Die neuesten experimentellen Erkenntnisse
Mutterlauge hat über Nacht am Heizkörper wunderschöne große Kristalle wachsen lassen. Man könnte sich also freuen. Könnte - dazu später mehr.
aliquis hat geschrieben: ↑Montag 27. Februar 2023, 01:03
Ich meine mich ausserdem zu erinnern, dass die Mischung damals noch etwas nach Ammoniak roch, ich also wohl mehr zufällig mit einem leichten Überschuss an Ammoniak gearbeitet haben muss. Wer weiß, vll. ist das der springende Punkt gewesen...
Dazu hatte ich dir ja empfohlen mal nachzurechnen. Wenn man nicht kompliziert rechnen will oder kann, hilft ein Hägg-Diagramm sich rasch Überblick zu verschaffen
Für das Paar konjugierte Säure NH
4+ (pKs = 14 - pKb = 9,25) / Base NH
3 und eine 1 M Lösung sieht das so aus:
Daraus kann man viele Dinge ablesen.
zB der pH einer Lösung die 1 M an NH
4+ ist (zB NH
4Cl): nach NH
4+ + H
2O <-> NH
3 + H
3O
+ muss im GG gleich viel NH
3 und H
3O
+ vorhanden sein. Man liest den pH bequem dort ab wo sich die gelbe Linie NH3 und die strichlierte Linie H+ schneiden = ca. 4,6
zB der pH einer 1 M Ammoniaklösung: nach NH
3 + H
2O <-> NH
4+ + OH
- muss im GG gleich viel NH
4+ und OH
- sein. Man liest den pH bequem dort ab wo sich die rote Linie NH
4+ und die strichlierte Linie OH
- schneiden = ca. 11,6.
Was den Anteil an NH
3 im Gleichgewicht betrifft, muss man nur die gelbe Linie betrachten. Bei pH 7 sind das in etwa 5x10^-3 = 0,5%. Bei pH 8 ist das schon auf etwa das 10-fache gestiegen (5%) und bei pH 9 sind es etwa 40%.
Was jetzt den pH des Phosphats betrifft, ist das leider eine nicht so triviale Aufgabe, da Phosphorsäure ab der 2. Dissoziationsstufe eine schwache Säure ist (pKs2 = 7,2) und somit 2 Gleichgewichte schwacher Säuren bzw Basen überlagern. Das Na
2HPO
4 ist jedenfalls als Salz einer schwachen Säure und einer Starken Base bereits ein stark basisches Salz. Auch hier kann man ein Hägg-Diagramm konstruieren und kommt mit den gleichen Überlegungen auf ca pH = 10,5 wobei das in so komplexen GG und bei mehrfach geladenen Ionen und hoher Konzentration aufgrund der großen Abweichung zwischen Konzentration und Aktivität schon ziemlich ungenau ist.
Gemessen hat eine Lösung von 1 Spatel Diamm.Phosphat in 15 ml H2O einen pH von 8,2 und die von Dinatriumphosphat pH 9,1. noch konzentrierter steigt der pH natürlich noch mal weiter.
Wir sind also in einem pH-Bereich wo gut 10-40% im GG als NH3 vorliegt - und das kann sich verflüchtigen. Deine Erinnerung täuscht dich nicht und das hat auch nichts mit einem Überschuss zu tun sondern tritt bei stöchiometrischen Verhältnissen auf jeden Fall auf!
Damit begründet sich wohl auch Berzelius' wohl gewählter Überschuss an Salmiak. Wenn du diesmal nichts bemerkt hast bedeutet das, dass du unterstöchiometrisch gearbeitet hast (oder einfach alles schon verkocht war noch bevor du daran gerochen hast...). Viel Eindampfen schadet in dem Fall viel. Du musst von Anfang an viel konzentrierter arbeiten.
So, und jetzt zurück zu mir. Von wegen "man könnte sich also freuen".
Als ich die Messung des pH gemacht habe - beim Diamm.Phosphat - alles gut. Beim Di-Na-Phosphat: pH 4,2!?!? WTF?
Das kann nicht sein, nicht mal durch geringfügige Verunreinigung, Phosphat ist ein super Puffer. Ganz offensichtlich befindet sich in dem Gebinde nicht das was drauf steht. Das kann nur ein Dihydrogenphosphat sein. Welches (Na? K? H2O?) - das mag ich evtl später analysieren, oder ich entsorge es einfach. Learning daraus: Es gibt einen Grund warum die Pharmakopoen Identitätsprüfungen vorsehen. Man kann sich auf nichts verlassen. Für den Versuch - schade drum aber egal, ab in die Entsorgung. Bei einer pharmazeutischen Anwendung möglicherweise katastrophal.
Ergo: neuer Ansatz, diesmal mit einem anderen (vorher geprüften
) Gebinde.
50 g Na
2HPO
4 . 12 H
2O + 19 g (NH
4)
2HPO
4 + 35 ml H2O (nahe an Berzelius' Verhältnissen, etwas konzentrierter) lösen sich beim Erwärmen (ca bis 75 °C) auch bald. 35 ml Wasser auf 69 g Salz klingt nach echt wenig, aber das 12-Hydrat besteht zu 60% aus Wasser. In Wirklichkeit sind es also nur 39g Salze in 65 ml H2O. Die heiße Lösung riecht stark nach NH3, also bedecken um Verluste zu minimieren. Heiß durch Wattebäuschchen filtriert in die Kristallisierschale und schon nach kurzer Zeit sieht das so aus:
auch mit dem Alkohol klappt es jetzt. 1 ml der Mutterlage + 1 ml Ethanol ergibt zunächst 2 Phasen. Nach kurzem heftigem Schütteln kommt es jedoch zur Kristallisation und ein Kristallbrei setzt sich ab. Der RG Inhalt erwärmt sich dabei durch die Kristallisationswärme sogar, etwas Kühlung vervollständigt. Hager ist hiermit auch vollständig rehabilitiert
So, ich denke jetzt ist endgültig klar welche Fehler zum Misslingen führen. Abweichung von der Stöchiometrie (durch falsches Edukt oder verkochtes NH3) und/oder zu verdünntes Arbeiten.