Spiropyrane sind eine Stoffklasse mit sehr interessanten Eigenschaften[10,11,16] - sie zeigen je nach Substituenten und Umständen deutliche Photochromie[6,7,8,12] (Farbe ändert sich bei Belichtung), Thermochromie[4] (Farbe ändert sich mit der Temperatur) und Solvatochromie[4,12] (Farbe ändert sich abhängig vom Lösungsmittel). Im Speziellen versteht man unter Spiropyranen im Regelfall die Derivate des 1',3'-Dihydro-1',3',3'-trimethyl-spiro[2H-1-benzopyran-2,2'-[2H]indol]: Der Name leitet sich zum einen vom Strukturelement des 2H-Pyran ab, einem sechsgliedrigen Heterocyclus mit einem O im Ring. Anelliert mit einem Benzol-Ring heißt das Grundgerüst dann 2-Benzopyran. Die andere Hälfte des Moleküls basiert auf einem Indol-Ringsystem. Das hydrierte Indol nennt man auch Indolin. Die Vorsilbe "Spiro-" bezieht sich darauf, dass eine Verknüpfung zwischen den Ringen "Spitze an Spitze" vorliegt. Dieses Strukturelement und die Eigenschaften dieser Bindungen sind ausschlaggebend für das Verhalten. Je nach Substituenten[8] ergeben sich Spiropyrane mit unterschiedlichen Eigenschaften. Stark elektronenziehende Substituenten R1 und R2 in 6- und 8 Position begünstigen die Ringöffnung des Spiropyrans[4,7,8] bei der ein mesomeriestabilisiertes, ausgedehntes und somit stark gefärbtes Pi-Elektronensystem mit push-pull Effekt entsteht, die Merocyanin-Form[8]: Die Ringöffnung wird zB durch UV-Licht ausgelöst, je nach Lösungsmittel wird die farbige, offene Form unterschiedlich gut solvatisiert[12] und stabilisiert[6,7] - nach einer gewissen Zeit kommt es in wenig polaren Lösungsmitteln zum erneuten Schließen des Ringes. Auch Temperatur hat einen starken Einfluss, die Ringöffnung kann dadurch ausgelöst/begünstigt werden oder auch das Schließen des Rings.
Im Folgenden werden die Synthesen der Vorläufer und die Eigenschaften von 4 verschiedenen Spiropyranen dargestellt. Die Komponente der Fischer-Base ist kommerziell erhältlich und wurde fertig zugekauft. Eine Synthese macht hier aufgrund der Aufwändigkeit und der teuren Vorläufer wenig Sinn.
Geräte:
Rundkolben, Rückflusskühler, Bechergläser, Magnetrührer, Tropftrichter, Filternutsche
Chemikalien:
Fischer-Base


Ortho-Vanillin

Salicylaldehyd


Ethanol abs. (unvergällt!)


Methanol



Essigsäure


Brom



Salpetersäure konz.



Schwefelsäure konz.

Salzsäure konz.


Natronlauge

3-Methoxy-5-Nitro-Salicylaldehyd

5-Bromo-3-Methoxy-Salicylaldehyd

5-Nitro-Salicylaldehyd

3,5-Dinitro-Salicylaldehyd

8-Methoxy-6-Nitro BIPS (1',3'-Dihydro-8-methoxy-1',3',3'-trimethyl-6-nitrospiro[2H-1-benzopyran-2,2'-[2H]indole])

6-Bromo-8-Methoxy BIPS (1',3'-Dihydro-6-bromo-1',3',3'-trimethyl-8-methoxyspiro[2H-1-benzopyran-2,2'-[2H]indole])

6-Nitro BIPS (1',3'-Dihydro-1',3',3'-trimethyl-6-nitrospiro[2H-1-benzopyran-2,2'-[2H]indole])

6,8-Dinitro BIPS (1',3'-Dihydro-1',3',3'-trimethyl-6,8-dinitrospiro[2H-1-benzopyran-2,2'-[2H]indole])

Durchführung:
1. Synthesen der Vorläufer:
1.1: 3-Methoxy-5-Nitro-Salicylaldehyd[2,3]:
15,2 g o-Vanillin (0,1 mol) wurden in 85 ml Essigsäure gelöst und auf ca. 15 °C gekühlt. Eine weitere Kühlung ist nicht sinnvoll, da es dann zur Auskristallisation des o-Vanillin kommt. Nun wurden 7 ml konz. 67% HNO3 zur gut gerührten Lösung des o-Vanillin getropft und ca. 30 min lang gerührt. Es wurde mit 120 ml dest. Wasser versetzt und damit das braun-rosa gefärbte Roh-Produkt gefällt und abgenutscht. Es wurde dann aus ca. 350 ml siedendem Ethanol umkristallisiert. Nachdem die zunächst ausgefallenen Kristalle abgenutscht wurden, wurde die Mutterlauge nochmals aufgeheizt und Wasser zugegeben bis kurz bevor eine Trübung einsetzt und erneut kristallisieren gelassen.
Beide Fraktionen wurden mittels DC (PE:EtOAc 1:4) geprüft und keine Verunreinigungen festgestellt.
5-Nitro-3-Methoxy-Salicylaldehyd ist eine blass hellgelbe kristalline Substanz, die fast keinen Vanillin-artigen Geruch hat.
Ausbeute: 13,1 g (66,5% d.Th.)
1.2: 5-Bromo-3-Methoxy-Salicylaldehyd[3]:
7,6 g o-Vanillin (0,05 mol) wurden in einem Becherglas in 50 ml Methanol aufgelöst und 8 g (0,05 mol) Brom in 20 ml Methanol unter Kühlung in einem Eisbad aus dem Tropftrichter zugetropft. Es wurde noch 30 min bei RT gerührt, mit dem doppelten Volumen dest. Wasser aufgefüllt und das ausgefallene Produkt abgenutscht und aus siedendem Ethanol umkristallisiert.
Bei einer Prüfung mittels DC (PE:EtOAc 1:4) wurden keine Verunreinigungen festgestellt.
Ausbeute: 10,8 g (93,3% d.Th.)
1.3: 5-Nitro-Salicylaldehyd[1]:
21 ml (0,2 mol) Salicylaldehyd wurden in 120 ml Essigsäure gelöst und im Eisbad auf 0 °C gekühlt. Nun wurden 27 ml (0,4 mol) konz. Salpetersäure langsam zugegeben und die Temperatur dabei auf 0 - 5 °C gehalten. Nachdem alle Säure zugegeben war, wurde das Eisbad durch ein kaltes Wasserbad ersetzt und die Temperatur unter ständigem Rühren und guter Kontrolle der Temperatur langsam im Verlauf von etwa 1 h durch die Reaktionswärme auf 20 °C steigen gelassen. Dann wurde auch das kalte Wasserbad entfernt und die Temperatur langsam bis ca 35 °C weiter steigen gelassen, im Bedarfsfall wurde zwischenzeitlich wieder etwas gekühlt. Es entstanden dabei fast keine nitrosen Gase, die Farbe verändert sich von hellgelb zu kräftig braun-orange. Als keine weitere spontane Erwärmung mehr eintrat, war die Reaktion beendet.
Der Ansatz wurde nun rasch in ca 400 ml Wasser, in dem einige Eiswürfel waren gegossen und stark gerührt - dabei fällt das kräftig orange-gelbe Roh-Produkt aus und wurde abgenutscht.
Die Nitrierung von Salicylaldehyd gelingt grundsätzlich sehr leicht und problemlos fast quantitativ. Die Herausforderung besteht allerdings darin, das 5-Isomer von der anfallenden Mischung mit dem 3-Isomer sauber zu trennen. Eine DC des Rohprodukts ließ eine etwa 50:50 Verteilung erwarten. Die Literatur empfiehlt, das Rohprodukt mit einer annähernd stöchiometrischen Menge NaOH heiß aufzulösen, einmal auskristallisieren zu lassen, das ausgefällte Na-Salz erneut aus Wasser umzukristallisieren und anschließend das Produkt mit Säure freizusetzen und final aus Essigsäure umzukristallisieren. Nach dieser Vorschrift wurde jedoch keine entsprechende Trennung erzielt. Möglicherweise liegt das daran, dass die Originalvorschrift[1] mit rauchender Salpetersäure nitriert - eventuell ergibt das eine andere Verteilung der Isomeren, sodass die Aufreinigung leichter fällt. In dem Fall musste jedoch aufwändiger vorgegangen werden.
Das abgenutschte und mit Wasser gut nachgewaschene Rohprodukt wurde zusammen mit 9 g (0,225 mol) NaOH zu etwa 420 ml mit Wasser siedend heiß gelöst. Nun wurde über Nacht auskristallisieren gelassen, wobei überwiegend das Na-Salz des 5-Nitro-Salicylaldehyd ausfällt und das des besser löslichen 3-Nitro-Salicylaldehyd verstärkt in Lösung bleibt. Die Kristalle wurden abgenutscht und aus der Mutterlauge die Fraktion 1 durch Zugabe eines Überschusses an HCl praktisch quantitativ gefällt, abgenutscht und getrocknet. Ausbeute: 9,16 g eines sandbraunen Produkts.
Das zuerst ausgefallene Na-Salz wurde nun in ca. 380 ml Wasser siedend gelöst, über Nacht auskristallisieren gelassen und wieder das Na-Salz abgenutscht und aus der Mutterlauge durch Ansäuern die Fraktion 2 gefällt, abgenutscht und getrocknet. Ausbeute: 8,04 g eines hellbeigen Produkts.
Erneut wurde das ausgefallene Na-Salz in ca. 350 ml Wasser siedend gelöst, über Nacht auskristallisieren gelassen und wieder das Na-Salz abgenutscht und aus der Mutterlauge durch Ansäuern die Fraktion 3 gefällt, abgenutscht und getrocknet. Ausbeute: 6,17 g eines hellbeigen Produkts.
Ein weiteres Mal wurde das ausgefallene Na-Salz in ca. 320 ml Wasser siedend gelöst, über Nacht auskristallisieren gelassen und wieder das Na-Salz abgenutscht und aus der Mutterlauge durch Ansäuern die Fraktion 4 gefällt, abgenutscht und getrocknet. Ausbeute: 2,20 g eines fast weißen Produkts. Der auffällig starke Rückgang der Fällung zeigt an, dass eine Veränderung eingetreten ist.
Schließlich wurde die verbleibende Menge in 300 ml Wasser heiß gelöst und durch Ansäuern die fünfte und letzte Fraktion gewonnen. Ausbeute: 8,20 g eines fast weißen Produkts.
Summe der Fraktionen: 33,7 g (94,3% d.Th).
Eine DC des Rohprodukts und der Fraktionen (Laufmittel PE:EtOAc:Ameisensäure 18:6:1) zeigte bei den stärker gefärbten Fraktionen 1-3 einen großen Anteil an 3-Isomer und Verunreinigung, in Fraktion 4 war ein kaum erkennbarer Anteil an 3-Isomer zu erahnen und Fraktion 5 war rein. Eine Schmelzpunktbestimmung (Mp = 125 - 126 °C) bestätigte die Identität und Reinheit des Isomers.
Für die spätere Synthese des Spiropyrans wurden nur die Fraktionen 4 und 5 vereinigt (zusammen 10,35 g bzw. 29,0% d. Th.).
Die erste, am stärksten gefärbte Fraktion wurde verworfen, Fraktion 2 und 3 wurden (zusammen mit Überresten vorangegangener Tests) später auf das Dinitro-Produkt weiterverarbeitet.
1.4: 3,5-Dinitro-Salicylaldehyd[15]:
Aus 50 ml konz. Schwefelsäure und 25 ml konz. Salpetersäure wurde eine Nitriermischung bereitet und im Eisbad auf 0 - 5 °C gekühlt. Nun wurden unter gutem Rühren 16,7 g der Mischung der Mono-Nitro Salicylaldehyde eingetragen und ca. 30 min unter Kühlung weiter gerührt, anschließend noch ohne Kühlung ca. 10 Minuten weiter gerührt. Der Ansatz wurde auf Eis gegossen, wobei das Produkt ausfiel, abgenutscht und mit Wasser nachgewaschen wurde. Nach Umkristallisation aus Ethanol (unvergällt!) zeigte eine DC (Laufmittel PE:EtOAc:Ameisensäure 18:6:1) ein einheitliches Produkt.
Ausbeute: 13,0 g (61,3% d.Th.) eines kräftig gelben Produkts.
2. Synthesen der Spiropyrane:
2.1: 8-Methoxy-6-Nitro BIPS:
7,9 g (0,04 mol) 3-Methoxy-5-Nitro-Salicylaldehyd wurden in einem 250 ml Rundkolben mit Rückflusskühler in 130 ml abs. Ethanol (unvergällt!) heiß aufgelöst. In die heiße Lösung wurden mit einer Pipette 7,1 ml (0,04 mol) Fischer-Base zugegeben und ca. 1 Stunde unter Rückfluss gekocht. Sofort nach Zugabe der (blutroten) Fischer-Base verfärbt sich der Ansatz durch das gebildete Produkt dunkellila. Während des Rückfluss-Kochens kann man bereits erkennen, wie sich fein kristallines Produkt abscheidet. Nach 1 Stunde wurde das Ölbad entfernt, über Nacht auskristallisieren gelassen, abgenutscht und mit kaltem Ethanol gut nachgewaschen, bis die Flüssigkeit nur noch mäßig lila gefärbt abläuft.
Ausbeute: 13,65 g (96,8% d.Th.) eines hellolivgrünen Produkts.
2.2: 6-Bromo-8-Methoxy BIPS:
9,2 g (0,04 mol) 5-Bromo-3-Methoxy-Salicylaldehyd wurden in einem 100 ml Rundkolben mit Rückflusskühler in 70 ml abs. Ethanol (unvergällt!) heiß aufgelöst. In die heiße Lösung wurden mit einer Pipette 7,1 ml (0,04 mol) Fischer-Base zugegeben und ca. 1 Stunde unter Rückfluss gekocht. Während des Rückfluss-Kochens kann man bereits erkennen, wie sich fein kristallines Produkt abscheidet. Nach 1 Stunde wurde das Ölbad entfernt, über Nacht auskristallisieren gelassen, abgenutscht und mit kaltem Ethanol gut nachgewaschen.
Ausbeute: 10,85 g (70,2% d.Th.) eines weißen Produkts.
2.3: 6-Nitro BIPS[5]:
8,8 g (0,053 mol) 5-Nitro-Salicylaldehyd wurden in einem 250 ml Rundkolben mit Rückflusskühler in 110 ml abs. Ethanol (unvergällt!) heiß aufgelöst. In die heiße Lösung wurden mit einer Pipette 9,3 ml (0,053 mol) Fischer-Base zugegeben und ca. 1 Stunde unter Rückfluss gekocht. Sofort nach Zugabe der Fischer-Base verfärbt sich der Ansatz durch das gebildete Produkt dunkellila. Während des Rückfluss-Kochens kann man bereits erkennen, wie sich fein kristallines Produkt abscheidet. Nach 1 Stunde wurde das Ölbad entfernt, über Nacht auskristallisieren gelassen, abgenutscht und mit kaltem Ethanol gut nachgewaschen, bis die Flüssigkeit nur noch schwach lila gefärbt abläuft.
Ausbeute: 14,64 g (86,2% d.Th.) eines Sonnenblumen-gelben Produkts.
2.4: 6,8-Dinitro BIPS[5]:
6,4 g (0,03 mol) 3,5-Dinitro-Salicylaldehyd wurden in einem 100 ml Rundkolben mit Rückflusskühler in 60 ml abs. Ethanol (unvergällt!) heiß aufgelöst. In die heiße Lösung wurden mit einer Pipette 5,3 ml (0,03 mol) Fischer-Base zugegeben und ca. 1 Stunde unter Rückfluss gekocht. Sofort nach Zugabe der Fischer-Base verfärbt sich der Ansatz durch das gebildete Produkt dunkellila. Während des Rückfluss-Kochens kann man bereits erkennen, wie sich fein kristallines Produkt abscheidet. Nach 1 Stunde wurde das Ölbad entfernt, über Nacht auskristallisieren gelassen, abgenutscht und mit kaltem Ethanol gut nachgewaschen.
Ausbeute: 10,7 g (97,3% d.Th.) eines dunkelolivgrünen Produkts.
3. Test der Eigenschaften der Produkte:
Um die Eigenschaften zu demonstrieren, wurden im Reagenzglas geringe Mengen (Spatelspitzen) in Lösemitteln unterschiedlicher Polarität aufgelöst (z.B. Essigsäure, DMSO, Methanol, Ethanol, Aceton, Ethylacetat, DCM, Toluol, Petrolether) und die unterschiedlichen Farben bzw. das Verhalten beim Belichten mit UV (365 nm), beim Erhitzen der Lösung bzw. auch beim Erhitzen des trockenen Feststoffs geprüft.
Entsorgung:
Abfälle kommen zu den halogenfreien organischen Abfällen.
Erklärung:
Die Synthese der Vorläufer ist eine einfache elektrophile Substitution am o-Vanillin bzw. Salicylaldehyd. Die phenolische OH-Gruppe wirkt dabei stark o- und p-dirigierend und aktiviert den Ring, sodass die Substitutionen sehr leicht ablaufen. Im Fall von o-Vanillin kann dabei nur ein mögliches Isomer entstehen[2], bei Salicylaldehyd sind sowohl die o- als auch die p-Position frei und es bildet sich eine Mischung. Für die Di-Nitrierung sind aufgrund der desaktivierenden Wirkung der ersten Nitro-Gruppe bereits drastischere Bedingungen mit Nitriersäure erforderlich[15].
Die Synthese der Spiropyrane erfolgt relativ einfach, indem man die "Fischer-Base" 1,3,3-Trimethyl-2-methylenindolin (bzw. ein Derivat) mit einem entsprechend substituierten Salicylaldehyd-Derivat kondensiert, dies erfolgt einfach durch Rückflusskochen in Ethanol[11]. Bei hoch substituierten Salicylaldehyden verläuft diese Reaktion sehr glatt, bei unsubstituiertem Salicylaldehyd wären die Ausbeuten niedrig und es kommt zu verschiedenen Nebenprodukten[5]. Grundsätzlich wären die Spiropyrane auch stabil genug, um nachträgliche Substitutionen daran durchführen zu können.
Beobachtungen der Eigenschaften:
8-Methoxy-6-Nitro BIPS:
Das Produkt löst sich in allen Lösungsmitteln gut auf. In allen stark polaren oder protischen Lösungsmitteln ist die Farbe Rot-Violett und verblasst weder durch Hitze noch durch stehen lassen merklich. Im wenig polaren Toluol und Petrolether löst es sich in der Hitze farblos auf. Die Lösung bleibt auch nach dem Auskühlen farblos, bei Belichtung mit UV-Licht bildet sich rasch eine dunkelblaue Färbung, die durch erneutes Erhitzen sofort verblasst oder im Verlauf von ein paar Minuten wieder selbst verschwindet. Der Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. In Petrolether erfolgt das Verblassen sehr rasch. Die Farbänderung erfolgt durch die Ringöffnung des Spiropyrans zum Merocyanin mittels Anregung durch UV. Mit der Zeit bildet sich die thermodynamisch stabilere Spiropyran-Form zurück. In den stark polaren Lösemitteln ist die Merocyanin-Form so gut stabilisiert, dass es zu keiner spontanen Ringschließung kommt. Vor und nach Bestrahlung mit UV365
Bemerkenswert ist das Verhalten der Lösung in Essigsäure. Die kräftig rote Lösung (vermutlich der protonierten phenolischen OH zuzuschreiben) fluoresziert gelb und verfärbt sich nur bei kräftiger und längerer Belichtung (> 1 Minute) mit UV365 nm, dabei kommt es zu keiner Farbvertiefung wie in den anderen Lösungsmitteln, sondern zu einer Aufhellung zu einem blassen orange. Dabei handelt es sich nicht um ein Ausbleichen, denn auch hier kehrt die ursprüngliche tiefrote Farbe zurück, allerdings erst nach einigen Stunden bzw. nach einer Zeit lang kochen.
Das Spektrum der farblosen Lösung in Toluol zeigt einen ausgeprägten Peak bei 353 nm. Die blaue Merocyanin-Form nach UV-Belichtung zeigt einerseits ein verschobenes Maximum bei ca. 390 nm, zum anderen einen zweiten etwa gleich hohen Peak bei 601 nm der für die blaue Farbe verantwortlich ist. Das hellgrüne Pulver schmilzt zu einer dunkelblauen Flüssigkeit.
6-Bromo-8-Methoxy BIPS:
Das Produkt ist ein rein weißes Pulver und löst sich auch in der Hitze in fast allen Lösungsmitteln nur marginal. Lediglich in DMSO war eine merkliche Löslichkeit gegeben (farblos), auch in Essigsäure löst es sich gut (gelb). Die Gelbe Farbe ist typisch dem protonierten Phenolischen OH zuzuordnen. Die Lösung in DMSO wird beim Erhitzen bei ca. 150° leicht bläulich, die Farbe verschwindet beim Abkühlen wieder. UV-Bestrahlung weder mit 365 noch mit 254 nm löst eine Farbänderung aus. Vermutlich liegt das Absorptionsmaximum zu weit im Bereich des kurzwelligen UV, wo die Lösemittel selbst schon stark absorbieren sodass keine Photochromie auftreten kann. Bei ausreichend hoher Temperatur (ab ca. 150 °) und in ausreichend stark polarem aber aprotischem Lösemittel, kommt es dennoch zur Ringöffnung und man kann die blaue Merocyanin-Farbe sehen. Vor und nach Erhitzen
Die Lösung in Essigsäure fluoresziert intensiv gelb, die in DMSO türkis. Das weiße Pulver schmilzt zu einer dunkelvioletten Flüssigkeit, wobei es zur Zersetzung kommt (Geruch nach Fischer Base).
6-Nitro BIPS:
Das Produkt löst sich in allen Lösungsmitteln gut auf und zeigt die ausgeprägtesten photochromen Effekte[12]. Lediglich in den Alkoholen und Essigsäure ist die Farbe Rot bzw. Gelb (protoniert) und verblasst weder durch Hitze noch durch Stehenlassen. In den weniger polaren bzw. aprotischen Lösemitteln löst es sich weitgehend farblos auf. Bei Belichtung mit UV-Licht bilden sich rasch kräftige rote bzw. violette und blaue Färbungen, die durch Erhitzen rasch verblassen oder im Verlauf von ein paar Minuten wieder selbst verschwinden. Der Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. In Petrolether erfolgt das Verblassen sehr rasch. Die Farbänderung erfolgt durch die Ringöffnung des Spiropyrans zum Merocyanin mittels Anregung durch UV. Mit der Zeit bildet sich die thermodynamisch stabilere Spiropyran-Form zurück. In den stark polaren bzw. protischen Lösemitteln ist die Merocyanin-Form so gut stabilisiert, dass es zu keiner spontanen Ringschließung kommt, man kann nur geringe Farbunterschiede erkennen. Vor und nach Bestrahlung mit UV365. Anmerkung: bei Benutzung von trockenem, wasserfreiem Ethanol ist die Lösung nur ganz blass rosa gefärbt! Intensives sichtbares Licht (direktes Sonnenlicht im Reagenzglas hinter doppelverglaster Scheibe und UV-0 390nm Filter) beschleunigt das Verblassen ebenfalls deutlich!
Auch hier gibt es bemerkenswerte Fluoreszenz-Erscheinungen. Die Lösung in Essigsäure fluoresziert ebenfalls hellgelb, bevor sie unter dem Einfluss es UV verblasst, bestrahlt man die Lösung von oben, kann man eine hübsche Schicht beobachten. In Ethanol ist die Fluoreszenz sehr intensiv hellrot, in Petrolether violett. Das sonnengelbe Pulver schmilzt zu einer dunkelblauen Flüssigkeit.
6,8-Dinitro BIPS:
Das Produkt löst sich in den polareren Lösungsmitteln gut auf, wenngleich etwas schlechter als das 6-Nitro-Derivat, jedoch mit mindestens gleich großer Farbintensität. In Toluol löst es sich schlecht, in Petrolether so gut wie gar nicht. Die Lösungen sind kräftig rot und verblassen weder durch Hitze noch durch Stehenlassen. Bei längerer (>1 Minute) und kräftiger Belichtung mit UV-Licht verblassen die Farben weitgehend bzw. wechseln ins gelblich-orange. Im Verlauf von einigen Stunden kommt die Farbe wieder zurück, Erhitzen beschleunigt den Vorgang etwas. Der Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. In Toluol erfolgt der Farbwechsel von blassblau zu grünlich, leider ist die Löslichkeit schlecht. Vor und nach Bestrahlung mit UV365. Anmerkung: Intensives sichtbares Licht (direktes Sonnenlicht im Reagenzglas hinter doppelverglaster Scheibe und UV-0 390nm Filter) lässt die Lösung rascher und vollständiger verblassen als das Licht der UV-Lampe, diese scheint sogar einen leichten gelblich-roten Ton zurückzubringen.
6,8-Dinitro BIPS ist ein Beispiel für ein Spiropyran mit "negativen photochromen Eigenschaften", d.h. durch Belichtung entsteht (reversibel) die farblose Form[9,13,14]. Aufgrund der starken induktiven und mesomeren Effekte der beiden Nitro-Gruppen ist im "Grundzustand" die offene Merocyanin-Form begünstigt. Während bisher durch das UV-Licht die Ringöffnung durch Anregung erfolgt ist, löst das Licht hier den Ringschluss direkt aus. Ein durchaus ungewöhnliches Phänomen, zumal so energiereiche Strahlung eher Bindungen spaltet. Die Literatur[9] hat hier auch nur einen geringen Effekt der Polarität des Lösungsmittels gefunden, was sich bei meinen Versuchen grundsätzlich bestätigt hat.
Auch hier kann man bei UV-Bestrahlung von oben schöne Effekte zwischen Farbe, Fluoreszenz und dem verblassen der Farbe beobachten: Essigsäure, Ethanol
Das dunkelgrüne Pulver schmilzt nicht sondern zersetzt sich unter Abgabe violetter Dämpfe (Fischer Base).
Bilder:
Das Produkt 8-Methoxy-6-Nitro BIPS
Das Produkt 6-Bromo-8-Methoxy BIPS
Das Produkt 6-Nitro BIPS
Das Produkt 6,8-Dinitro BIPS
Nitrierung von Salicylaldehyd: Das in Eiswasser gefällte Rohprodukt
Fraktionierte Kristallisation und Fällung - die 5 Fraktionen
Die DC von Rohprodukt (links) und den 5 Fraktionen
Ansatz von 6-Nitro BIPS nach Reflux - ausgefallenes Produkt hat sich abgesetzt, darüber tief dunkelviolette Mutterlauge
Mit einer Lösung von 8-Methoxy-6-Nitro BIPS in Toluol + Polystyrol beschichtetes Papier - mit einem UV-Laserpointer kann man darauf schreiben. Nach einiger Zeit oder durch Erwärmen verblasst die Farbe wieder.
Literatur:
[1] W. V. Miller, Ber. Dtsch. Chem. Ges. 1887, 20 (1), 1927–1931. DOI: https://doi.org/10.1002/cber.188702001430.
[2] E. Rupp, K. Linck, Archiv der Pharmazie. 1915, 253 (1–5), 33–41. DOI: https://doi.org/10.1002/ardp.19152530103.
[3] W. Davies, Journal of the Chemical Society, Transactions. 1923, 123, 1575–1593. DOI: https://doi.org/10.1039/CT9232301575.
[4] R. Wizinger, H. Wenning, Helvetica Chimica Acta. 1940, 23 (1), 247–271. DOI: https://doi.org/10.1002/hlca.19400230133.
[5] C. F. Koelsch, W. R. Workman, J. Am. Chem. Soc. 1952, 74 (24), 6288–6289. DOI: https://doi.org/10.1021/ja01144a514.
[6] E. Berman, R. E. Fox, F. D. Thomson, J. Am. Chem. Soc. 1959, 81 (21), 5605–5608. DOI: https://doi.org/10.1021/ja01530a021.
[7] R. Heiligman-Rim, Y. Hirshberg, E. Fischer, J. Chem. Soc. 1961, 156. DOI: https://doi.org/10.1039/jr9610000156.
[8] S. M. Aldoshin, Russ. Chem. Rev. 1990, 59 (7), 663–684. DOI: https://doi.org/10.1070/RC1990v059n07ABEH003549.
[9] J. Zhou, Y. Li, Y. Tang, F. Zhao, X. Song, E. Li, Journal of Photochemistry and Photobiology A: Chemistry. 1995, 90 (2–3), 117–123. DOI: https://doi.org/10.1016/1010-6030(95)04082-Q.
[10] Organic Photochromic and Thermochromic Compounds. 1: Main Photochromic Families, Plenum Press, New York 1999.
[11] B. S. Lukyanov, M. B. Lukyanova, Chem Heterocycl Compd. 2005, 41 (3), 281–311. DOI: https://doi.org/10.1007/s10593-005-0148-x.
[12] J. Piard, J. Chem. Educ. 2014, 91 (12), 2105–2111. DOI: https://doi.org/10.1021/ed4005003.
[13] A. Abdullah, T. G. Nevell, P. G. Sammes, C. J. Roxburgh, Dyes and Pigments. 2015, 121, 57–72. DOI: https://doi.org/10.1016/j.dyepig.2015.04.027.
[14] S. Aiken, R. J. L. Edgar, C. D. Gabbutt, B. M. Heron, P. A. Hobson, Dyes and Pigments. 2018, 149, 92–121. DOI: https://doi.org/10.1016/j.dyepig.2017.09.057.
[15] P. S. Patil, R. B. Toche, Frontiers Drug Chemistry Clinical Res. 2018, 1 (2). DOI: https://doi.org/10.15761/FDCCR.1000112.
[16] L. Kortekaas, W. R. Browne, Chem. Soc. Rev. 2019, 48 (12), 3406–3424. DOI: https://doi.org/10.1039/C9CS00203K.