Pentacyclo[4.2.0.02,5.03,8.04,7]octan-1,4-dicarbonsäure, [32846-66-5]
Die Cuban-1,4-dicarbonsäure ist die Dicarbonsäure zum korrespondierenden Alkan Cuban. Cuban und viele seiner Verbindungen sind kinetisch stabil, thermodynamisch hingegen sehr instabil. Dies lässt sich mit den stark gespannten Bindungswinkel von 90° des Cubans und seiner Derivate erklären.[1] Cuban selbst ist die durchaus eher bekannte Verbindung, welche in den vergangenen Jahren an Popularität gewann. Mit der Entdeckung des Cuban-Moleküls, welches zuerst aufgrund der Bindungswinkel von 90° als äußerst instabil galt, wurde auch die
Cuban-1,4-dicarbonsäure entdeckt.
Die Darstellung der Cuban-1,4-dicarbonsäure erfolgte allerdings erst, als eine neue Syntheseroute die alte, zur Darstellung des Cubans genutzte, ablöste. Beide dieser Syntheserouten wurden von Prof. Dr. Philip Eaton aufgestellt und 1964 erstmalig durchgeführt und publiziert. In der ersten Syntheseroute wurde lediglich die Monocarbonsäure als Zwischenprodukt isoliert.[2] Heutzutage ermöglicht die Cuban-1,4-dicarbonsäure viele Substitutionen und Umwandlungen, beispielsweise in Arzneistoffe deren Benzolring durch den Cubanwürfel substituiert ist. Besonders bemerkenswert ist hierbei der schnellere Metabolismus im menschlichen Körper, die bessere Stoffwechselstabilität, sowie die bessere Löslichkeit. Möglich ist die Substitution des Benzolrings durch den Cubanwürfel, da beide Moleküle in etwa dieselbe Größe besitzen.[3] Ein Beispiel dafür ist das Molekül Cuba-Lumacaftor (Lumacaftor selbst wird als Medikament bei Mukoviszidose eingesetzt).
Das Würfelmolekül Cuban besitzt zwei Isomere, das Cunean und Octabisvalen. Das Valenzisomer des Cubans ist das Cyclooctatetraen (kurz: COT), in welches es auch selbst überführt werden kann.[5] Eine Besonderheit stellt die für Kohlenwasserstoffe enorm hohe Dichte von 1,29 g×cm-3 dar. Nach heutigen Kenntnissen besitzt es eine der höchsten Dichten unter den Kohlenwasserstoffen, was es neben seinen gespannten Bindungen zu einer außergewöhnlichen Verbindung macht.[5][2] Cuban zersetzt sich erst bei Temperaturen über 200 °C und ist sogar in der Diskussion, neuartige Treib- und Sprengstoffe zu ermöglichen.[5] Es kann intramolekulare metallkatalysierte Bindungsumlagerungen eingehen, wenn es mit einem Silber- oder Palladiumkatalysator umgesetzt wird. Dies führt zu Cunean.[6] Wird es stattdessen mit Rhodium versetzt und im Anschluss einer thermischen Umlagerung unterworfen, entsteht das Valenzisomer COT.[7]
Dieser Artikel beschränkt sich auf die Cuban-1,4-dicarbonsäure, aus welcher in einer drei- bis vierstufigen Synthese das korrespondierende Cuban-Alkan synthetisiert werden kann.[1][2] Die Synthese orientiert sich an der Publikation von 2022 „Approaches to 1,4‐Disubstituted Cubane Derivatives as Energetic Materials: Design, Theoretical Studies and Synthesis.“[4]
Geräte:
Bechergläser, Rundkolben, Rückflusskühler, Destillationsapparatur, Magnetheizrührer, Filternutsche, Trockenrohr, Heizpilz, Dean-Stark-Wasserabscheider, Scheidetrichter, Tropftrichter, Vakuumpumpe, Quecksilberdampflampe (volles Spektrum!), Quarzröhrchen, Rotationsverdampfer
Chemikalien:
Cyclopentanon


Ethylenglykol


Toluol



1,4-Dioxan



Brom



Natriumhydroxid

Methanol



Tetrahydrofuran



Salzsäure (konz.)


Benzol



Essigsäureanhydrid



Schwefelsäure (konz.)

Natriumchlorid
Natriumsulfat
Argon oder Stickstoff


Natriumcarbonat

Natriumthiosulfat
Aktivkohle
Chloroform


Hexan




Ethylacetat


Cyclopentanonethylenketal (1,4-Dioxaspiro[4.4]nonan)

2,2,5-Tribromcyclopentanonethylenketal (6,9,9-Tribrom-1,4-dioxaspiro[4.4]nonan)

Diels-Alder Diketal (4',7'-Dibromdispiro[1,3-dioxolan-2,10'-tricyclo[5.2.1.02,6]deca[4,8]dien-3',2"-[1,3]dioxolan])

Diels-Alder Monoketal-Keton (2',4'-Dibromo-3a',4',7',7a'-tetrahydro-1'H-spiro[[1,3]dioxolan-2,8'[4,7]methanoinden]1'-on)

Bis Homocubanon (5,9-Dibrompentacyclo[5.3.0.02,5.03,9.04,8]deca-6,10-dion-6-Ethylenketal)

Bis Homocuban Tetraacetat (5,9-Dibrompentacyclo[5.3.0.02,5.03,9.04,8]-deca-6,6’,10,10’-Tetraacetat)

Bromwasserstoff


Natriumbromid


Cuban-1,4-dicarbonsäure

Hinweis:
Bei der Synthese wird mit vielen stark giftigen oder karzinogenen Stoffen gearbeitet. Es ist unbedingt in einem Abzug zu arbeiten! Besonders ist Vorsicht beim Umgang mit Brom geboten. Viele der Zwischenprodukte sind nicht toxikologisch untersucht und sollten daher als Gefahrstoff gehandhabt werden. Beim Umgang mit der Quecksilberdampflampe auf die nötige Sicherheitsausrüstung (Handschuhe, UV-Schutzbrille, lange Kleidung) achten und Körperkontakt vermeiden!
Durchführung:
1. Synthese von Cyclopentanonethylenketal:
In einen Rundkolben wurden 63,5 g Cyclopentanon (0,76 mol) und 100 g Ethylenglykol (1,61 mol) gegeben. Dann wurden 125 ml Toluol (1,18 mol) zugegeben. Es wurden 500 mg p-Toluolsulfonsäure (2,63 mmol) als Katalysator zugefügt. Auf den Rundkolben wurde ein Dean-Stark-Wasserabscheider samt Rückflusskühler aufgesetzt und so lange unter Rückfluss gekocht, bis sich kein Wasser mehr abschied. Die gelbrot gefärbte Lösung wurde mit Natronlauge (2x100 ml, w = 10 %) und gesättigter Natriumchloridlösung (1x50 ml) im Scheidetrichter extrahiert und im Anschluss über Natriumsulfat getrocknet.
Durch mehrfache, fraktionierte Destillation wurde das Produkt Cyclopentanonethylenketal (Siedepunkt: 154-156 °C) als farblose, holzig-süßlich-riechende Flüssigkeit erhalten.
Ausbeute: 48,24 g (0,38 mol), 50% d. Th.
2. Synthese von 2,2,5-Tribromcyclopentanonethylenketal:
Zu einer Lösung von 25 g Cyclopentanonethylenketal (195,05 mmol) und 200 ml 1,4-Dioxan (2,34 mol) in einem 500 mL Rundkolben wurden unter Argonatmosphäre bei etwa 10 °C im Verlaufe einer Stunde unter Rühren 93,6 g Brom (0,59 mol) zugetropft. Der aufgesetzte Tropftrichter wurde durch ein Trockenrohr ausgetauscht und das Gemisch für zwei Tage weitergerührt (Abspaltung von Bromwasserstoff), bis sich die Farbe des Reaktionsgemisches von dunkelorange nach hellgelb änderte, was auf den vollständigen Verbrauch des Broms hindeutete.
Die Ausbeute (Quant.: 71,19 g) wurde nicht ermittelt und das Gemisch direkt im folgenden Schritt eingesetzt.
3. Synthese des Diels-Alder Diketals:
Die Reaktionslösung von 2 wurde in einen 1L-Zweihalskolben überführt und ein Rückflusskühler aufgesetzt. Über den anderen Hals wurde vorsichtig über den Zeitraum von einer Stunde eine methanolische Ntriumyhdroxidlösung zugegeben, welche aus 60,8 g Natriumhydroxid (1,52 mol) und 300 ml Methanol (7,42 mol) angefertigt wurde. Eine Kühlung ist hier erforderlich, da sich das Gemisch aufgrund der Neutralisationswärme des gelösten Bromwasserstoffs stark erhitzt. Das Reaktionsgemisch wurde dann für zwei Tage unter Rückfluss erhitzt.
Nach Abkühlen auf Raumtemperatur wurde die Lösung in kaltes Wasser gegeben und für 20 Minuten gerührt, damit sich als
Nebenprodukt entstandenes Natriumbromid auflöste. Das Produkt wurde abfiltriert und getrocknet. Das Diels-Alder Diketal wurde als weißes, kristallines Pulver erhalten.
Ausbeute: 25,30 g (62,30 mmol), 63,88% d. Th.
(Hinweis: Die Ausbeute wurde über zwei Stufen, ausgehend von 1, als Ein-Topf-Reaktion bestimmt)
4. Synthese des Diels-Alder Monoketal-Keton:
In einem 50 mL-Rundkolben wurden 500 mg Diels-Alder Diketal (1,23 mmol) unter Rühren in 10 ml Tetrahydrofuran (123,28 mmol) gelöst. Anschließend wurde 1 ml konzentrierte Salzsäure (32,64 mmol) über einen Zeitraum von 10 Minuten zugegeben. Der Kolben wurde verschlossen und das Gemisch für 24 Stunden weitergerührt. Im Anschluss wurde der Ansatz in eine Natriumcarbonatlösung (w = 10 %) gegeben und für eine Stunde weitergerührt. Danach wurde das Produkt abfiltriert und getrocknet. Es wurde das Diels-Alder Monoketal-Keton als weißes Pulver erhalten.
Ausbeute: 403 mg (1,11 mmol), 90,41% d. Th.
5. Synthese des Photoaddukts Bis-Homocubanon:
In einem Quarzglas wurden 200 mg Diels-Alder Monoketal-Keton (0,55 mmol) in 50 ml Benzol (0,56 mol) gelöst und mit dem vollen Emissionsspektrum einer 150 W Quecksilberdampflampe für 12 Stunden bestrahlt (NMR-Kontrolle). Danach wurde die Reaktionslösung am Rotationsverdampfer abgezogen, bis eine gelbe Suspension zurückblieb. Diese wurde mit Aktivkohle versetzt und, um farbige Verunreinigungen zu entfernen, durch ein Celite-Pad filtriert. Das Produkt wurde gemäß der Literatur aus einem Chloroform-Hexan-Gemisch rekristallisiert und getrocknet, was die Braunfärbung jedoch nicht beseitigte.
Das Photoaddukt wurde direkt im nächsten Schritt eingesetzt, weshalb keine Ausbeute ermittelt wurde (quant.: 200 mg).
6. Synthese von Bis-Homocuban-Tetraacetat:
Zu einer Lösung des Reaktionsproduktes aus (5) in 5 ml Essigsäureanhydrid (53 mmol) wurden bei 0 °C langsam 0,5 ml konzentrierte Schwefelsäure (9,38 mmol) zugegeben. Die Reaktionsmischung wurde für 4 Stunden bei 0 °C weitergerührt. Nach Abschluss der Reaktion wurde die Produktlösung in eiskaltes Wasser gegeben und für 30 Minuten gerührt. Im Anschluss wurde das Produkt abfiltriert und getrocknet. Es wurde Bis-Homocuban-Tetraacetat als leicht gelb-beiges Pulver erhalten.
Ausbeute: 88 mg (0,17 mmol), 30,50% d. Th.
(Hinweis: Die Ausbeute wurde über zwei Stufen, ausgehend von 4 ermittelt)
7. Synthese der Cuban-1,4-dicarbonsäure:
Eine Lösung aus 75,14 mg (0,14 mmol) in 7 ml Natriumyhydroxidlösung (w = 40 %) wurde für 20 Stunden unter Rückfluss erhitzt. Dann wurde das Reaktionsgemisch langsam auf Raumtemperatur abkühlen gelassen und im Anschluss auf 0 °C gekühlt. Das resultierende Gemisch wurde mit Wasser neutralisiert und im Anschluss mit Salzsäure angesäuert. Die Produktlösung wurde mit Ethylacetat (3x50 mL) im Scheidetrichter extrahiert, die gesamte organische Phase über wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet und das Ethylacetat abgezogen. Das Produkt wurde filtriert, mit Hexan gewaschen und erneut in Ethylacetat gelöst. Im Anschluss wurde das Produkt durch Abziehen des Lösungsmittels am Rotationsverdampfer getrocknet. Es wurde die Cuban-1,4-dicarbonsäure als hellbraunes Pulver erhalten.
Ausbeute: 23,6 mg (0,12 mmol), 85,38 % d. Th.
Die Gesamtausbeute der Synthese über alle Stufen beträgt 7,51 % und ließe sich besonders seitens der UV-Reaktion optimieren. Eine weitere Aufreinigung ist durch die Veresterung der Dicarbonsäure und Überführung in den Dimethylester und anschließende Vakuumsublimation möglich.
Entsorgung:
Verbindung 1 wird zu den organischen halogenfreien Lösungsmitteln gegeben.
Verbindungen 2-6 werden in den Behälter für halogenhaltige Abfälle gegeben.
Restliches Brom wird mit Natriumthiosulfat reduziert und ebenso in den Behälter für halogenhaltige Verbindungen gegeben.
Hexan und Ethylacetat werden zu den halogenfreien organischen Lösungsmitteln gegeben und Chloroform zu den organischen halogenhaltigen Lösungsmitteln.
Erklärungen:
Die Synthese der Cuban-1,4-Dicarbonsäure beginnt mit der Acetalisierung von Cyclopentanon zum Ethylenketal. Zu Beginn findet eine Protonierung am Carbonyl durch den Katalysator p-Toluolsulfonsäure statt. Nach der Ausbildung eines mesomeriestabilisierten Kations greift eine Hydroxygruppe des Ethylenglykols das Carbenium-Ion nukleophil an. Das Toluolsulfonsäure-Anion deprotoniert das Oxonium-Ion, um den Katalysator zu regenerieren. Das entstandene Halbketal-Zwischenprodukt wird an der linken Hydroxygruppe durch den Säurekatalysator protoniert, wodurch Wasser abgespalten und ein weiteres Oxonium-Ion gebildet wird. Das Oxonium-Ion wird dann intramolekular von einer Hydroxygruppe des vorherigen Alkohols angegriffen, wodurch der Ring geschlossen, die Doppelbindung aufgelöst und das Oxonium-Ion zurückgebildet wird. Das zuletzt entstandene Oxonium-Ion wird erneut von dem Toluolsulfonsäure-Anion deprotoniert, der Katalysator zurückgebildet und das Cyclopentanonethylenketal gebildet. Da bei dieser Synthese alle Schritte in einer Gleichgewichtsreaktion verlaufen, wird Wasser der Reaktion laufend entzogen, um das Gleichgewicht auf die Produktseite zu lenken und mehr des Acetals zu bilden.
Darauffolgend wird das Acetal dreifach unter Abspaltung von Bromwasserstoff bromiert, welches zu dem Tribromketal führt.
Zuerst läuft eine Startreaktion nach dem Mechanismus einer radikalischen Substitution SR ab, welche den Katalysator Bromwasserstoff bildet. Dabei wird das Brommolekül durch Licht homolytisch in zwei Brom-Radikale gespalten. Eines der Brom-Radikale greift die C-H-Bindung an, was dazu führt, dass diese ebenso homolytisch gespalten und Bromwasserstoff frei wird. Das entstandene Kohlenstoff-Radikal wird dann von dem zweiten Brom-Radikal angegriffen, wodurch es zur Ausbildung einer C-Br-Bindung kommt. Als Produkt dieser Startreaktion entsteht ein monobromiertes Ketal. Nach der Startreaktion öffnet sich das Acetal unter Katalyse von H+ und es entsteht ein Enolether. Das Brom, welches in der Lösung vorliegt, wird von dem 1,4-Dioxan polarisiert, wodurch der 1,4-Dioxan-Brom-Komplex entsteht. Die Enoldoppelbindung greift das positiv polarisierte Brom-Atom an. Durch Abspaltung von einem Bromid-Ion und einem Proton wird der Katalysator zurückgebildet und das monobromierte Hauptprodukt entsteht. Dies passiert noch zweimal, um das 2,5-Dibromketal zu formen und dann ein drittes Mal durch Deprotonierung, um das 2,2,5-Tribromcyclopentanonethylenketal zu bilden. Da der letzte Schritt in einer Gleichgewichtsreaktion abläuft, lässt sich das Gleichgewicht durch Neutralisation auf die rechte Seite verschieben. Aufgrund von sterischen und elektrophilen Effekten entstehen keine höher brominierten Produkte.
Es folgt die Diels-Alder-Addition oder auch [4+2]-Cycloaddition, welche nach dem folgenden Mechanismus abläuft: Wie bei jeder Diels-Alder-Addition überlagern sich im Übergangszustand die p-Orbitale von Dien und Dienophil so, dass neue Bindungen ausgebildet werden. Genauer gesagt deprotoniert das Hydroxid-Anion des Natriumhydroxids zunächst den Kohlenstoff am benachbarten Bromatom, wodurch eine Doppelbindung entsteht und das Brom unter Bildung von Natriumbromid und Wasser abgespalten wird. Dies geschieht zweimal, um das Dien zu bilden. Zwei dieser Diene können dann miteinander reagieren, wobei eines als Dien und das andere als Dienophil fungiert. Die Reaktion läuft unter höheren Temperaturen schneller ab, weshalb unter Rückfluss gekocht wurde. In Wirklichkeit findet diese Reaktion im 3D-Raum statt und ist daher in 2D schwierig darzustellen.
Im Anschluss folgt eine selektive Entschützung mit konzentrierter Salzsäure in THF. Zuallererst wird das O-Atom des Acetals durch konzentrierte Salzsäure protoniert. Das entstehende Oxonium-Ion sorgt im Folgeschritt dafür, dass das Acetal seinen Ring öffnet. Im Folgeschritt addiert sich Wasser an das zentral liegende C-Atom des Acetalrings. Das entstehende Oxonium-Ion wird deprotoniert und das abgespaltene Proton wird von Wasser unter Bildung eines Hydronium-Ions aufgenommen. Das zweite Sauerstoff-Atom des Ketalrings wird dann ebenso protoniert, wodurch es zur Abspaltung von Ethylenglykol kommt. Das entstehende Oxocarbenium-Ion bildet den Katalysator zurück und bildet das monoacetalisierte Addukt. Anschließend wird das entstandene Monoketal-Keton einer [2+2]-Cycloaddition unterzogen. Bei einer [2+2]-Cycloaddition liegen im Grundzustand zwei Alken-Moleküle mit unterschiedlichen Symmetrien vor. Das HOMO (highest occupied molecular orbital) des einen Alkens hat keine Knotenebene, während das LUMO des jeweils anderen Alkens eine Knotenebene aufweist. Dadurch können die Orbitale mit gleichem Vorzeichen nicht ohne Weiteres zur Deckung gebracht werden, wodurch keine Reaktion möglich ist. Wird bei einem der zwei Alkene ein Elektron durch UV-Bestrahlung angeregt und in das nächsthöhere Energieniveau, genannt LUMO, angehoben, entsteht aus diesem ein SOMO (singly occupied molecular orbital). Das besetzte SOMO-Orbital mit der gleichen Symmetrie wie das LUMO des anderen Alkenmoleküls, können jetzt miteinander wechselwirken und eine Reaktion ermöglichen.
Es erfolgt eine intramolekulare [2+2]-Cycloaddition.
Es folgt eine Acetylierung mit Essigsäureanhydrid unter Katalyse von Schwefelsäure. Zur Darstellung des Mechanismus bedarf es weiterer Forschung. Vermutlich läuft die Acetylierung über das Hydrat des Ketonderivats, dazu gibt es jedoch keine gefestigte Literatur. Zuletzt erfolgt eine Quasi-Favorskii-Umlagerung in Natronlauge. Zu Beginn hydrolysiert der Acetalester im Alkalischen, indem das Acetat-Ion nukleophil am C-Atom des Carbonyls von dem Hydroxid-Ion angegriffen wird. Dies führt zur Abspaltung von Essigsäure, welche direkt deprotoniert wird, und gleichzeitig zur Bildung
eines Halbacetals. Da Halbacetale von sich aus recht instabile Verbindungen sind und die negative Ladung am Sauerstoff ein instabiles Intermediat darstellt, wird die Ladung durch Abspaltung der Acetylgruppe als Acetat-Ion ausgeglichen. Dieses Intermediat steht im Gleichgewicht zu dem korrespondierenden Carbonyl. Da das Gleichgewicht nahezu
vollständig auf der Seite des Ketons liegt, können dieselben Schritte an der anderen Acetalgruppe ablaufen, was zur Bildung des Diketons führt. Dies stellt den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt dar. Dieses Diketon ist nun in der Lage, eine Quasi-Favorskii-Umlagerung einzugehen. Im ersten Schritt wird das α-Kohlenstoffatom der Carbonylgruppe nukleophil von dem Hydroxid-Ion des Natriumhydroxids angegriffen. Das entstehende Intermediat ist aufgrund des Oxoanions (O-) instabil, wodurch ein Ringschluss abläuft, um die Ladung wieder auszugleichen. Der Sauerstoff bildet eine Doppelbindung aus, wobei der Kohlenstoff den Würfel schließt und das Brom-Atom als Bromid abgespalten wird. Dieser Prozess läuft noch ein weiteres Mal ab, um eine zweite Carboxygruppe an der Carbonylgruppe des Edukts auszubilden. Die Quasi-Favorskii-Umlagerung führt zur Cuban-1,4-Dicarbonsäure.
Bilder:
Isoliertes, aufgereinigtes Cyclopentanonethylenketal.
Ansatz der Bromierung.
2,2,5-Tribromcyclopentanonethylenketal in 1,4-Dioxan gelöst.
Diels-Alder-Addition.
Isoliertes Diels-Alder-Addukt.
Ansatz zur selektiven Entschützung.
[2+2]-Cycloaddition mit der Hg-Dampflampe.
Tetraacetat nach der Acetylierung.
Quasi-Favorskii-Umlagerung.
Cuban-1,4-Dicarbonsäure (Nahaufnahme).
H-NMR-Spektren:1
Standard: TMS (0 ppm)
Lösungsmittel (wenn nicht anders angegeben): Deuterochloroform
Aufgenommen mit einem 400 MHz NMR-Spektroskop.
Cyclopentanonethylenketal Der längste Peak (Singulett) bei 3,83/3,84 ppm ist auf die Acetalgruppe zurückzuführen. Die Singulett-Peaks bei 1,6/1,7 ppm sind die Signale des Cyclopentanrings. Weitere Peaks sind unter anderem TMS bei 0 ppm, H2O bei 1,56 ppm (beide aus dem NMR-Lösungsmittel), Chloroform (CHCl3) bei 7,24 ppm als in dem NMR-Lösungsmittel zu geringem Anteil enthaltener Stoff, Toluol ist bei etwa 7,1 (CH2 (2,4,6)), 7,2 ppm (CH2 (3,5)) und 2,3 ppm (CH3), sowie Ethylenglykol bei 3,64/3,65 ppm zu verorten. Das Edukt Cyclopentanon lässt sich in Form von zwei Singuletts bei 1,85-2,1 ppm finden.
Diels-Alder-Diketal Der Peak bei 2,71 ppm lässt sich auf das Proton rechts am Norbornengerüst verorten. Links daneben befindet sich das Proton mit einer chemischen Verschiebung von 3,07 ppm. Das untere Proton an der Doppelbindung liegt bei 6,18 ppm und das obere Proton an der Doppelbindung bei 5,83 ppm. An der rechten Doppelbindung befindet sich ein Proton mit einer chemischen Verschiebung von 6,07 ppm und das links angrenzende Proton liegt bei 3,49 ppm. Die Multipletts bei etwa 4,06 ppm sind auf die Protonen am Acetal zurückzuführen.
Diels-Alder-Monoketal-Keton Der Peak bei 3,07 ppm lässt sich auf das Proton links von der Carbonylgruppe verorten. Links daneben befindet sich das Proton mit einer chemischen Verschiebung von 3,19 ppm. Das untere Proton an der linken Doppelbindung liegt bei 6,00 ppm und das obere Proton an der Doppelbindung bei 5,93 ppm. An der rechten Doppelbindung befindet sich ein Proton mit einer chemischen Verschiebung von 7,62 ppm und das links angrenzende Proton liegt bei 3,7 ppm. Die Multipletts bei etwa 3,94-4,23 ppm sind auf die Protonen am Acetal zurückzuführen.
Bis-Homocubanon Die Peaks des NMRs der Cycloaddition lassen sich ohne weitere Fachkenntnisse nicht weiter bestimmen. Zu den Peaks der eigentlichen Verbindung kommen viele Verunreinigungen hinzu, welche das Auswerten erschweren.
Die Literatur nennt Peaks im Bereich 2.62-2.65 ppm; 2.93-2.95 ppm; 3.23-3.31 ppm; 3.33-3.36 ppm; 3.37-3.42 ppm; 3.55-3.59 ppm; 3.95-4.06 ppm und 4.17-4.27 ppm.
Bis-Homocuban-Tetraacetat Der Singulett-Peak bei 2,05 ppm und 2,13 ppm lässt sich auf die Acetatgruppen zurückführen. Aufgrund der komplexen Molekülstruktur lassen sich in diesem Fall keine weiteren Aussagen zu der Zuordnung der Signale machen. Für diese bräuchte es weitere Analysen.
Cuban-1,4-dicarbonsäure Die Peaks, die die Protonen der Cuban-1,4-Dicarbonsäure beschreiben, befinden sich bei folgender chemischer Verschiebung:
Der DMSO-Peak (aus dem NMR-Lösungsmittel) ist bei 2,5 ppm zu finden, der H2O-Peak bei 3,33 ppm und der TMS-Peak bei 0 ppm.
Die Peaks bei etwa 1,2 ppm (CH2CH3), 2,0 ppm (CH3CO) und 4,0 ppm (CH2CH3) lassen sich auf das Lösungsmittel der Extraktionsprozesse, Ethylacetat, zurückführen.
Auf Seiten der Cuban-1,4-Dicarbonsäure zeigt sich der Singulett-Peak bei 4,11 ppm, welcher auf die sechs Protonen des Cubanwürfels zurückzuführen ist. Die Carboxygruppen schlagen durch Wechselwirkungen mit Wasser in einem großen Bereich aus, welcher bei 11,5-13,5 ppm zu verorten ist. Durch die Säuregruppen werden die Signale (siehe auch das des Wassers), deutlich in die Breite gezogen. Im Allgemeinen zeigt sich, dass das erhaltene Produkt wenige Verunreinigungen aufweist, welche vor allem überschüssige Lösungsmittel sind, die bei der Aufreinigung eingesetzt wurden.
Danksagung:
Herzlichen Dank an die Universität Siegen für die Durchführung der Synthese, sowie Unterstützung bei der jeweiligen Auswertung!
Literatur:
[1] Philip E. Eaton, Thomas W. Cole: The Cubane System. In: Journal of the American Chemical Society. Band 86, Nr. 5, März 1964, S. 962–964, doi:10.1021/ja01059a072.
[2] Philip E. Eaton, Thomas W. Cole: Cubane. In: Journal of the American Chemical Society. Band 86, Nr. 15, August 1964, S. 3157–3158, doi:10.1021/ja01069a041.
[3] Barsted, G. (2023, 20. Dezember). Cubanes help drugs take the strain. Chemistry World. https://www.chemistryworld.com/features ... 06.article[abgerufen am 17. August 2024].
[4] Sohan Lal, Argha Bhattacharjee, Arindrajit Chowdhury, Neeraj Kumbhakarna, Irishi N. N. Namboothiri: Approaches to 1,4‐Disubstituted Cubane Derivatives as Energetic Materials: Design, Theoretical Studies and Synthesis. In: Chemistry – An Asian Journal. Band 17, Nr. 17, September 2022, ISSN 1861-4728, September 2022, doi:10.1002/asia.202200489
[5] Philip E. Eaton: Cubane: Ausgangsverbindungen für die Chemie der neunziger Jahre und des nächsten Jahrhunderts. In: Angewandte Chemie. Band 104, Nr. 11, November 1992, ISSN 0044-8249, S. 1447–1462, doi:10.1002/ange.19921041105
[6] Philip E. Eaton, Luigi Cassar, Jack Halpern: Silver(I)- and palladium(II)-catalyzed isomerizations of cubane. Synthesis and characterization of cuneane. In: Journal of the American Chemical Society. Band 92, Nr. 21, Oktober 1970, ISSN 0002-7863, S. 6366–6368, doi:10.1021/ja00724a061
[7] Luigi Cassar, Philip E. Eaton, Jack Halpern: Catalysis of symmetry-restricted reactions by transition metal compounds. Valence isomerization of cubane. In: Journal of the American Chemical Society. Band 92, Nr. 11, Juni 1970, ISSN 0002-7863, S. 3515–3518, doi:10.1021/ja00714a075