4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin, 2-(4-Nitrophenylazo)-4-Nitroaminobenzol, 4-Nitro-2-(4-nitro-phenylazo)-phenylamin, [28150-97-2]
Bei einer Literatursuche bin ich in Mikrochimica Acta über einen Artikel[1] von Légrádi über einen Tüpfelnachweis von Magnesium gestolpert. Das Reagenz ist ein einfacher Azofarbstoff, ähnlich Magneson und auch nicht speziell empfindlicher. Bemerkenswert daran ist die Art und Weise, wie dieser Farbstoff hergestellt wird: nicht durch klassische Azo-Kupplung zweier Komponenten sondern durch eine Art In-Situ-Sandmeyer-Reaktion des Diazoniumsalzes, sodass sich das ursprüngliche Amin wieder bildet und mit dem verbleibenden Diazoniumsalz kuppelt. Auf diese Art können Schwierigkeiten mit der Löslichkeit und Kupplungsbereitschaft eines wenig reaktiven Kupplungspartners wie p-Nitroanilin umgangen werden.
Geräte:
Becherglas, Magnetrührer, Filternutsche, Eisbad
Chemikalien:
p-Nitroanilin


Salzsäure


Natriumnitrit



konz. Ammoniaklösung



Ethanol (Spiritus)


4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin

Durchführung:
In einem 400 ml Becherglas werden 3,5 g (25 mmol) p-Nitroanilin in 40 ml konz. Salzsäure unter Erwärmen aufgelöst und mit 110 ml dest. Wasser bzw. Eis verdünnt. Die Lösung wird in ein Eisbad gestellt und eine Lösung von 1,75 g (25 mmol) Natriumnitrit in wenigen ml dest Wasser langsam zugesetzt. Es bildet sich rasch das Diazoniumsalz.
Nun wird langsam und in kleinen Portionen so lange konz. Ammoniaklösung zugegeben, bis ein pH von ca 5-6 erreicht ist. Dabei kommt es zu einer Gasbildung und Ausscheidung eines bräunlichen Niederschlags. Der Niederschlag wird abgenutscht, mit etwas dest. Wasser nachgewaschen und in einem 600 ml Becherglas in 300 ml Ethanol (Spiritus) siedend gelöst. Die Lösung wird heiß von geringen Mengen eines unlöslichen Rests abfiltriert, das Produkt durch Zugabe von 250 ml Wasser gefällt, abgenutscht und getrocknet.
Ausbeute: 2,80 g (77 % d.Th.) eines senffarbenen Produkts.
Achtung: Das Produkt neigt sehr zu statischer Aufladung, wie man es auch bei verwandten Stoffen beobachten kann - beim Zerkleinern nach dem Trocknen fliegen kleine Teile in alle Richtungen davon und Pulver haftet an allem, Spatel, Gläser, Reibschalen ... - und lässt sich kaum schütten.
Test: es wurde eine gesättigte Lösung des Reagenzes in Ethanol hergestellt. Das Prpäparat bildete eine dunkelorange Lösung.
In Reagenzgläsern wurden ca. 5-10 ml von dest Wasser (Blindprobe), Leitungswasser (Gehalt ca. 15 mg Mg/l), und Lösungen von einer Spatelspitze Magnesiumchlorid bzw. Nickelsulfat vorgelegt. Dann wurde 1 ml einer 1 M Natronlauge und 2 Tropfen der Reagenzlösung zugegeben.
Im destillierten Wasser bildet sich eine schöne hell-kirschrote Färbung, im Leitungswasser eine rote Färbung mit leichtem Violettstich. Erst nach längerem Stehen ist die Bildung eines Farblacks erkennbar der sich absetzt. In der Lösung mit Magnesium bildet sich eine intensiv dunkelviolette Färbung und es setzt sich langsam ein violetter Farblack ab, der Überstand ist farblos. In der Lösung mit Nickel bildet sich eine violette Färbung und es setzt sich relativ rasch ein violetter Farblack ab, der Überstand ist weiterhin schwach rot gefärbt. Ein Test mit Calcium zeigte keine Färbung (bleibt rot).
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den organischen, halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Das p-Nitroanilin wird zunächst vollständig zum Diazoniumsalz umgesetzt. Bei Zugabe von Ammoniak kommt es jedoch teilweise zu einer Rückbildung von p-Nitroanilin nach dem Prinzip einer Sandmeyer-Reaktion:
Das frisch gebildete p-Nitroanilin reagiert mit dem vorhandenen Diazoniumsalz zum Produkt, p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin:
Auf diese Weise kann man elegant das Problem umgehen, dass p-Nitroanilin nur in relativ starker Salzsäure einigermaßen löslich ist, in dieser stark sauren Lösung jedoch keine Azokupplung stattfinden kann (Desaktivierung durch Bildung des Anilinium-Ions).
p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin ist relativ schlecht wasserlöslich, im Neutralen blassgelb und schlägt im Alkalischen nach kirschrot um. Mit Magnesium bildet es einen intensiv violett gefärbten Farblack. Auch mit Nickel gibt es eine Reaktion, diese fällt jedoch deutlich weniger empfindlich aus. Zu weiteren Ionen oder Störungen macht die Literatur keine Angaben und merkt lediglich an "mit Alkali fällbare Metalle müssen vorher entfernt werden" und "Erdalkalimetalle stören den Nachweis nicht".
Légrádi beschreibt in seiner Arbeit auch eine Ausführung als Tüpfeltest und gibt als Nachweisgrenze 10 µg Mg an, darunter sei mit verdünnterem Reagenz auch noch der Nachweis von 0,1 µg Mg und 15 µg Ni möglich. 10 µg Mg in einem Tropfen beim Tüpfeltest (ca. 0,05 ml) entspricht einer Konzentration von 200 mg/l und ist sicher problemlos erkennbar, auch 1/10 davon (wie in etwa in meinem Leitungswasser) ist im direkten Vergleich zu einer Blindprobe identifizierbar. Noch mal einen weiteren Faktor 10 auf 2 mg/ml bzw. 0,1 µg Mg halte ich jedoch für nicht nachvollziehbar.
Bilder:
Diazotierung von p-Nitroanilin
Umsetzung mit konz. Ammoniak
beendete Reaktion
Fällung des gereinigten Produkts aus Ethanol durch Zugabe von Wasser
Das fertige Produkt
Test der Eigenschaften (vlnr: Reagenzlösung, Blindprobe, Leitungswasser, Spatelspitze Magnesiumchlorid, Spatelspitze Nickelsulfat)
Literatur:
[1] L. Légrádi, Mikrochim Acta. 1970, 58 (2), 262–266. DOI: https://doi.org/10.1007/BF01221601.