Das gängige Perchlorsäuresalz ist das Kaliumperchlorat. Natriumperchlorat wird nur in seltenen Fällen benötigt. Im Folgenden wird ein Weg beschrieben, es aus dem Kaliumsalz darzustellen. Dieser Versuch lehnt sich an eine hier im Forum beschriebene Darstellung von Bariumperchlorat an.[3] Ich habe ihn mehrfach durchgeführt, und teile hier die nach meinen Versuchen optimale Vorgehensweise mit.
Material/Geräte:
Bechergläser 1000, 250 und 100 ml, Messzylinder 100 ml, große und kleinere Abdampfschalen, Vorrichtung zur Saugfiltration mit Nutschen und Saugflaschen verschiedener Größen, Kühlschrank mit Gefrierfach, Heizrührer, Brenner mit Dreifuß und Drahtnetz, Waage, Glasstäbe, Trockenschrank, großer Exsikkator, pH-Papier
Chemikalien:
Kaliumperchlorat


Weinsäure

Natriumhydroxid und Natronlauge 4N


Ethanol 96 %, vergällt (Brennspiritus)


Kaliumcarbonat

Kalilauge 3N


Kaliumchlorid

Natriumperchlorat


Sicherheitshinweise:
Wenn ethanolhaltige Flüssigkeiten eindampft werden, dürfen sich keine offenen Flammen im Raum befinden! Für gute Lüftung ist zu sorgen.
Versuchsdurchführung:
In einem 1l-Becherglas löst man 20 g (0,5 Mol) Natriumhydroxid in 500 ml Wasser und erhitzt über der Gasflamme zum Sieden. In die Siedende Lösung trägt man 69,26 g (0,5 Mol) Kaliumperchlorat ein und erhitzt weiter unter Zugabe kleiner Portionen Wasser, bis sich eben in der Siedehitze alles gelöst hat. Nebenbei bereitet man eine Lösung von 75,04 g (0,5 Mol) Weinsäure in 100 ml Wasser unter leichtem Erwärmen. Die Lösungen werden unter Rühren vereinigt und die Mischung abkühlen gelassen. Rasch beginnt die Abscheidung eines reichlichen, feinkristallinen, weißen Niederschlages. Wenn der Ansatz Zimmertemperatur erreicht hat, wird der Niederschlag (A) auf einer geräumigen Nutsche abgesaugt (geht sehr gut) und mit ca. 100 ml Ethanol nachgewaschen (Anmerkung 1). Die Waschflüssigkeit wird mit dem Filtrat vereinigt, worauf nochmals ein geringer Niederschlag ausfällt, der praktisch nur aus Kaliumperchlorat besteht und ignoriert wird.
Niederschlag A (um die 84 g) enthält nur wenig Kaliumperchlorat (Anmerkung 2). Er wird in einem Becherglas mit einer Lösung von 35 g Kaliumcarbonat in 150 ml Wasser erwärmt. Unter Gasentwicklung (CO2) tritt Auflösung ein, und nach dem Abkühlen fällt ein feiner weißer Niederschlag aus, der abgesaugt und mit kaltem Wasser gewaschen wird (etwa 2 g). Er wird erneut zum Ansatz gegeben.
Das ethanolhaltige Filtrat zeigt bei der Prüfung mit Indikatorpapier eine deutlich saure Reaktion (pH 3), so dass der pH durch vorsichtige Zugabe von 4 N Natronlauge auf 4-5 angehoben wird (Anmerkung 3). Dann wird in einem niedrigen Becherglas unter Rühren auf der Heizplatte bis auf 150 ml eingedampft. Es darf kein Brenner verwendet werden, weil sich die entweichenden Ethanoldämpfe entzünden könnten! Ich habe mit einem Ventilator einen leichten Luftstrom über der Abdampfschale erzeugt. Dann wird erkalten gelassen. Der ausfallende Niederschlag (B, bei mir 14,5 g) wird abgesaugt, wieder mit Ethanol nachgewaschen (40 ml) und die Waschflüssigkeit mit dem Filtrat vereinigt.
Niederschlag B wird wie oben mit wenig Wasser angeteigt und mit 3N Kalilauge versetzt, bis die Mischung alkalisch reagiert (bei mir ca. 30 ml). Er wird abgesaugt, mit kaltem Wasser ausgewaschen (erhaltener Rückstand 5,7 g), und wieder zum Filtrat gegeben. Nun wird auf etwa 75 ml eingedampft, erneut abkühlen gelassen, abgesaugt (Niederschlag C, bei mir 5,7 g) und mit Ethanol nachgewaschen. Der Niederschlag wird erneut mit Wasser angeteigt, mit Kalilauge alkalisch gemacht und abgesaugt. Das jetzt zurückbleibende rohe Kaliumperchlorat (bei mir 4,7 g) wird für spätere Rückgewinnung aufgehoben.
Nun wird das Filtrat, nach erneuter pH-Kontrolle unter ständigem Rühren auf der Heizplatte in einer großen Porzellanschale vollständig eingedampft. Sobald es eine breiige Konsistenz erreicht hat, muss gut mit dem Glasstab, später dem Spatel gerührt werden, damit das Rohprodukt nicht anbrennt (Hitze etwas reduzieren, der Ventilator ist hilfreich), was sich aber meistens nicht völlig vermeiden lässt. Zuletzt wird für eine Stunde im Trockenschrank bei 130 °C getrocknet und im Exsikkator erkalten gelassen.
An Rohprodukt werden etwa 52 g erhalten.
Das Rohprodukt wird gereinigt, indem es aus Ethanol kristallisiert wird. Das Kristallisieren beinhaltet folgende Schritte: Abkühlen der konzentrierten ethanolischen Lösung im Kaltwasserbad, dann Abkühlen im Gefrierfach des Kühlschrankes (bei -15 °C) für etwa 2 Stunden, absaugen, auswaschen das Filterkuchens mit etwas kaltem Ethanol (0°C – je nach Menge etwa 10-20 ml) und Sammeln der ethanolfeuchten Kristalle in einem dicht schließenden Schraubdeckelglas
Man bringt 100 ml Ethanol zum Sieden und trägt etwa 2/3 der Rohsubstanz ein, die sich nicht ganz löst. Die Mischung wird heiß abgesaugt und der Rückstand zum Rest des Rohproduktes in den Exsikkator gegeben. Das Filtrat wird kristallisiert.
Das Filtrat der ersten Kristallisation – etwa 120 ml – wird erneut erhitzt, der Rest des Rohproduktes eingetragen, abgesaugt und das Filtrat erneut kristallisiert. Der Rückstand wird im Exsikkator aufbewahrt und ein drittes Mal im Filtrat der Kristallisation erhitzt und abgesaugt. Jetzt bleibt ein matter, feiner, weißer Rückstand, der an der Luft keine Feuchtigkeit mehr anzieht, sondern trocken wird (Rückstand D, bei mir rund 3 g). Er wird zum Recycling der darin enthaltenen Reste an Perchlorat aufgehoben.
Die ethanolische Lösung wird jetzt auf die Hälfte eingedampft (50-60 ml), bis sich in der Siedehitze Kristalle abzuscheiden beginnen, kristallisieren gelassen und diese Prozedur nochmals wiederholt. Die letzte Kristallisation erfolgt aus ca. 25 ml Flüssigkeit.
Die letzte, leicht bräunliche Mutterlauge wird mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt, Rückstand D darin gelöst (falls nötig mit einem Tropfen Kalilauge eben alkalisch gemacht) und durch Zusatz einer gesättigten Kaliumchloridlösung (enthaltend 7 g KCl) gefällt. Der Filterrückstand (bei mir 3,5 g) wird abgesaugt, mit wenig kaltem Wasser gewaschen und mit dem oben zurückgestellten rohen Kaliumperchlorat (C) vereinigt.
Die ethanolfeuchten Kristalle des Produktes werden auf einem großen Porzellanteller im Trockenschrank zunächst unter öfterem Umrühren bei ca. 100 °C vom Ethanol befreit und dann bei 140°C für mehrere Stunden gründlich getrocknet. Dabei muss das stark hygroskopische Produkt zwischenzeitlich zerrieben werden, damit keine Feuchtigkeit in Klumpen eingeschlossen bleibt. Wenn es staubtrocken ist und frei rieselt, wird es ein letztes Mal in einer im Trockenschrank angewärmten Reibschale zerreiben und in ein vorgewärmtes Schraubdeckelglas gefüllt. Dieses wird am besten im Exsikkator aufbewahrt.
Die beiden Kaliumperchlorat-Rückstände werden in der etwa 10fachen Menge siedendem Wasser gelöst, abgesaugt, die Lösung auf ca. ¼ des Volumens eingedampft und abgekühlt. Das auskristallisierte Kaliumperchlorat wird abgesaugt, mit wenig kühlschrankkaltem Wasser gewaschen und getrocknet.
Ausbeute: 41,2g Natriumperchlorat (67,6 % der Theorie), weißes, sehr hygroskopisches und sehr leicht wasserlösliches Pulver + 9,2 g Kaliumperchlorat (13,3 % der eingesetzten Substanz)
Anmerkungen:
1. Zum Auswaschen wäre vermutlich ein verdünntes Ethanol von 50-70 % ebenso geeignet, sowohl Weinstein als auch Kaliumperchlorat lösen sich in ihm praktisch nicht
2. Bei meinen Versuchen habe ich zweimal je um die 2 g Kaliumperchlorat aus der ersten sehr voluminösen Weinsteinfällung isoliert, beim dritten Mal – als die Raumtemperatur bis zu der abgekühlt wurde, 28 °C betrug – praktisch gar nichts. Man kann auf das Recycling in diesem Schritt vermutlich ohne deutliche Einbußen der Ausbeute verzichten. Wegen des ziemlich hohen Verbrauches an Kaliumcarbonats ist es auch nicht wirtschaftlich.
3. Der erstaunlich niedrige pH kommt wahrscheinlich daher, dass das eingesetzte technische Natriumhydroxid wasserhaltig war.
Prüfung des Präparates:
Beim Trockenen erhitzen einer Probe im Reagenzglas färbt sich diese leicht grau und hellt dann wieder auf, was einen geringen Rest an Tartrat anzeigt, das beim Erhitzen zunächst verkohlt und dann oxidiert wird.
Es wurde zunächst eine qualitative Prüfung auf reduzierende Substanzen (hier: Tartrat) durchgeführt, indem ich eine Reagenzglasrundung des Rohproduktes, des aus Alkohol kristallisierten Präparates und das im RG geschmolzenen Präparates in je 3 ml Wasser gelöst habe. Die Lösungen wurden mir 5 Tropfen 3 N Schwefelsäure und 1 Tropfen 5%iger Kaliumpermanganatlösung versetzt und erhitzt. Beim Rohprodukt trat völlige Entfärbung ein, auch nach Zugabe von zwei weiteren Tropfen KMnO4-Lösung. Das gereinigte Präparat zeigte eine partielle Reduktion (ausfallen von Braunstein), die Lösung wurde jedoch nicht entfärbt. Beim geschmolzenen Präparat blieb die violette Farbe des Permanganates unverändert.
Eine permanganatometrische Tritration von Tartrat in den Produkten ergab einen Anteil von 3,37 % Natriumhydrogentartrat im Rohprodukt und von 0,17 % im finalen Präparat. Die Krisatllisation aus Ethanol hat hier also eine deutliche Reinigungswirkung (Reduktion um einen Faktor = 20) mit sich gebracht.
Entsorgung:
Die Waschwässer und Lösungen können mit dem Abwasser entsorgt werden. Nicht mehr benötigte Präparate kommen zu den anorganischen Abfällen.
Erklärungen:
Aus Natronlauge und Weinsäure entsteht das gut wasserlösliche Natriumhydrogentartrat.
NaOH + C4H6O6 ---> C4H5O6Na + H2O
Dieses setzt sich mit dem Kaliumperchlorat in einer Gleichgewichtsreaktion um:
C4H5O6Na + KClO4 <---> C4H5O6K + NaClO4
Das Kaliumhydrogentartrat (Weinstein) ist das am schwersten lösliche Salz (ca. 4,5 g/l bei 20 °C)[2] und fällt aus der Lösung aus. Wegen der ebenfalls recht geringen Löslichkeit des Kaliumperchlorates (ca. 17 g/l bei 20 °C)[1] ist die Umsetzung nicht vollständig, und ein Teil desselben fällt ebenfalls wieder aus. Der Weinstein löst sich in Kaliumcarbonatlösung oder Kalilauge zu neutralem Kaliumtartrat und das schwerlösliche Kaliumperchlorat bleibt zurück.
2 C4H5O6K + K2CO3 ---> 2 C4H4O6K2 + CO2 + H2O
Bei den nachfolgenden Eindampfungsprozeduren wird das zuvor ausgefallene Kaliumperchlorat erneut zugesetzt, um möglichst viel Tartrat aus der Reaktionsmischung zu entfernen. Bei steigender Konzentration an Perchlorat wird das jedoch immer schwieriger, da die Löslichkeit von KClO4 ebenfalls abnimmt, so dass der letzte erhaltene Niederschlag nur noch wenig Weinstein enthält. Bei einer ersten Versuchsreihe habe ich gefunden, dass beim Abkühlen der eingedampften Lösungen auf ca. 50°C zunächst ein feinkristalliner, schwerer weißer Niederschlag ausfällt, der fast nur aus KClO4 besteht. Beim weiteren Abkühlen kristallisiert dann fast reiner Weinstein aus. Diese fraktionierte Kristallisation hat aber für die Reinigung des Präparates keinen Nutzen.
Natriumperchlorat löst sich – im Unterschied zu Kaliumperchlorat und Weinstein – gut in Ethanol, so dass die Filterrückstände mit Spiritus - nicht mit Wasser - nachgewaschen werden. Auch beim finalen Kristallisieren aus Ethanol wird diese Eigenschaft ausgenutzt. Freie Weinsäure ist ebenfalls gut ethanollöslich, so dass die Reaktionsmischung vor dem Eindampfen zur Trockene einen pH von nicht unter 5 haben soll.
Da keine praktikable und genaue Möglichkeit der quantitativen Bestimmung von Perchlorat besteht, wurde eine Quantifizierung der Verunreinigung vorgenommen, wobei diese als Natriumhydrogentartrat angenommen wurde. Der Gehalt mit rund 99,8 % ist für den avisierten Verwendungszweck ausreichend. Die Ausbeute liegt mit um die 70 % in dem auch bei der Darstellung von Bariumperchlorat berichteten Bereich.[3] Ein mögliches Umkristallisieren aus Wasser schien mir wenig zielführend, weil die Löslichkeit von Natriumperchlorat (1958 g/l bei 20 °C bzw. 3184 g/l bei 90°C)[1] hohe Verluste erwarten lässt.
Literatur:
[1]Aqueous Solubility of Inorganic Compounds at Various Temperatures
[2]Frerichs G, Arends G, Zörnig H: Hager´s Handbuch der Pharmazeutsichen Praxis; 2. berichtigter Neudruck 1949, Springer-Verlag Berlin-Göttingen-Heidelberg
[3] Darstellung von Bariumperchlorat
Bilder:
Lösen der Edukte, rechts im Heißwasserbad die Weinsäurelösung.
Ausfallen und Absaugen von Weinstein
Eindampfen der Reaktionsmischung vor dem Ventilator
Eindampfen zur Trockene
Rohprdukt
Kristallisation aus Ethanol bei Gefrierfachtemperatur
Präparat: Natriumperchlorat
Prüfung mit schwefelsaurere Permanganatlösung
Mitte: Rohprodukt - rechts: Präparat - links: geschmolzenes Präparat
[Edit by lemmi am 14.7.2024]