auf 3 ml eingeengt, aus dem Kolben in ein Bechergläschen pipettiert, der Kolben zweimal mit 1 ml Chloroform nachgewaschen und die Chloroformlösung durch Zutropfen von 30 ml Petrolether gefällt. Auch hier fiel das Produkt zunächst klebrig aus und wurde im weiteren Verlauf fest und zerteilte sich. Zuletzt wurde der Überstand abgegossen, der Niederschlag mit Ether aufgeschlämmt, abfiltriert, auf dem Filter mit Ether gewaschen und getrocknet.
Abb.: Lösung der Rohglykoside
Abb: Fällen mit Bleiessig
Abb.: Klären des Filtrates mit H2S
Abb.: Lösung der Rohglykoside nach Klärung
Abb: Ausschütteln mit Chloroform
Abb.: Fällung der Glykoside mit Petrolether
Abb: gereinigtes Präparat
Erhalten: 140 mg Glykoside als hell-cremefarbenes Pulver
4. Analyse der Präparate:
4.1. Keller-Kiliani-Reaktion:
Eine Spur Glykosid wird in 1 ml Eisessig, dem auf 10 ml 100 µl einer 10%igen Eisen(III)-chloridlösung zugesetzt sind, gelöst und im Reagenzglas mit 1 ml konzentrierter Schwefelsäure unterschichtet. Die an der Flüssigkeitsgrenze auftretende Farbe sowie die etwas später sich ausbildende Färbung der oberen Schicht werden beobachtet.
[Bild folgt]
Abb: Keller-Kiliani-Reaktion mit Digitoxin, Rohglykosidpräparat und gereinigtem Glykosidgemisch (v.l.n.r.)
4.2 Dünnschichtchromatographie:
Zur DC wurde das übliche Fließmittel, bestehend aus Ethylacetat 10 ml + Methanol 1,3 ml + Wasser 1,0 ml, verwendet. Die Entwicklung einer 10 cm-Folie bei Kammersättigung dauert etwa 20 Minuten.
Als Vergleichslösung wurde ein Gesamtglykosidextrakt aus nicht-fermentierten Fingerhutblättern folgendermaßen hergestellt: Fingerhutblätter wurden nach der Ernte 3 Minuten im Backofen auf 80°C erhitzt, dann getrocknet und gemahlen. 0,5 g davon wurden mit 10 ml Ethanol 60% für 5 Minuten gekocht, dann 3 ml Bleisubacetatlösung zugegeben, abzentrifugiert und der klare, hellgelbe Überstand dreimal mit 5 ml ethanolhaltigem Chloroform ausgeschüttelt (Trennung der Phasen sehr langsam!). Die vereinigten Chloroformauszüge wurden mit Natriumsulfat entwässert, das Lösungsmittel auf dem Wasserbad abdestilliert und der Rückstand in 1 ml Chloroform aufgenommen (= Nativextrakt)
Auch aus Proben der Tinkturen I und II wurden die Glykoside extrahiert, indem 10 ml derselben im Wasserbad auf 5 ml eingedampft und mit 1,5 ml Bleisubacetatlösung gefällt wurden. Das Filtrat wurde dreimal mit 3 ml Chloroform ausgeschüttelt, die Extrakte wie oben entwässert, eingedampft und in 1 ml Chloroform aufgenommen (= Extrakt Tinktur I resp. II)
Vom Rohprodukt und dem gereinigten Produkt wurden 3 mg in je 1 ml Chloroform gelöst.
Weiter wurde als Referenz eine Lösung von 0,4 mg Digitoxin (Merck) in 0,2 ml Chloroform mitlaufen gelassen.
Zur Detektion diente einmal das Kedde-Reagenz (300 mg 3,5-Dinitrobenzoesäure in 10,0 ml Ethanol 96% lösen und kurz vor Verwendung mit dem gleichen Volumen 2 N Natronlauge mischen), das die Glykoside rotviolett anfärbt.
Abb. (v.l.n.r): Digitoxin-Referenz – Tinktur I – Tinktur II – Digoxin-Referenz
Man erkennt die Identität des dunkelvioletten Hauptspots (etwa Rf 0,55 - 0,6) mit dem Digitoxin. In den Digitalisauszügen liegt direkt darunter der deutliche Spot des Gitoxins, während das Digoxin (das Glykosid aus Digitalis lanata) zwischen diesen beiden Spots läuft. Deutlich erkennbar ist der Löwenanteil der Glykoside in dem ersten Extrakt enthalten.
Abb. (v.l.n.r): Digitalis purpurea-Nativextrakt – Rohglykosidgemisch – gereinigtes Glykosidgemisch
Man erkennt im Nativextrakt ganz unten die Purpureaglykoside A und B, die sich in den Präparaten nicht mehr finden, da sie durch die Vorbehandlung enzymatisch gepalten wurden. Zwischen diesem und dem Digitoxin bzw. Gitoxin liegen weitere Spots, die vermutlich den Glykosiden des Gitaloxigenintyps sowie nicht-herzwirksamen Steroidglykosiden (sogen. Digitanolglykosiden) zuzuordnen sind. Sowohl das Rohpräparat als auch das gereinigte Präparat enthalten mehrere Glykoside, eine Änderung der prozentualen Zusammensetzung ist durch den Reinigungsprozess nicht eingetreten.
Eine weitere Möglichkeit zur Detektion von Cardenoliden ist folgende: die DC-Folie wird mit einem Gemisch aus 4 ml 20%ger ethanolische Trichloressigsäurelösung und 1 ml 3%iger Chloramin T-lösung besprüht (die Lösungen müssen frisch bereitet werden und sind nicht haltbar), ein leichter Überschuss abgetupft und die Folie im Trockenschrank für 5-8 Minuten auf 100-105°C erhitzt. Dann wird sie im langwelligen UV (365 nm) betrachtet. Die Glykoside heben sich als fluoreszierende Flecke hervor.
Abb. (v.l.n.r): Digitalis purpurea-Nativextrakt – Rohglykosidgemisch – gereinigtes Glykosidgemisch; Detektion mit Fluoreszenz
Der gelblich fluoreszierende Hauptspot ist Digitoxin, während das direkt darunter laufende Gitoxin bläulich fluoresziert. Am unteren Ende der Spots im Nativextrakt finden sich die Vorstufen dieser Glykoside, nämlich das Prupureaglykosid B (ganz unten) und A (direkt darüber).
Um den Anteil der Begleitglykoside abschätzen zu können, wurde die Lösung des aufgereinigten Präparaten 1+4 mit Chloroform verdünnt und die verdünnte Lösung abermals 1+1, so dass in der ersten Verdünnung 20% und in der zweiten 10% der initialen Glykosidkonzentration vorlag. Dann wurden je 3 µl der Lösungen chromatographiert:
Abb. (v.l.n.r.): gereinigtes Präparat – davon 20%ige Verdünnung – 10%ige Verdünnung
Die Intensität des Digitoxin-Spots in der mittleren Reihe entspricht etwa der des Gitoxins in der ersten Reihe, das deutlich kräftiger angefärbt ist, als das Digitoxin in der dritten Reihe, Der Gitoxin-Anteil im Präparat liegt also bei etwa 20%.
Anmerkungen:
1. Dabei wurde gefunden, dass die mit Bleisubacetat erhaltene Fällung keine Glykoside mitreißt, dass bei der alkalischen Ausschüttelung der Chloroformextrakte kein Verlust an Glykosid eintritt, und dass Petrolether zur Fällung der Glykoside aus der Chloroformlösung viel besser geeignet ist, als Diethylether.
2. Die extrahierten wässrig-ethanolischen Auszüge enthalten, wie sich bei der Entsorgung herausstellte, noch große Mengen freie Bleisalze, so dass man für die Fällung der Begleitstoffe vermutlich mit deutlich weniger Bleisubacetalösung auskommen kann.
3. Eine DC-Analyse zeigte später, dass die dritte Phase noch deutliche Mengen an Glykosiden enthielt, so dass evtl. eine vierte Ausschüttelung lohnend gewesen wäre.
Entsorgung:
1. Die Waschbenzinauszüge werden mit den halogenfreien Lösungsmitteln entsorgt, sofern man das Benzin nicht durch Destillation wiedergewinnen (und sich dabei den Destillationskolben stark verschmutzen) will.
2. Die nach der Ausschüttelung mit Chloroform zurückbleibenden, bleihaltigen Pflanzenauszüge werden mit di-Natriumhydrogenphosphatlösung im Überschuss versetzt, das ausfallende Bleiphosphat abgenutscht und zusammen mit den abgesaugten, bleihaltigen Fällungen zum Schwermetallabfall gegeben. Das bleifreie Filtrat wird ins Abwasser gegeben.
3. Das beim Einengen der Extrakte abdestillierte Chloroform enthält noch Ethanol. Es wird zweimal mit Wasser und dann zweimal mit gesättigter Calciumchloridlösung ausgeschüttelt, mit Natriumsulfat getrocknet und redestilliert.
4. Das Präparat wird evtl. über das Abwasser entsorgt.
Erklärungen:
Die herzwirksamen Glykoside lassen sich in zwei Gruppen einteilen, Cardenolide und Bufadienolide. Die Grundstruktur des Aglykons ist ein Steroidgerüst, in dem die beiden mittleren Ringe trans-, der erste und der letzte hingegen cis-verknüpft sind, mit einer -β-OH-Gruppe an Position 14. Fehlt die OH-Gruppe, oder sind die endständigen Ringe trans-verknüpft, so verschwindet die Wirkung auf das Herz. Essentiell ist weiter - ebenfalls in β-Stellung - ein ungesättigter Lactonring an Position 17. Handelt es dabei sich um einen fünfgliedrigen Ring (γ-Lactonring) so liegt ein Cardenolid vor, ist der Lactonring sechsgliedrig (δ-Lactonring), so handelt es sich um ein Bufadienolid. Während die Bufadienolide zuerst im Sekret der europäischen Erdkröte (Bufo bufo L.) identifiziert wurden, jedoch auch in Pflanzen wie der eingangs erwähnten Meerzwiebel (Urginea maritima) vorkommen, sind Cardenolide bislang ausschließlich im Pflanzenreich gefunden worden. Über die -β-OH-Gruppe an C3 werden die Aglykone an Zuckerreste gebunden und es resultieren die Glykoside. Über 500 von ihnen sind heute bekannt.[2]
Die Blätter von Digitalis purpurea enthalten im nativen Zustand nur wenig Digitoxin. Die nativen Digitalisglykoside wurden 1935 isoliert und als Purpureaglykosid A und B bezeichnet.[12] Sie unterscheiden sich von ihren Folgeglykosiden - Digitoxin und Gitoxin - durch ein zusätzliches Glukosemolekül am Ende der Zuckerkette, die bei beiden aus drei Molekülen Digitoxose besteht. Teilweise bereits beim Trocknen, vollständiger bei der Inkubation des zerkleinerten, frischen Pflanzenmaterials in der Wärme, wird die Glukose abgespalten und es resultieren die sekundären Glykoside. Daher wurde oben vor der Extraktion eine Fermentation durchgeführt, während zur Herstellung der Vergleichslösung die Digitalisblätter zunächst erhitzt wurden, um die Enzyme zu inaktivieren (wie die DC zeigt, enthielten sie trotzdem eine deutliche Menge Digitoxin).
Die Vorextraktion mit Petrolether sollte einen Teil der lipohilen Blattfarbstoffen ausziehen, was jedoch nur sehr unvollständig gelang. Die Abtrennung der Glykoside von den anderen Begleitstoffen (Proteinen, Anthocyanen, Blattfarbstoffen, Polyphenolen etc.) geschieht wie üblich durch Fällung der letzteren mit Bleisalzen. Da sich die Digitalisglykoside mit Chloroform ausschütteln lassen, ist eine Abtrennung des überschüssigen Bleis – welche die Zugabe größerer Mengen Fällungsmittel erfordert hätte - nicht unbedingt notwendig. Das stark gefärbte Rohprodukt enthält dennoch noch einen deutlichen Anteil fällbare Begleitstoffe, die in einem zweiten Durchgang (zum größten Teil) abgetrennt werden. Die DC zeigt, dass diese Aufreinigung auf die Glykosidfraktionen gar keine Auswirkung hat. Um das Digitoxin von seinen Begleitglykosiden - vor allem dem Gitoxin, das in meinem Präparat ca. 20% ausmacht - zu trennen, wären mehrere Kristallisationen aus alkalischer wässrig-ethanolischer Lösung nötig, für die mir nicht genügend Material zur Verfügung stand. In der großtechnischen Herstellung erfolgt die Trennung mit Hilfe der Gegenstromverteilungschromatographie.
Digitoxin (C41H64O13) kristallisiert ohne Kristallwasser und schmilzt erst bei 260-262 °C. Die Löslichkeit der reinen Substanz in Chloroform beträgt nur 1:92. Schon bei Verunreinigung mit kleinen Anteilen Gitoxin nimmt die Löslichkeit jedoch stark zu. Bei einem Gehalt von 0,6 % beträgt sie 1:67, bei 2,3 % dann 1:62. Ebenso ist mit Wasser gesättigtes Chloroform (wie es bei den Ausschüttelungen vorliegt) ein besseres Lösungsmittel (1:40) als reines Chloroform, und eine Beimischung von 1,5 % Ethanol steigert das Lösungsvermögen weiter auf 1:20.[8] Daher wird zur Ausschüttelung mit Ethanol versetztes Chloroform verwendet.
Die Reaktion nach Keller und Kiliani [3,5] ist in ihren Einzelheiten offenbar nicht aufgeklärt. Sie wurde lange Zeit als Reinheitsprüfung von Digitoxin verwendet. Reines Digitoxin gibt dabei einen braunen Ring der an seiner oberen Grenze (zur Essigsäure hin) eine blaue Zone ausbildet, die später in die Eisenchlorid-Essigsäure hineindiffundiert und dieser eine grüne Farbe erteilt. Die Färbung an der Grenze zur Schwefelsäure ist durch das Aglykon, diejenige der Essigsäure durch die Zuckerkomponente bedingt. Gitoxin enthält zwar ebenfalls Digitoxose (Blaufärbung der Essigsäure) gibt aber einen purpurroten Ring. Die Forderung der älteren Arzneibücher war daher, dass an der Grenze zur Schwefelsäure keine rote Färbung auftreten dürfe – was als Reinheitskriterium natürlich ein ziemlich grobes ist.
Der allen Herzglykosiden gemeinsame Wirkmechanismus besteht in einer konzentrationsabhängigen Hemmung der Natrium-Kalium-ATPase, eines Enzyms, das an Zellmembranen Natrium gegen Kalium austauscht und somit die Natriumkonzentration im Inneren der Zelle begrenzt. Die erhöhte intrazelluläre Natriumkonzentration bewirkt indirekt einen Austausch von Natrium gegen Calcium, so dass die intrazelluläre Calciumkonzentration ebenfalls steigt. Die erhöhte Verfügbarkeit von intrazellulärem Calcium führt schließlich ihrerseits zu einer verstärkten Kontraktion der Myofibrillen in den Herzmuskelzellen und somit zu einer Verbesserung der Pumpleistung des Herzmuskels. Herzglykoside sind damit positiv inotrope, die Auswurfleistung des Herzens erhöhende, Pharmaka - übrigens trotz ihrer geringen therapeutischen Breite bis heute diejenigen mit dem günstigsten Nutzen-Risiko-Verhältnis! Alle später (synthetisch) hergestellten positiv inotropen Substanzen erwiesen sich ihnen als unterlegen. Daneben haben sie eine Wirkung auf das autonome Nervensystem, indem sie den Vagustonus erhöhen und dadurch die Herzfrequenz senken (negativ chronotrope Wirkung). Diese beiden Wirkungen sind bei dekompensierter Herzinsuffizienz günstig, weil letztere häufig mit einem beschleunigten, arrhythmischen Herzschlag (Vorhofflimmern) einhergeht.
Bei regelmäßiger Einnahme kumuliert Digitoxin im Körper, was in Zahlen bedeutet, dass von einer eingenommenen Dosis praktisch 100 % resorbiert, binnen 24 Stunden aber nur 7-8 % wieder ausgeschieden resp. abgebaut werden (Abklingquote). Die Halbwertszeit beträgt rund 7 Tage! Damit eine physiologische Wirkung eintritt, muss bei einem durchschnittlichen Erwachsenen etwa 1 mg Digitoxin im Körper vorhanden sein (sogen. Vollwirkdosis). Bei täglicher Einnahme von 0,1 mg ist diese Menge nach etwa 15 Tagen erreicht, ein stabiler Spiegel hat sich nach gut 4 Wochen etabliert. Man gibt daher initial höhere Dosen (0,3-0,4 mg pro Tag) und geht nach einigen Tagen auf die Erhaltungsdosis (um 0,07 mg/Tag) zurück. Toxische Effekte treten bereits ab einem Körperbestand von 1,7 mg auf, so dass die therapeutische Breite - der Abstand zwischen therapeutischer und toxischer Dosis - der Substanz sehr gering ist. Diese pharmakokinetischen Eigenschaften bereiteten den Ärzten bei der Anwendung der Digitalis anfangs erhebliche Probleme, und erst allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass kleine Dosen zum Zustandekommen und Erhalt der Wirkung völlig ausreichend sind. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sogar monoklonale Antikörper entwickelt, die als Antidot bei Überdosierung gegeben werden konnten. Aber da waren ernsthafte Digitalisintoxikation bereits äußerst selten geworden – der Verfasser dieser Zeilen hat in seinem Berufsleben (welches 1992 begann) nie eine erlebt.
Dennoch: mit der Entwicklung neuer Arzneimittel und der Eröffnung neuer Therapieansätze begannen die Cardenolide am Ende des letzten Jahrhunderts an Bedeutung zu verlieren. Lautete in den 80er Jahren die Formel zur Behandlung der Herzinsuffizienz noch “Digitalis und Diuretika“, etablierten sich in den 90ern bereits ACE-Hemmer und Betablocker als Standardtherapie und später kamen weitere Wirkstoffe hinzu, zuletzt die eigentlich als Diabetesmittel erfundenen SGLT-2-Hemmer. Digitalisglykoside sind heute Reservemedikamente für eng umschriebene Indikationen und werden immer seltener eingesetzt. Und es gibt zunehmend weniger Präparate auf dem Markt. Sogar die Firma Merck gab 2023 bekannt, die Produktion und den Vertrieb des traditionsreichen Präparates Digimerck® einzustellen. “TIME will fix the real value upon this discovery“ hatte Withering geschrieben. Es bleibt abzuwarten ob “die Digitalis“, einst eine Revolution in der Herztherapie, auch in Zukunft noch einen Platz im Arzneischatz behalten wird.
Literatur:
1. Cloetta, Max: Zur Kenntnis der Chemie und Pharmakologie des Digitoxins und seiner Spaltungsprodukte; Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 88 (1920): 113 – 157
2. Dingermann Theo et al: Schneider – Arzneidrogen; 5. Auflag 2004, Spektrum akademischer Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-8274-2765-6
3. Keller, Carl Caspar: Über Digitalinreaktionen und den Nachweis des Digitoxins in Digitalispräparaten; Berichte der deutschen pharmaceutischen Gesellschaft 5 (1895) : 275 - 286
4. Kiliani, Heinrich: Ueber ß-Digitoxin; Archiv der Pharmazie 233 (1895): 311 – 320
5. Kiliani, Heinrich: Ueber den Nachweis der Digitalis-Glycoside und ihrer Spaltungsproducte durch eisenhaltige Schwefelsäure; Archiv der Pharmazie 234 (1896): 273 - 277
6. Kiliani, Ueber Digitoxin - Arch. der Pharmazie 234 (1896): 481 - 489
7. Küssner, W: Über Digitoxin; Archiv der Pharmazie 279 (1941): 41 – 44
8. Küssner, W: Über die Prüfung des Digitoxins; Archiv der Pharmazie 288 (1955): 284 – 298
9. Nativelle, Claude-Adolphe: Sur la digitaline cristallisée; Journal de Pharmacie et de Chimie, IV. série Tom. IX (1869): 255 – 262
10. Neuwald, Fritz: The Photometric Assay of Digitoxin by the Baljet Reaction; Journal of the American Pharmaceutical Association 39 (1950): 172 - 174
11. Schmiedeberg, Oswald: Untersuchungen über die pharmakologisch wirksamen Bestandtheile der Digitalis purpurea L.; Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 3 (1874): 16 – 43
12. Stoll, Arthur und Kreis, Walter: Genuine Glykoside der Digitalis purpurea, die Purpureaglucoside A und B; Helvetica Chimica Acta 18 (1935): 120 – 141
13. Windaus A und Stein G: Über die Formel des Digitoxins; Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 61 (1928): 2436 – 2440
14. Withering, William: An account of the foxglove and some of its medical uses; Birmingham 1785; (online verfügbar)
Digitoxin ist der Prototyp eines Herzglykosides, genauer gesagt, eines Cardenolids. Cardenolide haben in der Medizin in den letzten 200 Jahren eine herausragende Rolle gespielt. Jetzt geht ihre Ära allmählich zu Ende. Dieser Artikel befasst sich mit der Isolierung des Digitoxins aus seiner Stammpflanze, dem roten Fingerhut (Digitalis purpurea L.), die eine Herausforderung darstellt, indem das Glykosid nur in relativ geringen Mengen und mit zahlreichen Begleitstoffen darin vorkommt.
historische Einleitung:
Im Gegensatz zu vielen anderen Pflanzen, die “seit Menschengedenken“ wegen ihrer physiologischen Wirkungen heilkundlich genutzt wurden, ist die Therapie mit Herzglykosiddrogen erst seit etwa 250 Jahren belegt. Auffallenderweise wurde über den Fingerhut in Europa von den klassischen Autoren - Plinius im Altertum, Leonard Fuchs mit Mittelalter – keine Nutzanwendungen berichtet, wenn man von gelegentlicher Anwendung zu äußeren Umschlägen absieht. Das liegt sehr wahrscheinlich an der geringen therapeutischen Breite und der hohen Kumulation seiner Wirkstoffe im Körper – anders ausgedrückt: es kommt sehr leicht zu bedrohlichen Vergiftungen. Auch in anderen Weltgegenden wurden Cardenolide zwar als Pfeilgifte, nicht aber zu Heilzwecken, eingesetzt, so in Afrika die Strophanthusglykoside, oder in Asien das Antiarin des Upasbaumes. Einzige Ausnahme bildet die Meerzwiebel (Urginea maritima), deren Anwendung als “harntreibendes“ Mittel - in Wirklichkeit wirkt auch sie auf das Herz - schon im Altertum beschrieben wurde. Allerdings enthält die Meerzwiebel keine Cardenolide sondern Bufadienolide, die viel weniger stark akkumulieren (zur Unterscheidung siehe unten).
Die medizinische Welt wurde auf die Herzglykoside gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufmerksam. Im Jahre 1785 publizierte der englische Arzt William Withering (1741-1799) ein kleines Buch, das heute noch lesenswert ist, weil es den Übergang von der spekulativen, von theoretischen Annahmen geleiteten Medizin der klassischen Säftelehre zur empirischen, naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin markiert. In seinem “Bericht über den Fingerhut und einige seiner medizinischen Anwendungen“ trägt Withering akribisch Fallgeschichten aus 10 Jahren zusammen und zieht daraus Schlüsse für die ärztliche Praxis.[14] Die Schrift ist bemerkenswert, weil sie ausdrücklich nicht nur Erfolgsgeschichten erzählt, sondern auch Fehlschläge berichtet werden. Am Ende des Vorworts seiner Monographie schreibt der Verfasser:
“After all, in spite of opinion, prejudice and error, TIME will fix the real value upon this discovery, and determine wether I have imposed upon my self and others, or contributed to the benefits of science and mankind.“ [14]
Vielleicht hat genau diese differenzierte Darstellung, und die fehlende Werbung für die neue Therapie dazu geführt, dass der Fingerhut in Europa erst etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts in größerem Umfang eingesetzt wurde. Einen wesentlichen Anteil daran hatte die Entdeckung des Arztes Friedrich Ludwig Kreysig (1770–1839) in Sachsen, dass die Pflanze nicht primär – wie Withering angenommen hatte – harntreibend ist, sondern dass sie auf das Herz wirkt. Sie war das erste spezifisch herzwirksame Medikament, das der Medizin zur Verfügung stand, und die Vertreter der “experimentellen Pathologie“ – die Pharmakologie etablierte sich als Fach erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts – machten sich daran, sie systematisch zu erforschen. Man sprach von der “Digitaliswirkung“ und subsummierte später alle medizinisch genutzten herzwirksamen Glykoside und ihre Stammdrogen als “Digitaloide“. Seither war in der Therapie nicht mehr vom Fingerhut, sondern von “der Digitalis“ die Rede, ja bis vor kurzem nannte man die Einleitung einer Behandlung mit Herzglykosiden noch “digitalisieren“!
Das 19. Jahrhundert, eingeläutet mit der Isolierung des Morphins durch Friedrich Wilhelm Sertürner (1783-1841) im Jahre 1805, war das Jahrhundert der Entdeckungen in der Pharmazie. Fieberhaft begannen Wissenschaftler (damals noch praktisch ausschließlich Männer) aller Herren Länder, sich auf die Suche nach Wirkstoffen in Pflanzen zu machen, und diese rein darzustellen. Dabei boten sich stark wirkende Drogen an, deren physiologische Wirkung sich in der Regel auf einen Hauptwirkstoff zurückführen und im Tier- oder immer wieder auch Selbst-Versuch leicht verifizieren ließ. Die weitaus meisten davon waren Alkaloide, wie das Morphin, das Chinin, das Atropin und viele andere. Dann fanden Justus von Liebig und Friedrich Wöhler, dass sich das aus den bitteren Mandeln isolierte Amygdalin in Glukose und Mandelsäurenitril spalten lässt, und nannten die Substanz ein “Glykosid“. Im Verlauf wurde rasch klar, dass Glykoside in der Natur weit verbreitet sind. Die meisten von ihnen sind Stickstoff-frei – wobei die cyanogenen Glykoside, wie das Amygdalin, die notorische Ausnahme darstellen.
Der für die Wirkung des Fingerhutes verantwortlichen Inhaltsstoff widersetzte sich lange allen Versuchen der Isolierung. Im Jahre 1865 setzte die belgische Akademie der Wissenschaften einen Preis auf die Reindarstellung des Wirkstoffes aus. Den Preis gewann über 10 Jahre später der französische Chemiker Claude-Adolphe Nativelle (1812-1889), der 1868 über die Darstellung einer Substanz berichtete, die er “Digitaline cristalisée“ nannte. [9] Einen Stoff in kristallisierter Form - und nicht etwa amorph - darzustellen, galt als wichtiges Kriterium der Reinheit. Wenig später aber wies Oswald Schmiedeberg (1838-1921), in Straßburg nach, dass Nativelles “Digitalin“ aus mehreren Substanzen bestand und isolierte daraus diejenige, die nach Tierversuchern der Träger der Wirkung war. Er gab ihr den Namen “Digitoxin“ und ließ seinen Assistenten Robert Koppe, der über die Pharmakologie des Präparates seine Promotionsarbeit machte, einen Selbstversuch durchführen. Der Proband schluckte 2 mg Digitoxin. Gemessen an den damals bekannten Alkaloiden wie Morphin, Atropin und Strychnin war das eine vertretbare Dosis - für ein Cardenolid ist sie aber viel zu hoch! Herr cand. med. Koppe erlitt “tagelang anhaltende Vergiftungserscheinungen“, und aus heutiger Sicht muss man ihm gratulieren, dass er seinen Selbstversuch überhaupt überlebte.[11]
Schmiedeberg unterliefen zwei Irrtümer im Zusammenhang der mit der Untersuchung des Digitoxins. Zum einen berichtete er:
“Beim Kochen mit verdünnter und concentrierter Salzsäure erhält man in der alkalisch gemachten wässrigen Flüssigkeit keine Reduktion von Kupferoxid, so dass das Digitoxin kein Glykosid ist.“ [11]
Wie dieser Befund zustande kam, lässt sich im Nachhinein kaum mehr erklären. Jedenfalls fand 1892 der in Freiburg i.Br. lehrende Chemiker Heinrich Kiliani (1855-1945), dass sich Digitoxin in ein Aglykon – das Digitoxigenin – und ein bis dahin unbekanntes Monosaccharid spalten lässt, das er “Digitoxose“ taufte, und dessen Struktur er 1895 aufklären konnte. Kiliani gab eine Methode zur Reinigung des Digitoxins und seiner Prüfung an, von dem er aus 100 g Blättermaterial ca. 100 mg gewinnen konnte.
Der andere Irrtum Schmiedebergs war, dass er das Digitoxin als für die therapeutische Anwendung ungeeignet ansah:
“Was die Verwerthung der hier mitgeteilten Thatsachen in praktischer Richtung betrifft, so lässt sich auf Grund derselben für die Anwendung der reinen Digitalisbestandtheile am Krankenbett wenigstens vorläufig kaum eine sehr günstige Zukunft vorraussagen. Am meisten würde sich für den praktischen Gebrauch das Digitoxin eignen … Allein die völlige Unlöslichkeit desselben in Wasser bringt zusammen mit den kleinen Quantitäten, die zur Hervorrufung der Arzneiwirkungen erforderlich sein würden, grosse Unregelmäßigkeiten in den Resorptionsverhältnissen hervor, so dass man kaum im Stande sein dürfte, die Stärke der Wirkung in der erforderlichen Weise zu regeln.“ [11]
Wie sich später herausstellte ist das Gegenteil der Fall: unpolare - wasserunlösliche - Pharmaka werden bei oraler Einnahme wesentlich besser resorbiert als polare, und die Resorptionsquote des Digitoxins liegt nahe bei 100 %. Aber dieser Irrtum tat der Reputation Schmeidebergs keinen Abbruch. Sein Institut in Straßburg wurde weltberühmt, und Generationen von Ärzten bewunderten ihn als Stammvater der Pharmakologie in Deutschland, wobei vor allem seine Verdienste um die Aufklärung der Digitaliswirkung betont wurden.
Die Schwierigkeiten mit dem Digitoxin gingen weiter. Unzählige Forscher hatten an ihm und seinem Aglykon Elementaranalysen durchgeführt, und jeder seine eigene (Summen-)Formel publiziert. Im Jahre 1920 monierte Max Cloetta (1868-1940), Chemiker in Zürich, dass auch das Schmiedeberg‘sche Digitoxin kein einheitlicher Stoff sei. Seine Publikation lässt die hohe Frustrationstoleranz erahnen, die die Digitalisforscher damals benötigten. Nachdem er seine Isolationsmethode dargestellt hat, schreibt Cloetta:
“Jeder, der die langsam und mit großer Regelmäßigkeit vor sich gehende schöne Kristallisation aus verdünnten Alkohol ansah, musste die Überzeugung einer absolut reinen und einheitlichen Substanz gewinnen. Umso größer war daher die Enttäuschung, als die Schmelzpunktbestimmungen der verschiedenen Präparate ganz variable Zahlen lieferten. “ [1]
und
“Es hat sich leider bei unseren Versuchen herausgestellt, dass das Auskristallisieren von Digitoxinkörpern durchaus keine Gewähr für deren Einheitlichkeit bietet, wie man sie bisher in der Digitalischemie angenommen hatte. Auch wir sind mehrmals monatelang in dieser Richtung arg getäuscht worden, und nur die stets wiederkehrenden kleinen Differenzen in den Elementaranalysen haben uns, wenn auch widerstrebend, auf den Gedanken gebracht, dass diese nach ihrer Herstellungsweise und kristallographisch stets identischen Produkte doch nicht einheitlich sein können. Ich hebe diese unangenehmen Erfahrungen speziell hervor zur Warnung für die, welche auf demselben Gebiete sich ebenfalls versuchen wollen, sowie auch zur antizipierten Entschuldigung für mich selber, falls trotz aller Vorsicht auch hier noch Fehler passiert sein sollten.“ [1]
Die “antizipierte Entschuldigung“ war weise, denn auch Cloettas Daten waren noch nicht ganz korrekt. Im Jahre 1928 korrigierten Windaus und Stein, Chemiker an der Universität Göttingen, die von ihm angegebene Summenformel (C44H70O14) zu C41H64O13.[13] Und auch der nach zahlreichen Umkristallisationen gefundene Schmelzpunkt des Digitoxins von 252 °C wurde 1941 von Küssner, der in der Forschungsabteilung von Merck in Darmstadt arbeitete, nochmals nach oben korrigiert. Der Schmelzpunkt der reinen Digitoxins beträgt 262 °C.[7] Die Ausbeute nach der aufwändigen Reinigung betrug lediglich 100 mg aus 1 kg Digitalisblättern. In der Folge bestanden selbst die Arzneibücher nicht darauf, dass das Digitoxin zur medizinischen Verwendung rein sein solle. Ein Gehalt von bis zu 5 % Nebenglykosiden wurde erlaubt.
Angesichts dieser historischen Schwierigkeiten - und eingedenk der Warnung Cloettas - wurde bei den im folgenden beschriebenen Versuchen zur Isolierung von Digitoxin ein bescheidenes Ziel gesetzt. Es wurde ein Präparat angestrebt, das überwiegend aus Digitoxin bestehen sollte. Letzteres lässt sich glücklicherweise recht einfach auf dünnschichtchromatographischem Wege überprüfen.
Material/Geräte:
Kaffeemühle, Kunststoffschale, 1000 ml-Rundkoben, 500 ml-Schliffstopfenglas, Perkolator, Rückflußkühler, Magnetheizrührer, Messzylinder 50 und 100 ml, Rundkolben 500 ml, Anlage zur Saugfiltration mit Nutschen verschiedener Größe, Destillationsapparatur mit Gegenstromkühler, Scheidetrichter 500 ml und 100 ml, diverse Kolben und Bechergläser verschiedener Größe, DC-Folien (Kieselgel G60), Sprühvorrichtung, UV-Lampe
Chemikalien:
Digitalisblätter
Ethanol 96 %
Blei(II)-oxid
Essigsäure
Chloroform
Petrolether
Natriumcarbonat
Natriumsulfat, wasserfrei
Eisensulfid
Schwefelsäure (25 % und conc.)
Ethylacetat
Methanol
Natronlauge 2N
Eisen(III)-chloridlösung 10 %
3,5-Dinitrobenzoesäure
Chloramin T
Trichloressigsäure
Digitoxin
Sicherheitshinweise:
Digitoxin ist stark giftig (dosis letalis ab 2 mg)! Die Resorption durch die intakte Haut ist zwar nahezu null, dennoch ist beim Umgang mit den konzentrierten Chloroformextrakten große Vorsicht geboten.
Versuchsdurchführung:
Die als Ausgangsmaterial dienenden Fingerhutblätter werden zur Blütezeit der Pflanze im Juni und Juli gesammelt. Der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea L.) wurde früher zu den Braunwurzgewächsen (Scrofulariaceae ) gezählt, neuere genetische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass er in die Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) gehört. Er ist in Westeuropa von Skandinavien und den britischen Inseln bis zur iberischen Halbinsel heimisch und findet sich in Deutschland, vor allem in den Mittelgebirgen wie im Schwarzwald oder im Harz, bereits an der östlichen Grenze seines Verbreitungsgebietes. Inzwischen ist er auf dem amerikanischen Kontinent eingeführt worden (der Verfasser hat die Pflanze in den Anden Südamerikas gesehen). Besonders in Waldlichtungen oder nach Rodung tritt er häufig in großer Zahl auf. Auf kalkhaltigen Böden fehlt er.
Abb.: roter Fingerhut auf einem Kahlschlag
Die Pflanze ist zweijährig. Im ersten Jahr bildet sie eine Blattrosette, aus der sich im zweiten Jahr ein 50-100 cm hoher Stängel erhebt, der die einseitswendigen, purpurroten Blüten trägt (es gibt selten rosa- oder sogar weißblütige Spielarten), die in ihrem inneren dunkel gepunktet sind. Der rote Fingerhut ist unverwechselbar, in der europäischen Flora gibt es keine Pflanze, die ihm ähnelt.
Abb. Digitalis purpurea in Blüte
Für die Extraktion wurden 500 g frische Blätter gesammelt, mit dem Messer grob zerschnitten und dann in einer elektrischen Kaffeemühle zerkleinert. Die erhaltene Masse wurde mit etwas lauwarmem Wasser zu einem dicken Brei angerührt, für 6 Stunden im Brutschrank bei 37 °C fermentiert und danach zum Trocknen auf flachen Kunststofftabletts ausgebreitet. Die trockene Blättermasse wurde erneut zerkleinert, durch ein Sieb geschlagen (Sieb Nr. 3 nach DAB 7, Maschenweite 2 mm) und das erhaltene Blätterpulver im Exsikkator aufbewahrt. Erhalten wurden 100 g getrocknete, fermentierte Droge.
Abb: Zerkleinerung und Fermentation von Digitalisblättern, getrocknetes Blätterpulver
Herstellung von basischer Bleiacetatlösung DAB 6 (alternativ):
In einem 100 ml-Erlenmeyerkolben werden 9,05 ml Eisessig mit Wasser auf 100 ml aufgefüllt und darin 27,65 g Blei(II)-oxid verrührt. Unter leichter Erwärmung hellt sich die Farbe der anfangs gelbbraunen Mischung immer mehr auf. Nach 24 Stunden ist nur noch ein geringer weißer Bodensatz übrig, von dem der klare Überstand abgegossen wird. Der Rest wird klar filtriert und die Lösungen vereinigt. (Die Rezeptur entspricht in ihrer Zusammensetzung dem Liquor Plumbi subacetici DAB6, dessen Darstellung hier beschrieben ist.)
1. Extraktion:
Die gepulverten Blätter wurden zunächst in einem 500 ml-Schliffstopfenglas mit 400 ml Benzin (Waschbenzin, Baumarkt) übergossen, eine Woche stehen gelassen, das Lösungsmittel abgegossen, weitere 300 ml Benzin aufgegossen und erneut stehen gelassen. Schließlich wurde die Masse in einen Perkolator gegeben und das Lösungsmittel von oben her durch 250 ml Petrolether verdrängt. Die Blättermasse wurde abtropfen gelassen und im Freien getrocknet.
Abb.: Perkolation mit Petrolether
Nun wurde das entfettete Blätterpulver mit 500 ml Ethanol 80 % übergossen, 24 Stunden mazerieren gelassen, dann 1 Stunde im Wasserbad unter Rückflußkühlung ausgekocht und nach dem Abkühlen die alkoholische Tinktur auf einer großen Nutsche abgesaugt (400 ml Tinktur I, dunkel braungrün gefärbt). Der Rückstand wurde erneut mit 500 ml Ethanol 80 % wie vorher extrahiert (450 ml Tinktur II, dunkelgrün gefärbt). Eine DC-Analyse zeigte, dass der Löwenanteil der Glykoside in Extrakt I vorhanden war. Tinktur II wurde daher verwendet, um die Methode der Isolierung auszuarbeiten, die dann auf Tinktur I angewandt wurde. An verschiedenen Stellen des Prozesses wurden Proben für eine DC (siehe unter Punkt 4) entnommen, um zu prüfen, ob die Trennung der Glykoside wie gewünscht erreicht worden war (Anm. 1). Aus Tinktur II wurden 65 mg Rohglykosidgemisch erhalten.
Abb.: Auskochen der Digitalisblätter und Absaugen der ethanolischen Tinktur
2. Abtrennung der Rohglykoside:
Die dunkel-braungrüne Tinktur I wurde im Wasserbad destillativ auf ca. 150 ml eingeengt und dann zu der heißen Flüssigkeit unter Rühren portionsweise 100 ml Bleisubacetatlösung zugefügt (Anm. 2). Es entstand ein voluminöser grünbrauner Niederschlag. Nach Stehenlassen über Nacht wurde der braunrote Überstand abgegossen, der breiige Niederschlag in zwei Portionen abgesaugt (jeweils mit 20 ml Ethanol 40% nachgewaschen) und die Filtrate vereinigt. Die Flüssigkeit wurde dann auf dem siedenden Wasserbad noch etwas eingeengt, wobei sich erneut ein leichter Niederschlag bildete, abkühlen gelassen und abgesaugt.
Abb.: Fällen mit Bleiessig, absitzen lassen und Absaugen des Niederschlages
Die klare, braune Flüssigkeit (etwa 200 ml) wurde dann in einem großen Scheidetrichter dreimal mit einem Gemisch aus je 50 ml Chloroform + 1 ml Ethanol 96% ausgeschüttelt. Die Trennung der Phasen trat binnen 8-10 Minuten glatt ein. Die erste Ausschüttelung war goldgelb, die zweite hellgelb, die dritte fast gar nicht mehr gefärbt. (Anm. 3)
Abb.: Ausschütteln mit Chloroform
Die vereinigten Chloroformextrakte wurden dann zweimal mit einer 5%igen Lösung von Natriumcarbonat ausgeschüttelt. Die Trennung dauerte hier deutlich länger (15-20 Minuten). Die Wässrige Phase färbte sich hell rotbraun, während die organische Phase sich etwas im Farbton aufhellte. Nach dem Ablassen war die Chloroformphase goldgelb gefärbt. Sie wurde durch Schütteln mit Natriumsulfat entwässert. Danach zeigte sie eine feine Trübung, deren Beseitigung langwierig war, da sie sich auch durch Abnutschen über einen G4-Glasfiltertiegel nicht beseitigen ließ. Die Chloroformlösung wurde mehrere Tage ruhig stehen gelassen. Dabei setzte sich die anfängliche Trübung nicht nur am Boden, sondern auch an der Oberfläche der Flüssigkeit ab, so dass die mittlere, klare Schicht mit Hilfe einer großen Vollpipette abgesaugt wurde. Der Rest wurde in ein kleines Gefäß abgegossen, wieder stehen gelassen, abpipettiert und die letzten Anteile durch Zentrifugieren geklärt.
Abb.: Waschen der Chloroformausschüttelung mit Natriumcarbonatlösung
Abb. Klären der Chloroformausschüttelung
Die vereinigten, getrockneten und geklärten Chloroformauszüge wurden dann im Wasserbad destillativ auf ca. 3-4 ml eingeengt, nach dem Abkühlen in ein kleines Becherglas abpipettiert und der Kolben zweimal mit je 1,5 ml Chloroform nachgewaschen, das ebenfalls abpipettiert wurde. Die konzentrierte Lösung (ca. 6 ml) wurde dann unter Rühren mit insgesamt 30 ml Petrolether versetzt. Die Mischung trübe sich rasch ein und es bildete sich ein zunächst klebriger, brauner Niederschlag, der im weiteren Verlauf feinpulvrig und hellbraun wurde. Nach einer Viertelstunde wurde über eine Glasfritte G4 abgesaugt und mit etwas Petrolether nachgewaschen. Der Rückstand wurde an der Luft getrocknet.
Abb.: Einengen des Chloroformauszuges
Abb.: Fällen mit Petrolether
Abb: Rohprodukt
Das Rohglykosidgemisch stellt ein amorphes, beigebraunes Pulver von extrem bitterem Geschmack dar (ich habe es nicht gekostet - das Einatmen des beim Umschütten aufgewirbelten Staubes genügte bereits!). Erhalten wurden 340 mg.
3. Reinigung des Rohglykosidgemisches:
Das Rohprodukt wurde in 20 ml Ethanol 50 % gelöst. Die resultierende rotbraune Lösung wurde in ein heißes Wasserbad gestellt und mit 1,5 ml Bleiessig versetzt. Ein dichter hellbrauner Niederschlag fiel aus, der nach 10 Minuten abgesaugt wurde, was ziemlich glatt ging. Nach Nachwaschen mit 2 x 5 ml Ethanol 50% wurde das Filtrat durch Einleiten von Schwefelwasserstoff (aus Eisensulfid und Schwefelsäure entwickelt) über 10 Minuten im heißen Wasserbad entbleit und danach weiter 10 Minuten im heißen WB stehen gelassen. Es wurde vom Bleisulfid abgesaugt und erneut mit 5 ml Ethanol 50% nachgewaschen. Das Filtrat war jetzt klar aber noch hell gelb gefärbt. Es wurde mit Wasser auf 35 ml aufgefüllt und nach Zusatz von 3 Tropfen Ammoniaklösung (danach pH 9) dreimal mit 25 ml Chloroform ausgeschüttelt. Die Phasentrennung erfolgte diesmal relativ rasch (nach 10 Min wurde abgelassen) Die erste Chloroformphase färbte sich gelb, die weiteren waren praktisch farblos, alle waren deutlich trübe. Nach Schütteln mit wasserfreiem Natriumsulfat klärten sie sich weitgehend. Eine restliche Trübung bestand offenbar aus suspendiertem Feststoff und wurde über Nacht absitzen gelassen. Der klare Überstand wurde abgegossen und der Bodesatz durch ein Filter gegossen. Die klare Lösung wurde destillativ auf 3 ml eingeengt, aus dem Kolben in ein Bechergläschen pipettiert, der Kolben zweimal mit 1 ml Chloroform nachgewaschen und die Chloroformlösung durch Zutropfen von 30 ml Petrolether gefällt. Auch hier fiel das Produkt zunächst klebrig aus und wurde im weiteren Verlauf fest und zerteilte sich. Zuletzt wurde der Überstand abgegossen, der Niederschlag mit Ether aufgeschlämmt, abfiltriert, auf dem Filter mit Ether gewaschen und getrocknet.
Abb.: Lösung der Rohglykoside
Abb: Fällen mit Bleiessig
Abb.: Klären des Filtrates mit H2S
Abb.: Lösung der Rohglykoside nach Klärung
Abb: Ausschütteln mit Chloroform
Abb.: Fällung der Glykoside mit Petrolether
Abb: gereinigtes Präparat
Erhalten: 140 mg Glykoside als hell-cremefarbenes Pulver
4. Analyse der Präparate:
4.1. Keller-Kiliani-Reaktion:
Eine Spur Glykosid wird in 1 ml Eisessig, dem auf 10 ml 100 µl einer 10%igen Eisen(III)-chloridlösung zugesetzt sind, gelöst und im Reagenzglas mit 1 ml konzentrierter Schwefelsäure unterschichtet. Die an der Flüssigkeitsgrenze auftretende Farbe sowie die etwas später sich ausbildende Färbung der oberen Schicht werden beobachtet.
[Bild folgt]
Abb: Keller-Kiliani-Reaktion mit Digitoxin, Rohglykosidpräparat und gereinigtem Glykosidgemisch (v.l.n.r.)
4.2 Dünnschichtchromatographie:
Zur DC wurde das übliche Fließmittel, bestehend aus Ethylacetat 10 ml + Methanol 1,3 ml + Wasser 1,0 ml, verwendet. Die Entwicklung einer 10 cm-Folie bei Kammersättigung dauert etwa 20 Minuten.
Als Vergleichslösung wurde ein Gesamtglykosidextrakt aus nicht-fermentierten Fingerhutblättern folgendermaßen hergestellt: Fingerhutblätter wurden nach der Ernte 3 Minuten im Backofen auf 80°C erhitzt, dann getrocknet und gemahlen. 0,5 g davon wurden mit 10 ml Ethanol 60% für 5 Minuten gekocht, dann 3 ml Bleisubacetatlösung zugegeben, abzentrifugiert und der klare, hellgelbe Überstand dreimal mit 5 ml ethanolhaltigem Chloroform ausgeschüttelt (Trennung der Phasen sehr langsam!). Die vereinigten Chloroformauszüge wurden mit Natriumsulfat entwässert, das Lösungsmittel auf dem Wasserbad abdestilliert und der Rückstand in 1 ml Chloroform aufgenommen (= Nativextrakt)
Auch aus Proben der Tinkturen I und II wurden die Glykoside extrahiert, indem 10 ml derselben im Wasserbad auf 5 ml eingedampft und mit 1,5 ml Bleisubacetatlösung gefällt wurden. Das Filtrat wurde dreimal mit 3 ml Chloroform ausgeschüttelt, die Extrakte wie oben entwässert, eingedampft und in 1 ml Chloroform aufgenommen (= Extrakt Tinktur I resp. II)
Vom Rohprodukt und dem gereinigten Produkt wurden 3 mg in je 1 ml Chloroform gelöst.
Weiter wurde als Referenz eine Lösung von 0,4 mg Digitoxin (Merck) in 0,2 ml Chloroform mitlaufen gelassen.
Zur Detektion diente einmal das Kedde-Reagenz (300 mg 3,5-Dinitrobenzoesäure in 10,0 ml Ethanol 96% lösen und kurz vor Verwendung mit dem gleichen Volumen 2 N Natronlauge mischen), das die Glykoside rotviolett anfärbt.
Abb. (v.l.n.r): Digitoxin-Referenz – Tinktur I – Tinktur II – Digoxin-Referenz
Man erkennt die Identität des dunkelvioletten Hauptspots (etwa Rf 0,55 - 0,6) mit dem Digitoxin. In den Digitalisauszügen liegt direkt darunter der deutliche Spot des Gitoxins, während das Digoxin (das Glykosid aus Digitalis lanata) zwischen diesen beiden Spots läuft. Deutlich erkennbar ist der Löwenanteil der Glykoside in dem ersten Extrakt enthalten.
Abb. (v.l.n.r): Digitalis purpurea-Nativextrakt – Rohglykosidgemisch – gereinigtes Glykosidgemisch
Man erkennt im Nativextrakt ganz unten die Purpureaglykoside A und B, die sich in den Präparaten nicht mehr finden, da sie durch die Vorbehandlung enzymatisch gepalten wurden. Zwischen diesem und dem Digitoxin bzw. Gitoxin liegen weitere Spots, die vermutlich den Glykosiden des Gitaloxigenintyps sowie nicht-herzwirksamen Steroidglykosiden (sogen. Digitanolglykosiden) zuzuordnen sind. Sowohl das Rohpräparat als auch das gereinigte Präparat enthalten mehrere Glykoside, eine Änderung der prozentualen Zusammensetzung ist durch den Reinigungsprozess nicht eingetreten.
Eine weitere Möglichkeit zur Detektion von Cardenoliden ist folgende: die DC-Folie wird mit einem Gemisch aus 4 ml 20%ger ethanolische Trichloressigsäurelösung und 1 ml 3%iger Chloramin T-lösung besprüht (die Lösungen müssen frisch bereitet werden und sind nicht haltbar), ein leichter Überschuss abgetupft und die Folie im Trockenschrank für 5-8 Minuten auf 100-105°C erhitzt. Dann wird sie im langwelligen UV (365 nm) betrachtet. Die Glykoside heben sich als fluoreszierende Flecke hervor.
Abb. (v.l.n.r): Digitalis purpurea-Nativextrakt – Rohglykosidgemisch – gereinigtes Glykosidgemisch; Detektion mit Fluoreszenz
Der gelblich fluoreszierende Hauptspot ist Digitoxin, während das direkt darunter laufende Gitoxin bläulich fluoresziert. Am unteren Ende der Spots im Nativextrakt finden sich die Vorstufen dieser Glykoside, nämlich das Prupureaglykosid B (ganz unten) und A (direkt darüber).
Um den Anteil der Begleitglykoside abschätzen zu können, wurde die Lösung des aufgereinigten Präparaten 1+4 mit Chloroform verdünnt und die verdünnte Lösung abermals 1+1, so dass in der ersten Verdünnung 20% und in der zweiten 10% der initialen Glykosidkonzentration vorlag. Dann wurden je 3 µl der Lösungen chromatographiert:
Abb. (v.l.n.r.): gereinigtes Präparat – davon 20%ige Verdünnung – 10%ige Verdünnung
Die Intensität des Digitoxin-Spots in der mittleren Reihe entspricht etwa der des Gitoxins in der ersten Reihe, das deutlich kräftiger angefärbt ist, als das Digitoxin in der dritten Reihe, Der Gitoxin-Anteil im Präparat liegt also bei etwa 20%.
Anmerkungen:
1. Dabei wurde gefunden, dass die mit Bleisubacetat erhaltene Fällung keine Glykoside mitreißt, dass bei der alkalischen Ausschüttelung der Chloroformextrakte kein Verlust an Glykosid eintritt, und dass Petrolether zur Fällung der Glykoside aus der Chloroformlösung viel besser geeignet ist, als Diethylether.
2. Die extrahierten wässrig-ethanolischen Auszüge enthalten, wie sich bei der Entsorgung herausstellte, noch große Mengen freie Bleisalze, so dass man für die Fällung der Begleitstoffe vermutlich mit deutlich weniger Bleisubacetalösung auskommen kann.
3. Eine DC-Analyse zeigte später, dass die dritte Phase noch deutliche Mengen an Glykosiden enthielt, so dass evtl. eine vierte Ausschüttelung lohnend gewesen wäre.
Entsorgung:
1. Die Waschbenzinauszüge werden mit den halogenfreien Lösungsmitteln entsorgt, sofern man das Benzin nicht durch Destillation wiedergewinnen (und sich dabei den Destillationskolben stark verschmutzen) will.
2. Die nach der Ausschüttelung mit Chloroform zurückbleibenden, bleihaltigen Pflanzenauszüge werden mit di-Natriumhydrogenphosphatlösung im Überschuss versetzt, das ausfallende Bleiphosphat abgenutscht und zusammen mit den abgesaugten, bleihaltigen Fällungen zum Schwermetallabfall gegeben. Das bleifreie Filtrat wird ins Abwasser gegeben.
3. Das beim Einengen der Extrakte abdestillierte Chloroform enthält noch Ethanol. Es wird zweimal mit Wasser und dann zweimal mit gesättigter Calciumchloridlösung ausgeschüttelt, mit Natriumsulfat getrocknet und redestilliert.
4. Das Präparat wird evtl. über das Abwasser entsorgt.
Erklärungen:
Die herzwirksamen Glykoside lassen sich in zwei Gruppen einteilen, Cardenolide und Bufadienolide. Die Grundstruktur des Aglykons ist ein Steroidgerüst, in dem die beiden mittleren Ringe trans-, der erste und der letzte hingegen cis-verknüpft sind, mit einer -β-OH-Gruppe an Position 14. Fehlt die OH-Gruppe, oder sind die endständigen Ringe trans-verknüpft, so verschwindet die Wirkung auf das Herz. Essentiell ist weiter - ebenfalls in β-Stellung - ein ungesättigter Lactonring an Position 17. Handelt es dabei sich um einen fünfgliedrigen Ring (γ-Lactonring) so liegt ein Cardenolid vor, ist der Lactonring sechsgliedrig (δ-Lactonring), so handelt es sich um ein Bufadienolid. Während die Bufadienolide zuerst im Sekret der europäischen Erdkröte (Bufo bufo L.) identifiziert wurden, jedoch auch in Pflanzen wie der eingangs erwähnten Meerzwiebel (Urginea maritima) vorkommen, sind Cardenolide bislang ausschließlich im Pflanzenreich gefunden worden. Über die -β-OH-Gruppe an C3 werden die Aglykone an Zuckerreste gebunden und es resultieren die Glykoside. Über 500 von ihnen sind heute bekannt.[2]
Die Blätter von Digitalis purpurea enthalten im nativen Zustand nur wenig Digitoxin. Die nativen Digitalisglykoside wurden 1935 isoliert und als Purpureaglykosid A und B bezeichnet.[12] Sie unterscheiden sich von ihren Folgeglykosiden - Digitoxin und Gitoxin - durch ein zusätzliches Glukosemolekül am Ende der Zuckerkette, die bei beiden aus drei Molekülen Digitoxose besteht. Teilweise bereits beim Trocknen, vollständiger bei der Inkubation des zerkleinerten, frischen Pflanzenmaterials in der Wärme, wird die Glukose abgespalten und es resultieren die sekundären Glykoside. Daher wurde oben vor der Extraktion eine Fermentation durchgeführt, während zur Herstellung der Vergleichslösung die Digitalisblätter zunächst erhitzt wurden, um die Enzyme zu inaktivieren (wie die DC zeigt, enthielten sie trotzdem eine deutliche Menge Digitoxin).
Die Vorextraktion mit Petrolether sollte einen Teil der lipohilen Blattfarbstoffen ausziehen, was jedoch nur sehr unvollständig gelang. Die Abtrennung der Glykoside von den anderen Begleitstoffen (Proteinen, Anthocyanen, Blattfarbstoffen, Polyphenolen etc.) geschieht wie üblich durch Fällung der letzteren mit Bleisalzen. Da sich die Digitalisglykoside mit Chloroform ausschütteln lassen, ist eine Abtrennung des überschüssigen Bleis – welche die Zugabe größerer Mengen Fällungsmittel erfordert hätte - nicht unbedingt notwendig. Das stark gefärbte Rohprodukt enthält dennoch noch einen deutlichen Anteil fällbare Begleitstoffe, die in einem zweiten Durchgang (zum größten Teil) abgetrennt werden. Die DC zeigt, dass diese Aufreinigung auf die Glykosidfraktionen gar keine Auswirkung hat. Um das Digitoxin von seinen Begleitglykosiden - vor allem dem Gitoxin, das in meinem Präparat ca. 20% ausmacht - zu trennen, wären mehrere Kristallisationen aus alkalischer wässrig-ethanolischer Lösung nötig, für die mir nicht genügend Material zur Verfügung stand. In der großtechnischen Herstellung erfolgt die Trennung mit Hilfe der Gegenstromverteilungschromatographie.
Digitoxin (C41H64O13) kristallisiert ohne Kristallwasser und schmilzt erst bei 260-262 °C. Die Löslichkeit der reinen Substanz in Chloroform beträgt nur 1:92. Schon bei Verunreinigung mit kleinen Anteilen Gitoxin nimmt die Löslichkeit jedoch stark zu. Bei einem Gehalt von 0,6 % beträgt sie 1:67, bei 2,3 % dann 1:62. Ebenso ist mit Wasser gesättigtes Chloroform (wie es bei den Ausschüttelungen vorliegt) ein besseres Lösungsmittel (1:40) als reines Chloroform, und eine Beimischung von 1,5 % Ethanol steigert das Lösungsvermögen weiter auf 1:20.[8] Daher wird zur Ausschüttelung mit Ethanol versetztes Chloroform verwendet.
Die Reaktion nach Keller und Kiliani [3,5] ist in ihren Einzelheiten offenbar nicht aufgeklärt. Sie wurde lange Zeit als Reinheitsprüfung von Digitoxin verwendet. Reines Digitoxin gibt dabei einen braunen Ring der an seiner oberen Grenze (zur Essigsäure hin) eine blaue Zone ausbildet, die später in die Eisenchlorid-Essigsäure hineindiffundiert und dieser eine grüne Farbe erteilt. Die Färbung an der Grenze zur Schwefelsäure ist durch das Aglykon, diejenige der Essigsäure durch die Zuckerkomponente bedingt. Gitoxin enthält zwar ebenfalls Digitoxose (Blaufärbung der Essigsäure) gibt aber einen purpurroten Ring. Die Forderung der älteren Arzneibücher war daher, dass an der Grenze zur Schwefelsäure keine rote Färbung auftreten dürfe – was als Reinheitskriterium natürlich ein ziemlich grobes ist.
Der allen Herzglykosiden gemeinsame Wirkmechanismus besteht in einer konzentrationsabhängigen Hemmung der Natrium-Kalium-ATPase, eines Enzyms, das an Zellmembranen Natrium gegen Kalium austauscht und somit die Natriumkonzentration im Inneren der Zelle begrenzt. Die erhöhte intrazelluläre Natriumkonzentration bewirkt indirekt einen Austausch von Natrium gegen Calcium, so dass die intrazelluläre Calciumkonzentration ebenfalls steigt. Die erhöhte Verfügbarkeit von intrazellulärem Calcium führt schließlich ihrerseits zu einer verstärkten Kontraktion der Myofibrillen in den Herzmuskelzellen und somit zu einer Verbesserung der Pumpleistung des Herzmuskels. Herzglykoside sind damit positiv inotrope, die Auswurfleistung des Herzens erhöhende, Pharmaka - übrigens trotz ihrer geringen therapeutischen Breite bis heute diejenigen mit dem günstigsten Nutzen-Risiko-Verhältnis! Alle später (synthetisch) hergestellten positiv inotropen Substanzen erwiesen sich ihnen als unterlegen. Daneben haben sie eine Wirkung auf das autonome Nervensystem, indem sie den Vagustonus erhöhen und dadurch die Herzfrequenz senken (negativ chronotrope Wirkung). Diese beiden Wirkungen sind bei dekompensierter Herzinsuffizienz günstig, weil letztere häufig mit einem beschleunigten, arrhythmischen Herzschlag (Vorhofflimmern) einhergeht.
Bei regelmäßiger Einnahme kumuliert Digitoxin im Körper, was in Zahlen bedeutet, dass von einer eingenommenen Dosis praktisch 100 % resorbiert, binnen 24 Stunden aber nur 7-8 % wieder ausgeschieden resp. abgebaut werden (Abklingquote). Die Halbwertszeit beträgt rund 7 Tage! Damit eine physiologische Wirkung eintritt, muss bei einem durchschnittlichen Erwachsenen etwa 1 mg Digitoxin im Körper vorhanden sein (sogen. Vollwirkdosis). Bei täglicher Einnahme von 0,1 mg ist diese Menge nach etwa 15 Tagen erreicht, ein stabiler Spiegel hat sich nach gut 4 Wochen etabliert. Man gibt daher initial höhere Dosen (0,3-0,4 mg pro Tag) und geht nach einigen Tagen auf die Erhaltungsdosis (um 0,07 mg/Tag) zurück. Toxische Effekte treten bereits ab einem Körperbestand von 1,7 mg auf, so dass die therapeutische Breite - der Abstand zwischen therapeutischer und toxischer Dosis - der Substanz sehr gering ist. Diese pharmakokinetischen Eigenschaften bereiteten den Ärzten bei der Anwendung der Digitalis anfangs erhebliche Probleme, und erst allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass kleine Dosen zum Zustandekommen und Erhalt der Wirkung völlig ausreichend sind. In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sogar monoklonale Antikörper entwickelt, die als Antidot bei Überdosierung gegeben werden konnten. Aber da waren ernsthafte Digitalisintoxikation bereits äußerst selten geworden – der Verfasser dieser Zeilen hat in seinem Berufsleben (welches 1992 begann) nie eine erlebt.
Dennoch: mit der Entwicklung neuer Arzneimittel und der Eröffnung neuer Therapieansätze begannen die Cardenolide am Ende des letzten Jahrhunderts an Bedeutung zu verlieren. Lautete in den 80er Jahren die Formel zur Behandlung der Herzinsuffizienz noch “Digitalis und Diuretika“, etablierten sich in den 90ern bereits ACE-Hemmer und Betablocker als Standardtherapie und später kamen weitere Wirkstoffe hinzu, zuletzt die eigentlich als Diabetesmittel erfundenen SGLT-2-Hemmer. Digitalisglykoside sind heute Reservemedikamente für eng umschriebene Indikationen und werden immer seltener eingesetzt. Und es gibt zunehmend weniger Präparate auf dem Markt. Sogar die Firma Merck gab 2023 bekannt, die Produktion und den Vertrieb des traditionsreichen Präparates Digimerck® einzustellen. “TIME will fix the real value upon this discovery“ hatte Withering geschrieben. Es bleibt abzuwarten ob “die Digitalis“, einst eine Revolution in der Herztherapie, auch in Zukunft noch einen Platz im Arzneischatz behalten wird.
Literatur:
1. Cloetta, Max: Zur Kenntnis der Chemie und Pharmakologie des Digitoxins und seiner Spaltungsprodukte; Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 88 (1920): 113 – 157
2. Dingermann Theo et al: Schneider – Arzneidrogen; 5. Auflag 2004, Spektrum akademischer Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-8274-2765-6
3. Keller, Carl Caspar: Über Digitalinreaktionen und den Nachweis des Digitoxins in Digitalispräparaten; Berichte der deutschen pharmaceutischen Gesellschaft 5 (1895) : 275 - 286
4. Kiliani, Heinrich: Ueber ß-Digitoxin; Archiv der Pharmazie 233 (1895): 311 – 320
5. Kiliani, Heinrich: Ueber den Nachweis der Digitalis-Glycoside und ihrer Spaltungsproducte durch eisenhaltige Schwefelsäure; Archiv der Pharmazie 234 (1896): 273 - 277
6. Kiliani, Ueber Digitoxin - Arch. der Pharmazie 234 (1896): 481 - 489
7. Küssner, W: Über Digitoxin; Archiv der Pharmazie 279 (1941): 41 – 44
8. Küssner, W: Über die Prüfung des Digitoxins; Archiv der Pharmazie 288 (1955): 284 – 298
9. Nativelle, Claude-Adolphe: Sur la digitaline cristallisée; Journal de Pharmacie et de Chimie, IV. série Tom. IX (1869): 255 – 262
10. Neuwald, Fritz: The Photometric Assay of Digitoxin by the Baljet Reaction; Journal of the American Pharmaceutical Association 39 (1950): 172 - 174
11. Schmiedeberg, Oswald: Untersuchungen über die pharmakologisch wirksamen Bestandtheile der Digitalis purpurea L.; Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 3 (1874): 16 – 43
12. Stoll, Arthur und Kreis, Walter: Genuine Glykoside der Digitalis purpurea, die Purpureaglucoside A und B; Helvetica Chimica Acta 18 (1935): 120 – 141
13. Windaus A und Stein G: Über die Formel des Digitoxins; Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 61 (1928): 2436 – 2440
14. Withering, William: An account of the foxglove and some of its medical uses; Birmingham 1785; (online verfügbar)
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Diese Versuche hatte ich schon letztes Jahr gemacht, war aber bisher noch nicht zum "Zusammenschreiben" gekommen.
Im Ganzen war es ziemlich langwierig und das Ergebnis nicht halb so zufriedenstellend wie beim Strophanthin.
Im Ganzen war es ziemlich langwierig und das Ergebnis nicht halb so zufriedenstellend wie beim Strophanthin.
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Einfach nur: wow!
Bei solchen Projekten hört man vermutlich irgendwann auf, die Stunden zu zählen...
Am Rande: Wo bekommt man Tropftrichter mit Seitenolive?
Bei solchen Projekten hört man vermutlich irgendwann auf, die Stunden zu zählen...
Am Rande: Wo bekommt man Tropftrichter mit Seitenolive?
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Danke! Die Stunden habe ich gar nicht erst angefangen zu zählen. Vor allem die Trübung aus dem Chloroform rauszubekommen war sowas von nervig! Ich weiß bis heute nicht was das gewesen sein soll...
Den Gasentwicklungsaufsatz habe ich von Winlab.
Den Gasentwicklungsaufsatz habe ich von Winlab.
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- Uranylacetat
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Lieber @lemmi,
man sieht und liest immer wieder gerne, wie Du solche tollen Projekte mit Herzblut planst und durchführst!
Ja, das gute alte Digitoxin … Einer meiner Opas bekam es auch in den 1960ern und die Oma sagte manchmal: "Opa isst jetzt Fingerhut".
man sieht und liest immer wieder gerne, wie Du solche tollen Projekte mit Herzblut planst und durchführst!
Ja, das gute alte Digitoxin … Einer meiner Opas bekam es auch in den 1960ern und die Oma sagte manchmal: "Opa isst jetzt Fingerhut".
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)
Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)
„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)
"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)
„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)
"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
- mgritsch
- Illumina-Admin
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Wunderbar, ein sehr schönes neues „Opus Magnum“ wieder mal
Das Grundprinzip scheint ja einfach, wässr.-ethanol. Extraktion, Fällung Begleitstofffe mit Blei, Extraktion Chloroform, Fällung Produkt mit PE.
Ist das ein „Standardprocedere“ bei Naturstoffen generell oder zumindest Digitalis, oder hast du das neu entwickelt?
Was genau und warum fällt mit Pb?
Das Grundprinzip scheint ja einfach, wässr.-ethanol. Extraktion, Fällung Begleitstofffe mit Blei, Extraktion Chloroform, Fällung Produkt mit PE.
Ist das ein „Standardprocedere“ bei Naturstoffen generell oder zumindest Digitalis, oder hast du das neu entwickelt?
Was genau und warum fällt mit Pb?
- schlemmiloom
- Illumina-Mitglied
- Beiträge: 80
- Registriert: Dienstag 19. September 2023, 22:18
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Lieber Lemmi,
Du bist großartig! Wunderbarer Beitrag!
Lemmi, wenn du mal Herzblut brauchen solltest, für dich würde ich es mir wahrscheinlich direkt intrakardial entnehmen lassen, falls das nötig wäre.
Ich bin keine Maus, also wäre dieser Weg unnötig.
Aber zumindest einen halben Liter Blut, oder etwas Knochenmark würdest du sofort von mir bekommen.
(Bei Bedarf ohne Weiteres auch zu Forschungszwecken)
Liebe Grüße
Du bist großartig! Wunderbarer Beitrag!
Ja völlig richtig.man sieht und liest immer wieder gerne, wie Du solche tollen Projekte mit Herzblut planst und durchführst!
Lemmi, wenn du mal Herzblut brauchen solltest, für dich würde ich es mir wahrscheinlich direkt intrakardial entnehmen lassen, falls das nötig wäre.
Ich bin keine Maus, also wäre dieser Weg unnötig.
Aber zumindest einen halben Liter Blut, oder etwas Knochenmark würdest du sofort von mir bekommen.
(Bei Bedarf ohne Weiteres auch zu Forschungszwecken)
Liebe Grüße
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
@schlemmiloom:
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
@lemmi:
Ah, der Gasentwickler für kleine Mengen. Hatte noch nie entdeckt, dass der nen Normschliff hat, auf dem Bild bei Winlab ist der in einer Filtermanschette versteckt...
Aber enorm praktisch: erspart die Nutzung eines Mehrhalskolbens mit Schlauchadapterstopfen.
Ah, der Gasentwickler für kleine Mengen. Hatte noch nie entdeckt, dass der nen Normschliff hat, auf dem Bild bei Winlab ist der in einer Filtermanschette versteckt...
Aber enorm praktisch: erspart die Nutzung eines Mehrhalskolbens mit Schlauchadapterstopfen.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Danke erstmal an alle für das Lob! Tut gut, denn ich war ehrlich gesagt, enttäuscht, dass das Produkt so unrein ist. Andererseits: ein Pfund Blätter auf 140 mg Wirkstoff aufzukonzentrieren ist auch schon was.
@mgritsch: Das ist weitgehend ein Standardprozedere für die Isolierung von Glykosiden. Man stellt einen wässrig-alkoholischen Auszug her. Im Alkohol lösen sich Stärke und Schleimstoffe (hochpolymere Kohlenhydrate), die wegen ihrer Viskosität die weitere Verarbeitung des Auzugs sehr erschweren würden, schecht bis gar nicht. Auch viele Proteine bleiben ungelöst. Neben den Glykosiden gehen vor allem Polyphenole (in erster Linie die diversen Gerbstoffe) und die Blattfarbstoffe in den Auszug über. Diese werden mit Bleiacetat gefällt. Dann wird der Alkoholgehalt soweit reduziert, dass man mit einem geeigneten Lösungsmittel(gemisch) ausschütteln kann. Bei stark polaren Glykosiden geht das natürlich nicht, deshalb habe ich das k-Strophanthosid aus der Lösung mit Ammoniumsulfat ausgesalzen. Weil viele Glykoside nicht gut kristallisiseren (notorische Ausnehme: Ouabain) nutzt man zuletzt häufig die Fällung aus der Lösung in Ethanol durch Ether (wie beim Amygdalin) oder aus Chloroform durch Petrolether.
Es gibt einen alternativen Weg, der im Kommentar zum DAB 9 kursorisch beschreiben ist: Extraktion des Pflanzenmaterials mit einem organischen Lösungsmittel (Chloroform, Ethylacetat), Eindunsten, Entfernung lipophiler Begleitstoffe aus dem Rückstand mit Petrolether, Behandeln des Rückstands mit frisch gefälltem Bleihydroxid zur Abtrennung der Gerbstoffe und zuletzt erneute Extraktion der Glykoside mit einem Lösungsmittel. Dieser Weg war mir wegen der großen Mengen organischer Lösungsmittel irgendwie unsympathisch (Ethylacetat ginge ja noch), ausserdem stelle ich mir vor dass jede Menge Chlorophyll im Rückstand ist und diese - womöglich sehr voluminösen - Residuen immer wieder einzutrocknen und dann auszuziehen gefiel mir auch nicht.
Die weiter Aufreinigung ist dann aufwändig und bei den klassischen Kristallisationsverfahren mit hohen Verlusten verbunden. Cloetta hat 100 g Roh-Digitoxin durch mehrfaches Umkristallisieren gereinigt. Leider habe ich keine konkreten Anleitungen zur Reinigung über Chromatographie o.ä. verfügbar.
Und jetzt gestehe ich einen Fehler: ich habe versucht, mein Produkt doch - wie bei Cloetta angegeben - aus Ethanol-Wasser mit Zusatz von etwas NaOH ein Mal umzukristallisieren (@mgritsch: bitte fag' mich nicht, was die NaOH darin soll - ich bin einfach dem Prozedere aus der Literatur gefolgt) - und danach gab es nur einen minimalen schleimigen Niederschlag. Also: ich habe nur noch ein paar Milligramme meines Präparats als Beweis früherer Größe übrig...
@Uranylacetat: als ich noch studierte, sagte einer unserer Profs in innerer Medizin mal: "Wenn Opa hustet, braucht er Digitalis!" (beginnende Lungenstauung bei Herzschwäche äußert sich in Kurzatmigkeit und kann Husten hervorrufen)
@Schlemmiloom: Danke, danke! Es freut mich, das es dir so gut gefällt! Aber den halben Liter Knochenmark würde ich dir erstmal lassen. Ich habe tatsächlich mal eine solche Menge entnomen, für eine Knochenmarktransplanatation bei einem Leukämiepatienten. Das ist eine ganz schöne Viecherei. Der Spender wird dazu kurz narkotisiert, aber hinterher tu ihm schon das Gesäß weh. Gottseidank macht man das heute fast gar nicht mehr, es werden periphere Blutstammzellen verwendet, die durch Zantrifugation aus dem Blut abgetrennt werden. Vielleicht möchtest du dich (oder sonst einer der Anwesenden sich) ja als Spender bei der DKMS registrieren lassen.
@mgritsch: Das ist weitgehend ein Standardprozedere für die Isolierung von Glykosiden. Man stellt einen wässrig-alkoholischen Auszug her. Im Alkohol lösen sich Stärke und Schleimstoffe (hochpolymere Kohlenhydrate), die wegen ihrer Viskosität die weitere Verarbeitung des Auzugs sehr erschweren würden, schecht bis gar nicht. Auch viele Proteine bleiben ungelöst. Neben den Glykosiden gehen vor allem Polyphenole (in erster Linie die diversen Gerbstoffe) und die Blattfarbstoffe in den Auszug über. Diese werden mit Bleiacetat gefällt. Dann wird der Alkoholgehalt soweit reduziert, dass man mit einem geeigneten Lösungsmittel(gemisch) ausschütteln kann. Bei stark polaren Glykosiden geht das natürlich nicht, deshalb habe ich das k-Strophanthosid aus der Lösung mit Ammoniumsulfat ausgesalzen. Weil viele Glykoside nicht gut kristallisiseren (notorische Ausnehme: Ouabain) nutzt man zuletzt häufig die Fällung aus der Lösung in Ethanol durch Ether (wie beim Amygdalin) oder aus Chloroform durch Petrolether.
Es gibt einen alternativen Weg, der im Kommentar zum DAB 9 kursorisch beschreiben ist: Extraktion des Pflanzenmaterials mit einem organischen Lösungsmittel (Chloroform, Ethylacetat), Eindunsten, Entfernung lipophiler Begleitstoffe aus dem Rückstand mit Petrolether, Behandeln des Rückstands mit frisch gefälltem Bleihydroxid zur Abtrennung der Gerbstoffe und zuletzt erneute Extraktion der Glykoside mit einem Lösungsmittel. Dieser Weg war mir wegen der großen Mengen organischer Lösungsmittel irgendwie unsympathisch (Ethylacetat ginge ja noch), ausserdem stelle ich mir vor dass jede Menge Chlorophyll im Rückstand ist und diese - womöglich sehr voluminösen - Residuen immer wieder einzutrocknen und dann auszuziehen gefiel mir auch nicht.
Die weiter Aufreinigung ist dann aufwändig und bei den klassischen Kristallisationsverfahren mit hohen Verlusten verbunden. Cloetta hat 100 g Roh-Digitoxin durch mehrfaches Umkristallisieren gereinigt. Leider habe ich keine konkreten Anleitungen zur Reinigung über Chromatographie o.ä. verfügbar.
Und jetzt gestehe ich einen Fehler: ich habe versucht, mein Produkt doch - wie bei Cloetta angegeben - aus Ethanol-Wasser mit Zusatz von etwas NaOH ein Mal umzukristallisieren (@mgritsch: bitte fag' mich nicht, was die NaOH darin soll - ich bin einfach dem Prozedere aus der Literatur gefolgt) - und danach gab es nur einen minimalen schleimigen Niederschlag. Also: ich habe nur noch ein paar Milligramme meines Präparats als Beweis früherer Größe übrig...
@Uranylacetat: als ich noch studierte, sagte einer unserer Profs in innerer Medizin mal: "Wenn Opa hustet, braucht er Digitalis!" (beginnende Lungenstauung bei Herzschwäche äußert sich in Kurzatmigkeit und kann Husten hervorrufen)
@Schlemmiloom: Danke, danke! Es freut mich, das es dir so gut gefällt! Aber den halben Liter Knochenmark würde ich dir erstmal lassen. Ich habe tatsächlich mal eine solche Menge entnomen, für eine Knochenmarktransplanatation bei einem Leukämiepatienten. Das ist eine ganz schöne Viecherei. Der Spender wird dazu kurz narkotisiert, aber hinterher tu ihm schon das Gesäß weh. Gottseidank macht man das heute fast gar nicht mehr, es werden periphere Blutstammzellen verwendet, die durch Zantrifugation aus dem Blut abgetrennt werden. Vielleicht möchtest du dich (oder sonst einer der Anwesenden sich) ja als Spender bei der DKMS registrieren lassen.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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- mgritsch
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Autsch, das tut weh.lemmi hat geschrieben: Sonntag 1. Dezember 2024, 10:08 ich habe versucht, mein Produkt doch - wie bei Cloetta angegeben - aus Ethanol-Wasser mit Zusatz von etwas NaOH ein Mal umzukristallisieren (@mgritsch: bitte fag' mich nicht, was die NaOH darin soll - ich bin einfach dem Prozedere aus der Literatur gefolgt) - und danach gab es nur einen minimalen schleimigen Niederschlag. Also: ich habe nur noch ein paar Milligramme meines Präparats als Beweis früherer Größe übrig...
Was NaOH hier bringen könnte erschließt sich mir nicht. Das würde den Lactonring öffnen und damit die Wasserlöslichkeit erhöhen. Ohne ansäuern wird das auch kaum wieder ausfallen. Konntest du mit Ansäuern und ggfs noch mal Extraktion/Fällung nichts mehr retten?
- schlemmiloom
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Oh Gott, Ihr seid immer so ernst.von aliquis » Sonntag 1. Dezember 2024, 00:06
@schlemmiloom:
Hab mir schon gedacht, dass von dir wieder so etwas kommt.
„Gottseidank macht man das heute fast gar nicht mehr, es werden periphere Blutstammzellen verwendet“
Ja, das war mir bewusst.
„Vielleicht möchtest du dich (oder sonst einer der Anwesenden sich) ja als Spender bei der DKMS registrieren lassen.“
Ja, absolut.
Mein Blut hat ansonsten wahrscheinlich einen nicht geringen Gehalt an Edelmetallen.
Du hast sicherlich ausgesorgt, aber du könntest es Bedürftigen spenden und damit Gutes tun.
Na gut, Spaß bei Seite.
Meine Bemerkung sollte nur ein Zeichen meiner Hochachtung und meines Vertrauens sein, das leider nur wenige Menschen so genießen dürfen wie ich es mir wünschen würde.
Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Ich hab doch gar nichts gesagt, nur erschrocken geguckt...
Manchmal fehlen selbst mir die Worte...
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Re: Isolierung von Digitoxin - Rückblick auf ein Jahrhundertmedikament
Wie gesagt, ich weiß auch nicht, was es bringen soll. Aber.in mindestens zwei Artikeln wird die günstige Wirkung auf die Reinheit des Präparates betont. Trotz der Befürchtung, das Alkali könne den Lactonring angreifen, habe ich deshalb gemacht was geschrieben steht.mgritsch hat geschrieben: Sonntag 1. Dezember 2024, 20:50 Was NaOH hier bringen könnte erschließt sich mir nicht. Das würde den Lactonring öffnen und damit die Wasserlöslichkeit erhöhen. Ohne ansäuern wird das auch kaum wieder ausfallen. Konntest du mit Ansäuern und ggfs noch mal Extraktion/Fällung nichts mehr retten?
Wenn man das wieder ansäuert bildet sich leider nicht das ursprüngliche Molekül zurück, sondern ein anderes (welches genau müsste ich nachlesen), physiologisch unwirksames. Da war leider nichts mehr zu retten.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
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