Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
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Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfiden
Die im Folgenden beschriebene Reaktion ist einer der empfindlichsten Nachweisreaktionen für Sulfid und andere Schwefelverbindungen in der Oxidationsstufe (-II).
Material/Geräte:
Waage, Messzylinder 10 ml, Pipette, Tüpfelplatte, Glasstäbchen
Chemikalien:
Natriumazid
Iod
Kaliumiodid
Testsubstanzen:
diverse Schwermetallsulfide, Mineralien
Schwefel
Natriumthiosulfat
Natriumsulfit
Natriumditionat
Natriumsulfat
Natriumdithionit
Ammoniumthiosulfat
Schwefelkohlenstoff
Natriumthioglykolat
Cimetidin
Penicillin G
Thiaminchlorid
Versuchsdurchführung:
Reagenzlösung: Die Iodlösung sollte nur so viel Iodid enthalten, wie zur völligen Lösung des Iods nötig ist. Eine günstige Rezeptur ist: 1 g gepulvertes Iod mit 1,5 g Kaliumiodid in 5-10 ml Wasser lösen und auf 100 ml auffüllen. In 10 ml der Iodlösung gibt man 0,2 Natriumazid. Das Iod-Azid-Reagenz ist im Dunklen bei Raumtemperatur einige Tage stabil, zersetzte sich bei längerem Aufbewahren aber doch, so dass man besser immer kleine Mengen ansetzt (ggf. im Kühlschrank lagern).
Auf einer Tüpfelplatte werden kleine Spatelspitzen der zu testenden, fein gepulverten Substanzen mit 1-2 Tropfen der Reagenzlösung vermischt. Die Reaktion ist positiv, wenn Entfärbung unter Gasentwicklung (sichtbares Aufschäumen!) eintritt.
Bei meinem Versuch trat eine rasche, eindeutige Reaktion ein mit: Cadmiumsulfid, Quecksilbersulfid, Antimon(V)-sulfid, Natriumthiosulfat, Ammoniumrhodanid, Natriumdithionit, sowie den Mineralien Auripigment (Arsen(III)-sulfid) und Stibnit (Antimon(III)-sulfid).
Natriumsulfat und Natriumdithionat gaben keine Reaktion.
Mit Natriumsulfit kam es zu einer Entfärbung ohne Gasentwicklung.
Mit Eisensulfid (roh, selbst aus Eisenpulver und Schwefel dargestellt) trat eine Gasentwicklung ein, die Entfärbung war jedoch deutlich langsamer als bei den anderen Metallsulfiden. Eine ähnliche, langsame Reaktion gab gepulverter Pyrit (Fe2S2).
Schwefel ist in der Reaktion eindeutig negativ.
In Reagenzglasversuchen wurden außerdem geprüft:
Schwefelkohlenstoff: ein kleines Tröpfchen führt beim Schütteln rasch zu Entfärbung unter aufschäumen
Natriumthioglykolat: rasche Entfärbung unter Schäumen
Penicillin G: allmähliche Gasentwicklung und mit Verzögerung vollständige Entfärbung
Keine Entfärbung gaben: Thiaminchlorid, Cimetidin und Methylenblau
Entsorgung:
Man wischt die Schwermetallsulfide mit einem kleinen saugfähigen Papier von der Tüpfelplatte und gibt diese zum Schwermetallabfall. Die klaren Lösungen können mit dem Abwasser entsorgt werden.
Erklärungen:
Iod oxidiert Azid zu Stickstoff und wird dabei selbst zu Iodid reduziert:
2 N3- + I2 ---> 3 N2 + 2 I-
Höhere Konzentrationen an Iodid stören die Reaktion, weshalb die Lugol’sche Lösung mit so wenig Kaliumiodid wie möglich angesetzt werden muss. Ebenso darf die Reaktionsmischung nicht stark sauer sein.
Die Potentialdifferenz der beteiligten Redoxpaare lässt eine spontan ablaufende Reaktion erwarten:
2 N3- ---> 3 N2 + 2 e- --- E0 = -3,6 V (alkalisch)
2 I- ---> I2 + 2 e- --- E0 = +0,54 V
Interessanterweise ist dies jedoch nicht der Fall und Iod-Azid-Lösungen sind bei Raumtemperatur stabil. Im Jahre 1906 berichtet der Chemiker Fritz Raschig (1863–1928) erstmals darüber, dass kleinste Mengen Natriumthiosulfat die Reaktion katalysieren und benutzte sie zur gasvolumetrischen Bestimmung von Azid.[1],[2] Der Analytiker Fritz Feigl (1891-1971) wandte die Iod-Azid-Reaktion dann 1926 zum Nachweis von Sulfiden an und berichtete über ihre hohe Empfindlichkeit - selbst mit dem extrem schwer löslichen Quecksilbersulfid (LHgS = 10-52!) verläuft sie rasch und eindeutig, und wenn man sie als mikrochemische Reaktion unter dem Mikroskop verfolgt, ist der Nachweis ganz außerordentlich empfindlich. Die Reaktion ist außerdem hoch spezifisch: Selenide, Telluride, Arsenide und Antimonide reagieren nicht.[3]
Sulfit führt hingegen zwar zu einer Entfärbung, indem Iod zu Iodid reduziert wird. Das Azid bleibt dabei jedoch außen vor und es tritt keine Gasentwicklung ein:
I2 +SO32- + H2O ---> SO42- + 2 HI
In der Literatur wird für die Iod-Azid-Reaktion weit verbreitet (z.B.[1] sowie an mehreren Stellen im Internet u.a. in der Wikipedia) folgender, angeblicher Reaktionsmechanismus beschrieben:
I2 + S2- ---> S + 2 I-
S + 2 N3- ---> 3 N2 + S2-
Dabei wird unterstellt, dass der Schwefel (ähnlich dem “naszierenden Wasserstoff“) in einatomiger Form reagiert, denn normaler S8-Schwefel wirkt nicht katalytisch. Wann diese “Erklärung“ aufkam, konnte ich nicht herausfinden. Sie wirkt spekulativ und nicht überzeugend, vor allem angesichts der Tatsache, dass auch Thiocyanat oder Schwefelkohlenstoff die Reaktion zu katalysieren vermögen. In späteren Publikationen wurden aufgrund kinetischer Untersuchungen an organischen Schwefelverbindungen eine Reihe verschiedener Reaktionsmechanismen vorgeschlagen, welche die Bildung intermediärer Schwefel-Azid und Schwefel-Iod-Verbindungen postulieren.[5],[6] Leider habe ich aus Mangel an aktuellen Publikationen zu diesem Thema keine Angaben dazu gefunden, welcher Reaktionsmechanismus als der wahrscheinlichste anzusehen ist.
Warum die Reaktion mit Eisensulfid und Pyrit deutlich langsamer verläuft als mit den anderen Metallsulfiden, ist mir nicht erklärlich.
Bilder:
Einige der untersuchten Substanzproben
Reaktionsausfall, ganz oben links das Reagenz ohne Zusätze zum Vergleich
Die unteren beiden Reihen: Gasentwicklung in den ersten beiden Proben unten links noch erkennbar, außerdem die verlangsamte Entfärbung mit den Eisensulfiden rechts in der Reihe darüber (vergl. Die völlige Entfärbung mit Arsen- und Antimonsulfid links daneben!)
Reaktion im Reagenzglas (v.l.n.r.): Schwefelkohlenstoff – Natriumthioglykolat – Leerwert – Thiaminchlorid – Cimetidin – Penicillin G (nach einigem warten)
Literatur:
[1] Jander/Blasius, Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie; 11. Neubearbeitete Auflage 1979, S. Hirzel Verlag Stuttgart (ISBN 3-776-0353-8): S.
[2] Raschig F: Chemiker Zeitung 99 (1908): 1203
[3] Raschig F: Oxidation der Stickstoffwasserstoffsäure durch Jod; Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 48 (1915): 2088 - 2092
[4] Feigl F: Über einen neuen empfindlichen Nachweis von Sulfiden und Thiosulfaten - Zeitschrift für analytische Chemie 74 (1928): 369 – 376
[5] Awe W u. Naujocks E: zur Kenntnis der Iod Azid Reaktion - Microchimica Acta 38 (1951): 574 – 580
[6] Müller H et al.: Bestimmung der katalytischen Wirksamkeit von N-Benzoylthioharnstoffderivaten in der Iod-Azid-Reaktion in einem System von Konkurrenzreaktionen; Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie 446 (1978): 216 - 226
Die im Folgenden beschriebene Reaktion ist einer der empfindlichsten Nachweisreaktionen für Sulfid und andere Schwefelverbindungen in der Oxidationsstufe (-II).
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Schwefel
Natriumthiosulfat
Natriumsulfit
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Natriumsulfat
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Ammoniumthiosulfat
Schwefelkohlenstoff
Natriumthioglykolat
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Reagenzlösung: Die Iodlösung sollte nur so viel Iodid enthalten, wie zur völligen Lösung des Iods nötig ist. Eine günstige Rezeptur ist: 1 g gepulvertes Iod mit 1,5 g Kaliumiodid in 5-10 ml Wasser lösen und auf 100 ml auffüllen. In 10 ml der Iodlösung gibt man 0,2 Natriumazid. Das Iod-Azid-Reagenz ist im Dunklen bei Raumtemperatur einige Tage stabil, zersetzte sich bei längerem Aufbewahren aber doch, so dass man besser immer kleine Mengen ansetzt (ggf. im Kühlschrank lagern).
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Bei meinem Versuch trat eine rasche, eindeutige Reaktion ein mit: Cadmiumsulfid, Quecksilbersulfid, Antimon(V)-sulfid, Natriumthiosulfat, Ammoniumrhodanid, Natriumdithionit, sowie den Mineralien Auripigment (Arsen(III)-sulfid) und Stibnit (Antimon(III)-sulfid).
Natriumsulfat und Natriumdithionat gaben keine Reaktion.
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Mit Eisensulfid (roh, selbst aus Eisenpulver und Schwefel dargestellt) trat eine Gasentwicklung ein, die Entfärbung war jedoch deutlich langsamer als bei den anderen Metallsulfiden. Eine ähnliche, langsame Reaktion gab gepulverter Pyrit (Fe2S2).
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Man wischt die Schwermetallsulfide mit einem kleinen saugfähigen Papier von der Tüpfelplatte und gibt diese zum Schwermetallabfall. Die klaren Lösungen können mit dem Abwasser entsorgt werden.
Erklärungen:
Iod oxidiert Azid zu Stickstoff und wird dabei selbst zu Iodid reduziert:
2 N3- + I2 ---> 3 N2 + 2 I-
Höhere Konzentrationen an Iodid stören die Reaktion, weshalb die Lugol’sche Lösung mit so wenig Kaliumiodid wie möglich angesetzt werden muss. Ebenso darf die Reaktionsmischung nicht stark sauer sein.
Die Potentialdifferenz der beteiligten Redoxpaare lässt eine spontan ablaufende Reaktion erwarten:
2 N3- ---> 3 N2 + 2 e- --- E0 = -3,6 V (alkalisch)
2 I- ---> I2 + 2 e- --- E0 = +0,54 V
Interessanterweise ist dies jedoch nicht der Fall und Iod-Azid-Lösungen sind bei Raumtemperatur stabil. Im Jahre 1906 berichtet der Chemiker Fritz Raschig (1863–1928) erstmals darüber, dass kleinste Mengen Natriumthiosulfat die Reaktion katalysieren und benutzte sie zur gasvolumetrischen Bestimmung von Azid.[1],[2] Der Analytiker Fritz Feigl (1891-1971) wandte die Iod-Azid-Reaktion dann 1926 zum Nachweis von Sulfiden an und berichtete über ihre hohe Empfindlichkeit - selbst mit dem extrem schwer löslichen Quecksilbersulfid (LHgS = 10-52!) verläuft sie rasch und eindeutig, und wenn man sie als mikrochemische Reaktion unter dem Mikroskop verfolgt, ist der Nachweis ganz außerordentlich empfindlich. Die Reaktion ist außerdem hoch spezifisch: Selenide, Telluride, Arsenide und Antimonide reagieren nicht.[3]
Sulfit führt hingegen zwar zu einer Entfärbung, indem Iod zu Iodid reduziert wird. Das Azid bleibt dabei jedoch außen vor und es tritt keine Gasentwicklung ein:
I2 +SO32- + H2O ---> SO42- + 2 HI
In der Literatur wird für die Iod-Azid-Reaktion weit verbreitet (z.B.[1] sowie an mehreren Stellen im Internet u.a. in der Wikipedia) folgender, angeblicher Reaktionsmechanismus beschrieben:
I2 + S2- ---> S + 2 I-
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Dabei wird unterstellt, dass der Schwefel (ähnlich dem “naszierenden Wasserstoff“) in einatomiger Form reagiert, denn normaler S8-Schwefel wirkt nicht katalytisch. Wann diese “Erklärung“ aufkam, konnte ich nicht herausfinden. Sie wirkt spekulativ und nicht überzeugend, vor allem angesichts der Tatsache, dass auch Thiocyanat oder Schwefelkohlenstoff die Reaktion zu katalysieren vermögen. In späteren Publikationen wurden aufgrund kinetischer Untersuchungen an organischen Schwefelverbindungen eine Reihe verschiedener Reaktionsmechanismen vorgeschlagen, welche die Bildung intermediärer Schwefel-Azid und Schwefel-Iod-Verbindungen postulieren.[5],[6] Leider habe ich aus Mangel an aktuellen Publikationen zu diesem Thema keine Angaben dazu gefunden, welcher Reaktionsmechanismus als der wahrscheinlichste anzusehen ist.
Warum die Reaktion mit Eisensulfid und Pyrit deutlich langsamer verläuft als mit den anderen Metallsulfiden, ist mir nicht erklärlich.
Bilder:
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Reaktionsausfall, ganz oben links das Reagenz ohne Zusätze zum Vergleich
Die unteren beiden Reihen: Gasentwicklung in den ersten beiden Proben unten links noch erkennbar, außerdem die verlangsamte Entfärbung mit den Eisensulfiden rechts in der Reihe darüber (vergl. Die völlige Entfärbung mit Arsen- und Antimonsulfid links daneben!)
Reaktion im Reagenzglas (v.l.n.r.): Schwefelkohlenstoff – Natriumthioglykolat – Leerwert – Thiaminchlorid – Cimetidin – Penicillin G (nach einigem warten)
Literatur:
[1] Jander/Blasius, Lehrbuch der analytischen und präparativen anorganischen Chemie; 11. Neubearbeitete Auflage 1979, S. Hirzel Verlag Stuttgart (ISBN 3-776-0353-8): S.
[2] Raschig F: Chemiker Zeitung 99 (1908): 1203
[3] Raschig F: Oxidation der Stickstoffwasserstoffsäure durch Jod; Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 48 (1915): 2088 - 2092
[4] Feigl F: Über einen neuen empfindlichen Nachweis von Sulfiden und Thiosulfaten - Zeitschrift für analytische Chemie 74 (1928): 369 – 376
[5] Awe W u. Naujocks E: zur Kenntnis der Iod Azid Reaktion - Microchimica Acta 38 (1951): 574 – 580
[6] Müller H et al.: Bestimmung der katalytischen Wirksamkeit von N-Benzoylthioharnstoffderivaten in der Iod-Azid-Reaktion in einem System von Konkurrenzreaktionen; Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie 446 (1978): 216 - 226
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachwei von Sulfid
So, da ich das gerade angewendet habe dachte ich mir, ich dokumentiere es mal. Ist eine spannende Sache. Hat jemand nährere Informationen zum Reaktionsmechanismus?
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachwei von Sulfid
Ich könnte mir vorstellen, dass Sulfit Iod direkt reduziert.
Es ist noch ein Schreibfehler in der Überschrift.
Es fehlt das GHS Symbol bei Kaliumiodid.
Anmerkungen und Literaturhinweise sind etwas zu klein formatiert, um sie ohne Lupe lesen zu können.
Es ist noch ein Schreibfehler in der Überschrift.
Es fehlt das GHS Symbol bei Kaliumiodid.
Anmerkungen und Literaturhinweise sind etwas zu klein formatiert, um sie ohne Lupe lesen zu können.
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- mgritsch
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachwei von Sulfid
Literatur: https://doi.org/10.1039/AN9861101001 gibt zB eine gute Erklärung und unterfüttert ausgiebig mit weiteren Referenzen. Google Scholar hilft meistlemmi hat geschrieben: Donnerstag 23. Mai 2024, 22:53 Hat jemand nährere Informationen zum Reaktionsmechanismus?
(P.s. habe mir erlaubt die gröberen hoppalas die aliquis erwähnt iSd Lesbarkeit bereits zu fixen )
Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachwei von Sulfid
Thiosulfat auch.aliquis hat geschrieben: Donnerstag 23. Mai 2024, 23:11 Ich könnte mir vorstellen, dass Sulfit Iod direkt reduziert.
Wenn du den Artikel gelesen hättest, hättest du gesehen, dass ich Sulfit explizit diskutiert habe. Es kommt nicht in erster Linie auf die Entfärbung an, sondern auf die Entwicklung von N2.
@ mgritsch: danke für die Literaturstelle! Scheint auf den ersten Blick die Aussagen meiner Referenzen 5 und 6 zusammenzufassen, muss ich mir aber noch genauer ansehen.
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachwei von Sulfid
Dann habe ich das wohl entweder überlesen oder es stand in der Vorfassung noch nicht drin.lemmi hat geschrieben: Freitag 24. Mai 2024, 08:31Thiosulfat auch.aliquis hat geschrieben: Donnerstag 23. Mai 2024, 23:11 Ich könnte mir vorstellen, dass Sulfit Iod direkt reduziert.
Wenn du den Artikel gelesen hättest, hättest du gesehen, dass ich Sulfit explizit diskutiert habe. Es kommt nicht in erster Linie auf die Entfärbung an, sondern auf die Entwicklung von N2.
Bei Thiosulfat wird es nicht eigens erwähnt - obwohl der Effekt gerade dabei doch historisch entdeckt worden sein soll, wenn ich Deinen Text richtig verstanden habe.
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
@mgritsch: okay, offenbar war man schon 1986 so weit, einen mehrstufigen Reaktionsmechanismus als gesichert anzusehen. Wo um alles in der Welt kommt die komische Erklärung her mit dem elementaren Schwefel als Zwischenschritt? Und wieso wird nirgendwo auf diesen Artikel verwiesen?
Wie hast du den eigentlich gefunden? Google Scholars sagt mir nicht viel...
Noch neuere Artikel zu dem Thema findet man dort nicht?
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Im Prinzip läuft das alles in die Richtung, ja, wobei meine Literaturstelle auch explizit einen Mechanismus angibt (für ein R-S-S-R Strukturelement, ich denke aber es wird zumeist analog ablaufen). An anderer Stelle https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/ed064p271 habe ich etwas gefunden wie CS2 hier reagiert, das bildet mit dem N3- einen Thiatriazol Hetrocyclus der dann durch Iod oxidiert wird.lemmi hat geschrieben: Freitag 24. Mai 2024, 08:31Scheint auf den ersten Blick die Aussagen meiner Referenzen 5 und 6 zusammenzufassen, muss ich mir aber noch genauer ansehen.
Ganz genau 1:1 wird es angesichts der Bandbreite an katalytisch wirksamen S-Verbindungen nicht überall gleich sein, aber im Kern dürfte immer eine Reaktion von nukleophilem Azid-Ion mit elektropositivem S stehen, und das ganze wird dann durch Iod oxidativ zu N2 abgebaut. Iod-Azid gäbe es ja auch, wobei das wohl eher was sehr unangenehm instabiles ist https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs ... .197905071
Vielleicht sollte ich mal einen Beitrag mit How-To und Tipps zur Literatursuche machen!
- Seaborg
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Eine sehr interessante Reaktion, künstlerich anmutend dargestellt.
Eine Darstellung eines einzelnen kleinen Gasbläschens in 1 µL verdünnter Flüssigkeit auf einem
Objektträger unter dem Mikro zur Bestimmung der Erfassungsgrenze der Reaktion wäre vllt. interessant.
Außerden würde mich interessieren, inwieweit die Methode mit der Erkennbarkeit außerordentlich kleiner Mengen von H2S in
der Luft mithilfe des Riechkolbens konkurriert.
Eine Darstellung eines einzelnen kleinen Gasbläschens in 1 µL verdünnter Flüssigkeit auf einem
Objektträger unter dem Mikro zur Bestimmung der Erfassungsgrenze der Reaktion wäre vllt. interessant.
Außerden würde mich interessieren, inwieweit die Methode mit der Erkennbarkeit außerordentlich kleiner Mengen von H2S in
der Luft mithilfe des Riechkolbens konkurriert.
Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Ja, bemerkenswert, dass Stickstofftriiodid und Iodazid als so verschiedenartige Verbindungen derart ähnliche Brisanz besitzen. Halogen und Stickstoff allein miteinander in ein und derselben Verbindung, das will sich offensichtlich - wie auch immer - einfach nicht vertragen... Erst in Gegenwart weiterer Elemente kommen sie einigermassen miteinander klar.
Dazu würde mir spontan ein menschliches Analogon einfallen, das näher zu benennen ich als OT hier einfach mal bleiben lasse...
@lemmi: Hast Du hier Dein 43 Jahre altes Natriumazid verwendet?
Dazu würde mir spontan ein menschliches Analogon einfallen, das näher zu benennen ich als OT hier einfach mal bleiben lasse...
@lemmi: Hast Du hier Dein 43 Jahre altes Natriumazid verwendet?
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Ja, mach das mal. Ich habe gesucht wie 'n kleener Kreuzer und nur das gefunden, was ich oben angegeben habe.mgritsch hat geschrieben: Freitag 24. Mai 2024, 18:23 Vielleicht sollte ich mal einen Beitrag mit How-To und Tipps zur Literatursuche machen!
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
so wie es aussieht hat sich 1962 ein gewisser Shin Suzuki ausgiebiger mit der Reaktion befasst und einige Papers dazu geschrieben, sind aber leider in Japanisch, der Übersetzer holpert auch ziemlich damit. Hier kommt das konkret vor: https://doi.org/10.1246/nikkashi1898.65.6_898lemmi hat geschrieben: Freitag 24. Mai 2024, 14:17 @mgritsch: okay, offenbar war man schon 1986 so weit, einen mehrstufigen Reaktionsmechanismus als gesichert anzusehen. Wo um alles in der Welt kommt die komische Erklärung her mit dem elementaren Schwefel als Zwischenschritt?
Da wird der Mechanismus postuliert:
Na2S + I2 -> 2 NaI + S
S+ 2 HN3 -> H2S + N2
er schränkt auch ein "In der Literatur gibt es keine solche Reaktion, und bei Reagenzglasexperimenten wurden keine Fortschritte beobachtet."
Ich habe es kurz getestet - kolloidaler, feinst verteilter Schwefel aus angesäuerten Thiosulfat- oder Sulfid-Lösungen verschwindet auch bei Zugabe eines Überschuss an NaN3 nicht wieder zu Sulfid. Er rettet sich mit der wohl sehr feinen Verteilung wenn man den Schwefel erst gar nicht sichtbar ausfällt: "Generell gilt: Je feiner die Partikel, desto höher die Reaktionsaktivität; Es wird angenommen, dass die Reaktion (4) nur in Kolloiden oder kleineren Regionen auftritt. Ich weiß nicht, ob ich das tun soll"
Andererseits kann man es auch nicht übel nehmen dass er sowas postuliert, denn aufgrund der Standardpotenziale:
3 N2 + 2 H+ + 2 e ⇌ 2 HN3 ( –3.09 V)
S + 2H+ + 2 e ⇌ H2S(aq) ( +0.142 V)
ist Azid ein sehr starkes Reduktionsmittel das so etwas auf jeden Fall könnte. Die kinetische Hemmung ist wohl gewaltig. Die ganze Stickstoffchemie ist elektrochemisch sowieso seltsam, da benimmt sich fast nix so wie es sollte
Andere Mechanismen mit S-haltigen Verbindungen gibt es viele, nur mit dem Sulfid allein wird es dünn. Vielleicht genügt alleine die Annahme dass sich Disulfid bildet bereits, dann passt der Mechanismus mit R-S-S-R grundsätzlich.
das musst du die Autoren fragen Generell sind "Versuchs"anleitungen idR traurig literaturlos und werden meist phantasielos voneinander abgeschrieben. So einen hohen Standard und Ansprüche und Fragen wie wir hier hat eben nicht jederUnd wieso wird nirgendwo auf diesen Artikel verwiesen?
Zur analytischen und sonstigen Nutzung Reaktion ansich gibt es einiges, der Mechanismus ist dann den Forschern wohl nicht mehr so wichtigNoch neuere Artikel zu dem Thema findet man dort nicht?
Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Anorganisches Teufelszeug eben!Die ganze Stickstoffchemie ist elektrochemisch sowieso seltsam, da benimmt sich fast nix so wie es sollte
Schön dass wir das mal aufgedröselt haben! Ich werde die Erklärung noch etwas umarbeiten.
EDIT: Kollege Suzuki hat anscheinend auch auf Englisch publiziert (Literaturliste des Abstracts zu dem Artikel, den du verlinkt hast) - werde ich mir auch noch durchlesen. Er schlägt auch einen Disulfid- Mechanismus mit Thioharnstoff vor!
Ich wäre an deiner Literatursuch-Strategie wirklich interessiert!
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"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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- mgritsch
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Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Korrekturgelesen und verschoben
Re: Die Iod-Azid-Reaktion zum Nachweis von Sulfid
Danke! Die Erklärung würde ich aber dennoch noch etwas ergänzen und die Ergebnisse seiner Literatursuche einarbeiten - bin nur einfach nicht dazu gekommen
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