Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
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Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin, 2-(4-Nitrophenylazo)-4-Nitroaminobenzol, 4-Nitro-2-(4-nitro-phenylazo)-phenylamin, [28150-97-2]
Bei einer Literatursuche bin ich in Mikrochimica Acta über einen Artikel[1] von Légrádi über einen Tüpfelnachweis von Magnesium gestolpert. Das Reagenz ist ein einfacher Azofarbstoff, ähnlich Magneson und auch nicht speziell empfindlicher. Was ich daran bemerkenswert fand, war die Art und Weise wie dieser Farbstoff hergestellt wurde: nicht durch klassische Azo-Kupplung zweier Komponenten sondern durch eine Art In-Situ-Sandmeyer-Reaktion des Diazoniumsalzes sodass sich das ursprüngliche Amin wieder bildet und mit dem verbleibenden Diazoniumsalz kuppelt. Auf diese Art können Schwierigkeiten mit der Löslichkeit und Kupplungsbereitschaft eines wenig reaktiven Kupplungspartners wie p-Nitroanilin umgangen werden.
Geräte:
Becherglas, Magnetrührer, Filternutsche, Eisbad
Chemikalien:
p-Nitroanilin
Salzsäure
Natriumnitrit
konz. Ammoniaklösung
Ethanol (Spiritus)
4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin
Durchführung:
In einem 400 ml Becherglas wurden 3,5 g (25 mmol) p-Nitroanilin in 40 ml konz. Salzsäure unter Erwärmen aufgelöst und mit 110 ml dest. Wasser bzw. Eis verdünnt. Die Lösung wurde in ein Eisbad gestellt und eine Lösung von 1,75 g (25 mmol) Natriumnitrit in wenigen ml dest Wasser langsam zugesetzt. Es bildete sich rasch das Diazoniumsalz.
Nun wurde langsam und in kleinen Portionen so lange konz. Ammoniaklösung zugegeben, bis ein pH von ca 5-6 erreicht war. Es kam dabei zu einer Gasbildung und Ausscheidung eines bräunlichen Niederschlags. Der Niederschlag wurde abgenutscht, mit etwas dest. Wasser nachgewaschen und in einem 600 ml Becherglas in 300 ml. Ethanol (Spiritus) siedend gelöst. Die Lösung wurde von geringen Mengen eines unlöslichen Rests heiß abfiltriert und das Produkt durch Zugabe von 250 ml Wasser gefällt, abgenutscht und getrocknet.
Ausbeute: 2,80 g (77% d.Th.) eines senffarbenen Produkts.
Achtung: Das Produkt neigt sehr zu statischer Aufladung wie man es auch bei verwandten Stoffen beobachten kann - beim Zerkleinern nach dem Trocknen fliegen kleine Teile in alle Richtungen davon und Pulver haftet an allem - Spatel, Gläser, Reibschalen - und lässt sich kaum schütten.
Test: es wurde eine gesättigte Lösung des Reagenzes in Ethanol hergestellt, das Pulver bildet eine dunkelorange Lösung.
In Reagenzgläsern wurden ca. 5-10 ml von dest Wasser (Blindprobe), Leitungswasser (Gehalt ca. 15 mg/l), und Lösungen von einer Spatelspitze Magnesiumchlorid bzw. Nickelsulfat vorgelegt. Dann wurde 1 ml einer 1 M NaOH und 2 Tropfen der Reagenzlösung zugegeben.
Im destillierten Wasser bildet sich eine schöne hell-kirschrote Färbung, im Leitungswasser eine rote Färbung mit leichtem Violettstich. Erst nach längerem Stehen ist die Bildung eines Farblacks erkennbar der sich absetzt. In der Lösung mit Mg bildet sich eine intensiv dunkelviolette Färbung und es setzt sich langsam ein violetter Farblack ab, der Überstand ist farblos. In der Lösung mit Ni bildet sich eine violette Färbung und es setzt sich relativ rasch ein violetter Farblack ab, der Überstand ist weiterhin schwach rot gefärbt. Ein Test mit Ca zeigte keine Färbung (bleibt rot).
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den organischen, halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Das p-Nitroanilin wird zunächst vollständig zum Diazoniumsalz umgesetzt. Bei Zugabe von NH3 kommt es jedoch teilweise zu einer Rückbildung von p-Nitroanilin nach dem Prinzip einer Sandmeyer-Reaktion:
Das frisch gebildete p-Nitroanilin reagiert mit dem vorhandenen Diazoniumsalz zum Produkt, p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin:
Auf diese Weise kann man elegant das Problem umgehen, dass p-Nitroanilin nur in relativ starker Salzsäure einigermaßen löslich ist, in dieser stark sauren Lösung jedoch keine Azokupplung stattfinden kann (Desaktivierung durch Bildung des Anilinium-Ions).
p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin ist relativ schlecht wasserlöslich, im neutralen blassgelb und schlägt im alkalischen nach kirschrot um. Mit Mg bildet es einen intensiv violett gefärbten Farblack. Auch mit Ni gibt es eine Reaktion, diese fällt jedoch deutlich weniger empfindlich aus. Zu weiteren Ionen oder Störungen macht die Literatur keine Angaben, merkt lediglich an "mit Alkali fällbare Metalle müssen vorher entfernt werden" und "Erdalkalimetalle stören den Nachweis nicht".
Légrádi beschreibt in seiner Arbeit auch eine Ausführung als Tüpfeltest und gibt als Nachweisgrenze 10 µg Mg an, darunter sei mit verdünnterem Reagenz auch noch der Nachweis von 0,1 µg Mg und 15 µg Ni möglich. 10 µg Mg in einem Tropfen beim Tüpfeltest (ca. 0,05 ml) entspricht einer Konzentration von 200 mg/l ist sicher problemlos erkennbar, auch 1/10 davon (wie in etwa in meinem Leitungswasser) ist im direkten Vergleich zu einer Blindprobe identifizierbar. Noch mal einen weiteren Faktor 10 auf 2 mg/ml bzw. 0,1 µg Mg halte ich jedoch für nicht nachvollziehbar.
Bilder: Diazotierung von p-Nitroanilin
Umsetzung mit konz. Ammoniak
beendete Reaktion
Fällung des gereinigten Produkts aus Ethanol durch Zugabe von Wasser
Das fertige Produkt
Test der Eigenschaften
vlnr: Reagenzlösung, Blindprobe, Leitungswasser, Spatelspitze Magnesiumchlorid, Spatelspitze Nickelsulfat
Literatur:
[1] L. Légrádi, Mikrochim Acta. 1970, 58 (2), 262–266. DOI: https://doi.org/10.1007/BF01221601.
4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin, 2-(4-Nitrophenylazo)-4-Nitroaminobenzol, 4-Nitro-2-(4-nitro-phenylazo)-phenylamin, [28150-97-2]
Bei einer Literatursuche bin ich in Mikrochimica Acta über einen Artikel[1] von Légrádi über einen Tüpfelnachweis von Magnesium gestolpert. Das Reagenz ist ein einfacher Azofarbstoff, ähnlich Magneson und auch nicht speziell empfindlicher. Was ich daran bemerkenswert fand, war die Art und Weise wie dieser Farbstoff hergestellt wurde: nicht durch klassische Azo-Kupplung zweier Komponenten sondern durch eine Art In-Situ-Sandmeyer-Reaktion des Diazoniumsalzes sodass sich das ursprüngliche Amin wieder bildet und mit dem verbleibenden Diazoniumsalz kuppelt. Auf diese Art können Schwierigkeiten mit der Löslichkeit und Kupplungsbereitschaft eines wenig reaktiven Kupplungspartners wie p-Nitroanilin umgangen werden.
Geräte:
Becherglas, Magnetrührer, Filternutsche, Eisbad
Chemikalien:
p-Nitroanilin
Salzsäure
Natriumnitrit
konz. Ammoniaklösung
Ethanol (Spiritus)
4-nitro-2-[(E)-(4-nitrophenyl)diazenyl]anilin
Durchführung:
In einem 400 ml Becherglas wurden 3,5 g (25 mmol) p-Nitroanilin in 40 ml konz. Salzsäure unter Erwärmen aufgelöst und mit 110 ml dest. Wasser bzw. Eis verdünnt. Die Lösung wurde in ein Eisbad gestellt und eine Lösung von 1,75 g (25 mmol) Natriumnitrit in wenigen ml dest Wasser langsam zugesetzt. Es bildete sich rasch das Diazoniumsalz.
Nun wurde langsam und in kleinen Portionen so lange konz. Ammoniaklösung zugegeben, bis ein pH von ca 5-6 erreicht war. Es kam dabei zu einer Gasbildung und Ausscheidung eines bräunlichen Niederschlags. Der Niederschlag wurde abgenutscht, mit etwas dest. Wasser nachgewaschen und in einem 600 ml Becherglas in 300 ml. Ethanol (Spiritus) siedend gelöst. Die Lösung wurde von geringen Mengen eines unlöslichen Rests heiß abfiltriert und das Produkt durch Zugabe von 250 ml Wasser gefällt, abgenutscht und getrocknet.
Ausbeute: 2,80 g (77% d.Th.) eines senffarbenen Produkts.
Achtung: Das Produkt neigt sehr zu statischer Aufladung wie man es auch bei verwandten Stoffen beobachten kann - beim Zerkleinern nach dem Trocknen fliegen kleine Teile in alle Richtungen davon und Pulver haftet an allem - Spatel, Gläser, Reibschalen - und lässt sich kaum schütten.
Test: es wurde eine gesättigte Lösung des Reagenzes in Ethanol hergestellt, das Pulver bildet eine dunkelorange Lösung.
In Reagenzgläsern wurden ca. 5-10 ml von dest Wasser (Blindprobe), Leitungswasser (Gehalt ca. 15 mg/l), und Lösungen von einer Spatelspitze Magnesiumchlorid bzw. Nickelsulfat vorgelegt. Dann wurde 1 ml einer 1 M NaOH und 2 Tropfen der Reagenzlösung zugegeben.
Im destillierten Wasser bildet sich eine schöne hell-kirschrote Färbung, im Leitungswasser eine rote Färbung mit leichtem Violettstich. Erst nach längerem Stehen ist die Bildung eines Farblacks erkennbar der sich absetzt. In der Lösung mit Mg bildet sich eine intensiv dunkelviolette Färbung und es setzt sich langsam ein violetter Farblack ab, der Überstand ist farblos. In der Lösung mit Ni bildet sich eine violette Färbung und es setzt sich relativ rasch ein violetter Farblack ab, der Überstand ist weiterhin schwach rot gefärbt. Ein Test mit Ca zeigte keine Färbung (bleibt rot).
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den organischen, halogenfreien Abfällen.
Erklärung:
Das p-Nitroanilin wird zunächst vollständig zum Diazoniumsalz umgesetzt. Bei Zugabe von NH3 kommt es jedoch teilweise zu einer Rückbildung von p-Nitroanilin nach dem Prinzip einer Sandmeyer-Reaktion:
Das frisch gebildete p-Nitroanilin reagiert mit dem vorhandenen Diazoniumsalz zum Produkt, p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin:
Auf diese Weise kann man elegant das Problem umgehen, dass p-Nitroanilin nur in relativ starker Salzsäure einigermaßen löslich ist, in dieser stark sauren Lösung jedoch keine Azokupplung stattfinden kann (Desaktivierung durch Bildung des Anilinium-Ions).
p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin ist relativ schlecht wasserlöslich, im neutralen blassgelb und schlägt im alkalischen nach kirschrot um. Mit Mg bildet es einen intensiv violett gefärbten Farblack. Auch mit Ni gibt es eine Reaktion, diese fällt jedoch deutlich weniger empfindlich aus. Zu weiteren Ionen oder Störungen macht die Literatur keine Angaben, merkt lediglich an "mit Alkali fällbare Metalle müssen vorher entfernt werden" und "Erdalkalimetalle stören den Nachweis nicht".
Légrádi beschreibt in seiner Arbeit auch eine Ausführung als Tüpfeltest und gibt als Nachweisgrenze 10 µg Mg an, darunter sei mit verdünnterem Reagenz auch noch der Nachweis von 0,1 µg Mg und 15 µg Ni möglich. 10 µg Mg in einem Tropfen beim Tüpfeltest (ca. 0,05 ml) entspricht einer Konzentration von 200 mg/l ist sicher problemlos erkennbar, auch 1/10 davon (wie in etwa in meinem Leitungswasser) ist im direkten Vergleich zu einer Blindprobe identifizierbar. Noch mal einen weiteren Faktor 10 auf 2 mg/ml bzw. 0,1 µg Mg halte ich jedoch für nicht nachvollziehbar.
Bilder: Diazotierung von p-Nitroanilin
Umsetzung mit konz. Ammoniak
beendete Reaktion
Fällung des gereinigten Produkts aus Ethanol durch Zugabe von Wasser
Das fertige Produkt
Test der Eigenschaften
vlnr: Reagenzlösung, Blindprobe, Leitungswasser, Spatelspitze Magnesiumchlorid, Spatelspitze Nickelsulfat
Literatur:
[1] L. Légrádi, Mikrochim Acta. 1970, 58 (2), 262–266. DOI: https://doi.org/10.1007/BF01221601.
Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Na, das ist doch mal wieder was für mich - ich liebe Farbstoffchemie und Indikatoren.
Muss unbedingt mal ausprobiert werden, habe hier ja noch genug Nitroanilin rumstehen, mit dem ich schon Magneson nach Deiner Anleitung hergestellt hatte.
Erstaunlich, dass das Produkt fast genauso wie das Edukt aussieht. Vergleichstests mit dem Edukt wären vll. interessant. Tut Nitroanilin da selbst auch schon was? (Auf die Idee, das auszuprobieren, war ich zuvor noch nicht gekommen...)
Und wie wohl die Farblacke mit den "Störern" aussähen?
Nur eine Kleinigkeit - hier muss wohl ein bisschen was verunglückt sein:
Muss unbedingt mal ausprobiert werden, habe hier ja noch genug Nitroanilin rumstehen, mit dem ich schon Magneson nach Deiner Anleitung hergestellt hatte.
Erstaunlich, dass das Produkt fast genauso wie das Edukt aussieht. Vergleichstests mit dem Edukt wären vll. interessant. Tut Nitroanilin da selbst auch schon was? (Auf die Idee, das auszuprobieren, war ich zuvor noch nicht gekommen...)
Und wie wohl die Farblacke mit den "Störern" aussähen?
Nur eine Kleinigkeit - hier muss wohl ein bisschen was verunglückt sein:
Im Leitungswasser bildet sich eine schöne kirschrote Färbung, im Leitungswasser eine rote Färbung mit leichtem Violoettstich.
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- FrankBL
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Eine sehr interessante Synthese, auch für mich als aus der Azofarbstoffchemie kommend!
Ich werde bald einen Azofarbstoff vorstellen, bei dem die Azokupplung ebenfalls auf eine besondere Art und Weise hergestellt wird.
Ich muss nur noch die praktischen Versuche vervollständigen...
Ich werde bald einen Azofarbstoff vorstellen, bei dem die Azokupplung ebenfalls auf eine besondere Art und Weise hergestellt wird.
Ich muss nur noch die praktischen Versuche vervollständigen...
- mgritsch
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Die ähnliche Farbe sagt nichts, wobei reines Nitroanilin auch nicht so bräunlich ist. Nitroanilin hat kein Diazo-Strukturelement, damit ist es zu solchen Reaktionen nicht befähigt.
Thx, sehr aufmerksam. Ist korrigiert.ein bisschen was verunglückt
- mgritsch
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Ein durchaus ungewöhnlicher Weg, ja. Ich habe auch keine einzige andere Literatur gefunden die so vorgeht, ob andere Diazoniumsalze wohl auch dazu befähigt wären?
Na auf das bin ich schon sehr gespanntIch werde bald einen Azofarbstoff vorstellen, bei dem die Azokupplung ebenfalls auf eine besondere Art und Weise hergestellt wird.
Ich habe den „Zollinger“ schon paar mal durch, vielleicht erkenne ich es wieder
Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Na, das gereinigte Produkt ist doch wunderschön ocker-gelb, erinnert optisch ein wenig an Eisen-III-chlorid.Die ähnliche Farbe sagt nichts, wobei reines Nitroanilin auch nicht so bräunlich ist.
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Nitroanilin hoher Qualität sieht so aus:
Nicht so ocker wie FeCl3.
Und das ist nicht nur ein Werbe-Bild. Ich habe auch so eine Qualtät vorliegen.
Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Ja, ich glaube, das kommt hin. Ich habe es erst neulich in eine Braunglasflasche mit Teflon-Einlage umgefüllt: das Originalgebinde aus Kunststoff wurde immer gelblicher und man konnte den eigentümlichen Geruch (hast Du ihn beim Gedanken an die Substanz auch direkt in der Nase?) bereits durch den Verschluss wahrnehmen... Zeit zu handeln...
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Im Gegensatz zur Magneson-Synthese hast Du diesmal keinen Nitrit-Überschuss mit Harnstoff beseitigt.
Hat das einen bestimmten Grund, dass es hier nicht nötig war? Abreaktion bereits mit dem Salmiaksalz aus Salzsäure und Ammoniak?
Hat das einen bestimmten Grund, dass es hier nicht nötig war? Abreaktion bereits mit dem Salmiaksalz aus Salzsäure und Ammoniak?
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- mgritsch
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Nitrit Überschuss kann ein Problem sein wenn es mit der Kupplungskomponente reagiert und sie oxidiert, nitrosiert, diazotiert - je nachdem was man zugibt.
In dem Fall - was soll schon sein? Bleibt ja alles in den gleichen Kreisen.
Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Ja, stimmt im Grunde. Danke.
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Interessant und sehr einfach zu machen. Ich habe mich beim Lesen auch gefragt wieso man das Diazoniumsalz nicht un einer zweiten Portion nicht diazotiertem Edukt gibt. Das hast du dann ja erklärt. Aber kann es nicht ein Problem mit einem eventuellen Ammoniaküberschuss geben? Muss man die Menge, die man zugibt, nicht sehr genau bemessen und die Konzentration des Ammoniaks genau bekannt sein?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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- mgritsch
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Nein, es liegt sogar ein relativ großer Überschuss NH3 bzw NH4 vor: auf 25 mmol Nitroanilin kamen 400 mmol HCl die es zu neutralisieren galt (normal würden etwas mehr als 50 genügen - ein Äquivalent für die Bildung von HNO2 aus NaNO2, eines für das Diazonium-Salz).
Der große Überschuss HCl hilft einerseits beim Lösen des sehr schwach basischen Amins und hat den Zweck bei der Neutralisation einen großen Überschuss NH3/NH4 zu erlauben ohne basisch zu werden. Basisch würde das Diazoniumsalz in ein unreaktives Diazotat überführen. Man könnte vermutlich auch NH4Cl mit auflösen, aber egal.
Da die Sandmeyer-Reaktion nicht gerade die schnellste und effizienteste ist (oft muss man sogar refluxieren) ist es kein Problem da gebildetes Amin gleich zum Produkt umgesetzt wird (Kupplungsreaktion ist relativ schnell) und somit zwangsläufig eine saubere 50:50 Umsetzung erzielt werden kann.
Also einfach nur auf den passenden pH einstellen, den Rest macht die Kinetik und wir können die Stöchiometrie beruhigt ignorieren
Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Also, nachdem ich Magneson schon so toll fand und das auch gut geklappt hatte, musste ich diesen Azofarbstoff auch mal ausprobieren.
Leider war es diesmal ein Flopp.
Während das feuchte Produkt tatsächlich senffarben war, sah es getrocknet eher wie dunkles Curry oder Vanadiumpentoxid aus.
Auch betrug die Ausbeute nur 23,8 %. Viel schien im Filtrat der Reaktionsmischung und in der Mutterlauge beim Umkristallisieren verblieben zu sein, nicht wenig blieb auch an Filterpapier und Spateln hängen und wollte sich einfach nicht aufnehmen oder abstreifen lassen.
Die ethanolische Lösung hatte bei mir eine orange Farbe - sowohl beim Umfällen als auch hinterher beim Test für Magnesium.
Von roten oder violetten Farben und deren Lacken aber keine Spur. Es bildeten sich nur gelblich-trübe Mischungen, aus denen eine orange Substanz ausflockte - letzteres am stärksten noch in demin. Wasser und Magnesiumsulfatlösung (also in schwach saurem Milieu), am wenigsten in Leitungswasser (bei uns schwach basisch).
Ich habe mit einem um 30 % verkleinerten Ansatz gearbeitet, bin ansonsten aber genauso vorgegangen wie vorgeschrieben.
Die Bildung des Diazoniumsalzes ging unter Temperaturkontrolle knapp über dem Gefrierpunkt vonstatten (das hat mgritsch per Eisbadnutzung vermutlich vorausgesetzt). Die Azo-Kupplung wurde so durchgeführt wie beschrieben und sah so aus wie auf den Bildern.
Der pH-Wert der Mischung hat 5-6 nicht überschritten. Nur im Schaum, der sich durch Stickstoffgas aus der Reaktion von Rest-Nitrit mit Ammoniumsalz bildete, lagen jeweils kurz nach portionsweiser Ammoniakwasser-Zugabe schwach basische Werte vor (vermutlich durch Aerosol-Bildung). An der Eintropfstelle kann es dabei immer zur Bildung von violett-braunen Farbstreifen, die beim fortlaufenden Rühren aber sofort wieder verschwanden. Gerührt wurde in diesem Arbeitsschritt von Hand (weil mein billiger China-Rührer bei der Herstellung von Magneson seinerzeit die Pampe an dieser Stelle der Synthese bereits nicht mehr rühren konnte). Nach Zugabe von Ammoniakwasser sowie bei allen danach folgenden Schritten lag der Geruch von Nitrobenzol in der Luft - für mich persönlich nicht unangenehm, aber trotzdem mit den bekannten gesundheitlichen Risiken behaftet (wegen des konz. Ammoniakwassers hatte ich zuvor ja aber ohnehin schon die Tür weit geöffnet). Auch wenn ich - soweit ich das sehe - alles eingehalten habe, habe ich den Eindruck, dass mit der Azo-Kupplung irgendetwas nicht geklappt hat. Darauf scheint auch die überall dominierende gelbe Farbe (von nicht umgesetzten Nitroanilin?) hinzuweisen.
Apropos gelbe Farbe: die haftete wirklich hartnäckig jedem Gegenstand an, der mit der Reaktionsmischung oder dem Produkt in Kontakt gekommen war (unbedingt Einmalhandschuhe tragen!) und ließ sich nur mit Scheuerschwamm und Scheuerpulver wieder entfernen. Bei der Saugflasche habe ich eine Schwammbürste benutzt, für das Innere des Büchnertrichters aus Porzellan (auf keinen Fall mit Glasfritte arbeiten!) ein zu einem langen dünnen Streifen geschnittenes Schwammtuch. Ob Letzteres zur vollständigen Entfernung des Farbstofffilms ausreichend war, lässt sich von außen ja leider nicht beurteilen. Irgendwelche Tipps (mit Ausnahme von Piranha-Säure, die ich nicht benutzen darf) wie man das verlässlich aus dem Trichter herausbekommt (Zahnprothesen-Reiniger?)?
Leider war es diesmal ein Flopp.
Während das feuchte Produkt tatsächlich senffarben war, sah es getrocknet eher wie dunkles Curry oder Vanadiumpentoxid aus.
Auch betrug die Ausbeute nur 23,8 %. Viel schien im Filtrat der Reaktionsmischung und in der Mutterlauge beim Umkristallisieren verblieben zu sein, nicht wenig blieb auch an Filterpapier und Spateln hängen und wollte sich einfach nicht aufnehmen oder abstreifen lassen.
Die ethanolische Lösung hatte bei mir eine orange Farbe - sowohl beim Umfällen als auch hinterher beim Test für Magnesium.
Von roten oder violetten Farben und deren Lacken aber keine Spur. Es bildeten sich nur gelblich-trübe Mischungen, aus denen eine orange Substanz ausflockte - letzteres am stärksten noch in demin. Wasser und Magnesiumsulfatlösung (also in schwach saurem Milieu), am wenigsten in Leitungswasser (bei uns schwach basisch).
Ich habe mit einem um 30 % verkleinerten Ansatz gearbeitet, bin ansonsten aber genauso vorgegangen wie vorgeschrieben.
Die Bildung des Diazoniumsalzes ging unter Temperaturkontrolle knapp über dem Gefrierpunkt vonstatten (das hat mgritsch per Eisbadnutzung vermutlich vorausgesetzt). Die Azo-Kupplung wurde so durchgeführt wie beschrieben und sah so aus wie auf den Bildern.
Der pH-Wert der Mischung hat 5-6 nicht überschritten. Nur im Schaum, der sich durch Stickstoffgas aus der Reaktion von Rest-Nitrit mit Ammoniumsalz bildete, lagen jeweils kurz nach portionsweiser Ammoniakwasser-Zugabe schwach basische Werte vor (vermutlich durch Aerosol-Bildung). An der Eintropfstelle kann es dabei immer zur Bildung von violett-braunen Farbstreifen, die beim fortlaufenden Rühren aber sofort wieder verschwanden. Gerührt wurde in diesem Arbeitsschritt von Hand (weil mein billiger China-Rührer bei der Herstellung von Magneson seinerzeit die Pampe an dieser Stelle der Synthese bereits nicht mehr rühren konnte). Nach Zugabe von Ammoniakwasser sowie bei allen danach folgenden Schritten lag der Geruch von Nitrobenzol in der Luft - für mich persönlich nicht unangenehm, aber trotzdem mit den bekannten gesundheitlichen Risiken behaftet (wegen des konz. Ammoniakwassers hatte ich zuvor ja aber ohnehin schon die Tür weit geöffnet). Auch wenn ich - soweit ich das sehe - alles eingehalten habe, habe ich den Eindruck, dass mit der Azo-Kupplung irgendetwas nicht geklappt hat. Darauf scheint auch die überall dominierende gelbe Farbe (von nicht umgesetzten Nitroanilin?) hinzuweisen.
Apropos gelbe Farbe: die haftete wirklich hartnäckig jedem Gegenstand an, der mit der Reaktionsmischung oder dem Produkt in Kontakt gekommen war (unbedingt Einmalhandschuhe tragen!) und ließ sich nur mit Scheuerschwamm und Scheuerpulver wieder entfernen. Bei der Saugflasche habe ich eine Schwammbürste benutzt, für das Innere des Büchnertrichters aus Porzellan (auf keinen Fall mit Glasfritte arbeiten!) ein zu einem langen dünnen Streifen geschnittenes Schwammtuch. Ob Letzteres zur vollständigen Entfernung des Farbstofffilms ausreichend war, lässt sich von außen ja leider nicht beurteilen. Irgendwelche Tipps (mit Ausnahme von Piranha-Säure, die ich nicht benutzen darf) wie man das verlässlich aus dem Trichter herausbekommt (Zahnprothesen-Reiniger?)?
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Re: Synthese und Test von p-Nitrophenylazo-p-Nitroanilin
Das Problem liegt evtl. in der Art und Weise der Diazotierung. Fierz-David und Blangey ("Farbenchemie", 8. Auflage, S. 256) schreiben dazu (Zitat):
Da das p-Nitroanilin keine wasserbeständigen Salze bildet, muss die Base sehr fein verteilt zur Reaktion gebracht werden. Man löst 13,8 g (0,1 mol) p-Nitroanilin in 30 ml konz. Salzsäure und 30 ml Wasser bei 80-90°C und lässt die klare Lösung in feinem Strahl unter gutem Rühren in 50 ml Wasser und 50 g feines Eis einfliessen. Die Temperatur soll zum Schluss etwa 8°C betragen. Dann gibt man unter starkem Rühren auf einmal 7 g Natriumnitrit in Form einer 20 proz. Lösung hinzu. Die Temperatur steigt auf 15°C und die Lösung wird nach wenigen Sekunden klar. Auch im Grossen muss man das Nitrit sehr rasch unter die Oberfläche der Flüssigkeit zufliessen lassen, da sich sonst grosse Mengen Diazoaminokörper bilden. (Zitat Ende).
Da das p-Nitroanilin keine wasserbeständigen Salze bildet, muss die Base sehr fein verteilt zur Reaktion gebracht werden. Man löst 13,8 g (0,1 mol) p-Nitroanilin in 30 ml konz. Salzsäure und 30 ml Wasser bei 80-90°C und lässt die klare Lösung in feinem Strahl unter gutem Rühren in 50 ml Wasser und 50 g feines Eis einfliessen. Die Temperatur soll zum Schluss etwa 8°C betragen. Dann gibt man unter starkem Rühren auf einmal 7 g Natriumnitrit in Form einer 20 proz. Lösung hinzu. Die Temperatur steigt auf 15°C und die Lösung wird nach wenigen Sekunden klar. Auch im Grossen muss man das Nitrit sehr rasch unter die Oberfläche der Flüssigkeit zufliessen lassen, da sich sonst grosse Mengen Diazoaminokörper bilden. (Zitat Ende).