Bariumchlorat

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Pok
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Bariumchlorat

Beitrag von Pok »

Herstellung von Bariumchlorat

Bariumchlorat ist ein guter Ausgangsstoff für Chlorsäure sowie andere Chlorate. Es lässt sich durch doppelte Umsetzung (Salzmetathese) von Bariumchlorid mit Natriumchlorat herstellen. Die folgende Methode ist eine Abwandlung einer Literaturvorschrift. Die Ausbeute wird dabei erhöht, allerdings ist die Vorgehensweise dadurch wesentlich komplizierter und zeitaufwendiger.


Geräte:

Erlenmeyerkolben, Bechergläser, Magnetheizrührer, Mörser mit Pistill, Filtrationszubehör, Uhrglas


Chemikalien:

Natriumchlorat-Lösung mit max. 40 gew.-% Warnhinweis: attn
Bariumchlorid-Dihydrat Warnhinweis: t
Wasser

Bariumchlorat Warnhinweis: nWarnhinweis: oWarnhinweis: xn


Durchführung:

Zu 295 g einer 40%igen Natriumchloratlösung (enthält 118 g Natriumchlorat) werden 135 g Bariumchlorid-Dihydrat und 125 ml Wasser gegeben. Die Mischung wird unter Rühren, abgedeckt z.B. mit einem Uhrglas, erhitzt bis eine klare Lösung entstanden ist. Man lässt langsam auf 0 - 10 °C abkühlen, wodurch Bariumchlorat auskristallisiert, welches man an seiner Kristallform erkennt (siehe Bilder). Sollte sich, z.B. aufgrund von Übersättigung, zuerst Bariumchlorid ausscheiden, so muss noch etwas mehr Wasser hinzugegeben werden. Die überstehende Lösung wird abdekantiert und die Kristalle ohne zu Waschen trockengesaugt. Abgesaugte und abdekantierte Lösung werden vereinigt und unter Rühren so weit eingeengt, bis sich erste Kristalle abscheiden (Natriumchlorid) und anschließend soviel Wasser (wenige ml) zu der noch heißen Lösung zugegeben bis erneut eine klare Lösung entsteht, die so wie beim ersten Mal behandelt wird: abkühlen lassen, Bariumchlorat-Kristalle trockensaugen, Lösungen vereinigen. Die dann erhaltene Lösung wird gewogen und unter Rühren weiter eingeengt bis ein Gewichtsverlust von 100 g erreicht ist. Dabei kristallisiert sukzessive Natriumchlorid aus. Die Suspension wird heiß filtriert und das NaCl trockengesaugt. Die Lösungen werden vereinigt, mit wenig Waser versetzt und abkühlen gelassen, wobei erneut Bariumchlorat-Kristalle entstehen, die wie beschrieben behandelt werden. Der Arbeitsschritt wird noch ein bis zwei mal wiederholt, wobei sich die Menge des abgedampfen Wassers immer halbiert (50 g und 25 g). Bei jeder Kristallisation wird die Identität des Bariumchlorats anhand der Kristallform sichergestellt.

Das gesamte ausgefallene Natriumchlorid enthält nur noch wenig Chlorat und wird verworfen. Das rohe Bariumchlorat wird aus heißem Wasser umkristallisiert, indem es in möglichst wenig kochendem Wasser gelöst und die Lösung langsam bis auf 0 - 10 °C abgekühlt wird. Die Kristallaggregate werden grob gemörst, mit wenig eiskaltem Wasser gewaschen, trockengesaugt und das Waschwasser mit der abdekantierten Lösung vereinigt. Die Lösung wird eingeengt, bis sich Kristalle bilden, noch etwas Wasser hinzugefügt und wieder abkühlen gelassen und die Kristalle auf die gleiche Weise behandelt. Man wiederholt die Schritte bis die Lösung auf ca. 50 ml eingeengt ist. Sie enthält NaCl-Reste, etwa 10 - 15 g Bariumchlorat und wird verworfen. Das Bariumchlorat wird auf dieselbe Weise ein zweites Mal umkristallisiert, die Lösung dabei filtriert (falls Trübungen vorhanden sind), das auskristallisierte Bariumchlorat-Monohydrat trockengesaugt und an der Luft getrocknet. Das Produkt ist nicht hygroskopisch.

Die Ausbeute wurde nicht exakt bestimmt, sie dürfte bei etwa 80 % liegen (ca. 140 - 145 g Ba(ClO3)2 · H2O). Bei einem halb so großen Ansatz und leicht veränderter Vorgehensweise lag die Ausbeute bei 55 %.1

Um die Ausbeute weiter zu steigern, könnte man das Natriumchlorid noch mit wenig Wasser auswaschen und das Umkristallisieren bis zu noch kleineren Volumina fortführen. Theoretisch lässt sich so eine annähernd quantitative Ausbeute erreichen.

Auf Verunreinigungen durch Chlorid-Ionen wird geprüft, indem man 1 g der Kristalle pulverisiert und davon 100 mg in 1 ml Wasser löst. Die Lösung wird mit einem Tropfen einer 1%igen Silbernitratlösung versetzt, wobei keine deutliche Trübung auftreten darf. Andernfalls wird erneut umkristallisiert.


Alternative Methoden:

(a) Die Natriumchloratlösung wird im Überschuss zu einer heißen Bariumchloridlösung gegeben und dann abgekühlt. Das ist die Originalvorschrift2, auf der diese Anleitung hier beruht. Die Ausbeute liegt aber unter 55 %.
(b) Salzmetathese mit Kaliumchlorat statt Natriumchlorat. Aufgrund der Schwerlöslichkeit von KClO3 muss jedoch ein Zwischenschritt über explosives Ammoniumchlorat erfolgen.3
(c) Reaktion von Bariumcarbonat oder -hydroxid mit Chlorsäure, welche aus Natriumchlorat und Oxalsäure4 oder Kaliumchlorat und Weinsäure5 bzw. saures Aluminiumsulfat4 durch Ausfällen des schwerlöslichen Natriumoxalats, Kaliumhydrogentartrats bzw. Kalialauns in leicht verunreinigter Form entsteht. Nachteil: Einsatz von weiteren Chemikalien. Vorteil: das aufwendige Verfahren der doppelten Umsetzung entfällt, jedoch muss auch hier umkristallisiert werden.
(d) Liebig-Prozess: Einleiten von Chlor in eine Bariumhydroxidlösung. Es entsteht eine kaum zu trennende Mischung aus Bariumchlorat und -chlorid. 6


Erklärung:

In der heißen Lösung von Bariumchlorid und Natriumchlorat liegt folgendes Gleichgewicht vor:

BaCl2 + 2 NaClO3 ⇌ Ba(ClO3)2+ 2 NaCl

Dabei nutzt man das unterschiedliche Löslichkeitsverhalten der vier Salze in Abhängigkeit von der Temperatur aus (siehe Grafik) und verschiebt das Gleichgewicht auf die rechte Seite, indem schrittweise Bariumchlorat und Natriumchlorid entfernt werden. Der komplizierte Ablauf ist nötig, um einerseits die beiden Produkte nicht in Form eines Gemisches zu erhalten und andererseits, um kein Bariumchlorid wiederzubekommen.

Bild
Löslichkeitsverhalten der vier Salze (Datenbasis: Löslichkeitstabelle bei Wikipedia)

Ausführliche Erklärung: Natriumchlorid löst sich fast unabhängig von der Temperatur, weshalb es am leichtesten beim Sieden zu entfernen ist, wo die anderen Salze eine höhere Löslichkeit als bei Raumtemperatur haben. Natriumchlorat ist so gut löslich, dass es unter den hier vorhandenen Bedingungen nie auskristallisieren wird. Bariumchlorat und Bariumchlorid hingegen haben ein ähnliches Löslichkeitsverhalten. Während der Kristallisation vom Chlorat sinkt die Konzentration an Barium-Ionen beim Abkühlen kontinuierlich, sodass das Löslichkeitsprodukt von Bariumchlorid während dieses Prozesses nicht überschritten wird, obwohl seine Löslichkeit beim Abkühlen ebenfalls sinkt. Laut Löslichkeitsdiagramm schneiden sich die Kurven vom Chlorat und Chlorid erst ab 25 °C. Da aber das Chlorat eine höhere Molmasse besitzt, liegt die molare Löslichkeit von Bariumchlorat schon ab 60 °C unter der des Chlorids. Wenn zusätzlich noch Chlorid-Ionen durch ausfallendes NaCl entfernt werden, steigt die Temperatur, ab der das Bariumchlorat bevorzugt ausfällt, noch weiter. Der erste und zweite Kristalliationsschritt dürfen nicht in einem Arbeitsschritt durchgeführt werden (also nicht die Edukte vereinigen und dann abdampfen), weil sonst Bariumchlorid bereits in der Hitze noch vor dem Natriumchlorid ausfallen würde. Die Löslichkeit von NaCl ist zwar geringer, wird aber vom wesentlich größeren Massenanteil (also Gewicht) von BaCl2 überkompensiert. Beim anschließenden Einengen muss man schrittweise vorgehen, damit neben Natriumchlorid nicht zusätzlich Bariumchlorat in Form eines Gemisches ausfällt.


Entsorgung:

Das Natriumchlorid wird über den Hausmüll entsorgt, das Bariumchlorat kommt zu den anorganischen Feststoffen, Lösungsreste zu den anorganischen Lösungen.


Bilder:

Bild
Bariumchlorat-Monohydrat (ein Teil des Produkts, ca. 70 g)

Bild
Detail der Kristalle

Bild
Test auf Chlorid mit Silbernitrat

Bild
Vergleich mit destilliertem Wasser, das 0,1 mg NaCl / ml enthält. Nach 2-maligem Umkristallisieren liegt der Chloridgehalt also unter 0,1 % (berechnet als NaCl).


Literatur:

[1] Mitteilung von lemmi (siehe Diskussion)

[2] Magyar Tudományos Akadémia (1968) Acta chimica, Band 56, Akadémiai Kiadó, S. 338. (snippet-Ansicht)

[3] G. Brauer (1963) Handbook of Preparative Inorganic Chemistry, Vol 1, Second Edition, Academic Press, S. 314-315. ISBN 978-0121266011

[4] H. Böttger, R. J. Meyer (1963) Gmelins Handbuch der Anorganischen Chemie. 8.Auflage, Chlor, S. 308. ISBN 9783662113219, doi: 10.1007/978-3-662-11321-9

[5] M. Biechele (1902) Die chemischen Processe und stöchiometrischen Berechnungen bei den Prüfungen und Wertbestimmungen der im Arzneibuche für das Deutsche Reich (vierte Ausgabe) aufgenommenen Arzneimittel. Springer-Verlag, S.159. (Vorschau)

[6] R. C. Ropp (2013) Encyclopedia of the Alkaline Earth Compounds. Elsevier, S. 81. ISBN 9780444595508. (Vorschau)
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Sehr schön und auch die Kristalle des Bariumchlorats sind gut gelungen! :wink: Wenn ich mich richtig erinnere, heißt Metathese Platzwechsel oder Umstellung der Kationen und Anionen....
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Die Kristalle sehen schon sehr gut aus! :thumbsup:

Hast du mal überlegt aus dem Bariumchlorat durch Reaktion mit Schwefelsäure Chlorsäure herzustellen (stark verdünnt natürlich) und damit ein wenig herumzuspielen? Ich denke, man würde recht reine Chlorsäure bekommen, da das Bariumsulfat ja nicht löslich in Wasser ist.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Dran gedacht hab ich schon, aber das Salz brauche ich für was anderes. Laut Brauer soll man bei der Chlorsäureherstellung einen leichten Überschuss an Bariumchlorat verwenden, keine Ahnung warum. Aber wenn mans stöchiometrisch macht, wird die Chlorsäure auch ziemlich rein.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Ich tippe mal darauf, daß die Chlorsäure in Gegenwart von Schwefelsäure instabil sein könnte, gerade dann, wenn man sie aufkonzentrieren will. Der "Brauer" ist mir als zuverlässiges Werk bekannt, die Hinweise werden ihren Grund haben.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für diese ausführliche Anleitung! Hast du das absichtlich in die Spielweise gestellt? Das wäre doch eher was für die Artikelschmiede. :)

Aber "weniger als 0,1 % Chlorid" finde ich eher eine Charakterisierung einer Rohsubstanz als eines Reinproduktes! :wink: Wie oft hast Du das Rohprodukt umkristallisiert um dieses Ergebnis zu erhalten, ein- oder zweimal?
Wenn du mir 5 g von dem Präparat schickst mache ich dir eine Chloridbestimmung. :mrgreen:
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Pok
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Beitrag von Pok »

Die Ausbeute weiß ich nicht mehr ganz genau, hatte es mir nicht notiert, deshalb die Spielwiese.
Rohsubstanz? Ich bin ja schon stolz, es 99,9 % nennen zu dürfen - bezogen auf Chlorid. Das reicht mir. :mrgreen:
Habe es 2x umkristallisiert. Chlorid als Verunreinigung spielt für meine Zwecke keine Rolle, aber danke für das Angebot. ;)

@Glaskocher: ja, klingt plausibel.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Jaja, is' ja okay so ... :wink:
Die Trübung ist so minimal, daß ich denke der Chloridgehalt wird eine gute Zehnerpotenz unter der Vergleichslösung liegen, also so bei 100 ppm. Das ist zwar noch nicht analysenrein, aber schon ziemlich gut.
Pok hat geschrieben:Die Ausbeute weiß ich nicht mehr ganz genau, hatte es mir nicht notiert, deshalb die Spielwiese.
Das finde ich nicht so entscheidend - oder glaubst du, du hast dich stark vertan? Wie hast du denn geschätzt, wie kommst du auf 140-145 g ?

P.S. Das erinnert mich übrigens an die frühere Darstellung von "Konversionssalpeter". Aus Natriumnitrat (Chilesalperter) und Kaliumchlorid wurde so Kaliumnitrat erhalten.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Um analysenrein zu sein, müsste man doch aber auch noch die Metalle checken, wie Eisen usw., oder? Immerhin zeigt es, dass man durch Umkristallisieren das Chlorid leicht loswerden kann. Wer es reiner braucht, muss dann einfach noch weiter umkristallisieren.

Bei der Ausbeute weiß ich nur noch, dass sie grob bei 80 % lag. Die Masse habe ich davon abgeleitet (+/- ein paar Gramm), deshalb "geschätzt".

Ja, es gibt ne Menge Salze, die man so ähnlich herstellen kann. Beim Bariumchlorat eignet sich die "ultimative" Darstellung, also verbunden mit der "Synthese" des Chlorat-Ions (Liebig-Prozess), aber nicht, weshalb diese Darstellung hier praktischer ist. Möglich wäre noch eine Chloratzelle, aber das führt auch zu mehr apparativem Aufwand.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Hab den Artikel jetzt doch mal in die Artikelschmeide verschoben. Ich finde ihn nicht nur - wie immer - gut beschrieben sondern auch gut und fundiert erklärt. Alleine als Beispiel für eine gut aufgearbeitete Salzmetathese loht es sich, das zu übernehmen. Wenn die anderen nichts dagegen haben würde ich wegen der Ausbeute ein Auge zudrücken. Du kannst es ja umformulieren ("wurde nicht exakt betsimmt ... soll nach Literaturangaben ca 80% betragen ...").
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Pok
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Beitrag von Pok »

Alles klar, ich habs geändert. Leider gibt es nur diese eine Literaturvorschrift mit dem vereinfachten Verfahren, woraus sich max. 55 % Ausbeute berechnen lassen (wegen des dort verwendeten Überschusses an NaClO3). Deshalb verweise ich bei den 80 % nicht auf die Literatur.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich habe das jetzt mal nachgekocht, mit den halben Mengen. Im Laufe der verschiedenen Auskristallisierungsstufen (nach Poks Anleitung) habe ich folgende Fraktionen erhalten und jeweils auf Chlorid getestet:

Fraktion I: 35,2 g , Chlorid (+)
Fraktion II: 19,6 g , Chlorid ++
Fraktion III: 11 g , Chlorid +
Fraktion IV: 4,3 g , Chlorid +
Fraktion V: 2,5 g , Chlorid (+)

Es ist auffällig, daß gleich die erste Fraktion fast ganz frei von Chlorid ist, die zweite dagegen reichlich Chlorid enthält. Weil mich das störte habe ich - abweichend von Poks Vorschrift - die Fraktion II wieder in die Lösung gegeben, eingedampft bis sich NaCl abschied, abgesaugt und dann auskristallisieren lassen. Aber auch diese Fraktion enthielt reichlich Chlorid und zwar mehr als die darauffolgenden III bis V (immer die Hälfte der Flüssigkeit abgedampft, vom NaCl abgesaugt und dann kristallisieren gelassen).

Ich habe dann II, III und IV zusammen umkristallisiert und das auskristallisierte Präparat nach dem Absaugen mit 66%igem Ethanol (2 RT Ethanol absol + 1 RT Wasser) gewaschen. Die erhaltenen 18,3 g Präparat, die Chlorid (+) waren, habe ich zusammen mit I und V umkristallisiert, wieder mit Ethanol 66% gewaschen und so aus 66 g Ausgangsmaterial 39,1 g eines vollständig chloridfreien Präparates erhalten.

Die erste Mutterlauge habe ich nochmals eingedampft, daraus 6,4 g Chlorid + haltiges Produkt gewonnen und dieses zusammen mit der zweiten Mutterlauge wieder umkristallisiert. So konnte ich weitere 9,1 g eines Präparates erhalten, das - ähnlich wie bei Pok - nach längerem Stehen mit silbernitrat eine ganz schwach opaleszierende Trübung gab (ich nenne das mal Chlorid((+)) ).

Zusammen habe ich 48,5 g = 55 % eines reinen Präparates erhalten. Meine Ausbeute blieb deutlich hinter der von Pok zurück. Der Aufwand des Umkristallisierens ist ziemlich hoch.

@ Pok: Allerdings habe ich nie Kristalle erhalten, die auch nur annähernd so groß waren wie deine. Solche Kristalle sind sicher leichter durch Waschen von Resten der Mutterlauge zu befreien. Wie hast du das gemacht?
Hast du eine Erklärung dafür, daß die erste Kristallfraktion so rein ist und die weiteren so viel Chlorid enthalten? Kennst du eine Abhilfe dafür?
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Beitrag von Pok »

lemmi hat geschrieben:@ Pok: Allerdings habe ich nie Kristalle erhalten, die auch nur annähernd so groß waren wie deine. Solche Kristalle sind sicher leichter durch Waschen von Resten der Mutterlauge zu befreien. Wie hast du das gemacht?
Das Volumen der Lösung war bei dir kleiner, was ein Grund sein dürfte, dass die Lösung schneller abgekühlt ist und kleinere Kristalle gebildet hat. Ich habe mein Gefäß sehr gut isoliert beim Abkühlen (in einige Schichten Rettungsdecke gegen Verlust durch Wärmestrahlung + Handtücher gegen Wärmeleitung), sodass die Kristallisation sehr langsam vonstatten ging. So bilden sich große Kristalle. Schon bei anderen Artikeln hatte ich dieses Verfahren (Idee stammte damals von einem VC-Artikel) beschrieben, deshalb hier nicht nochmal extra.
lemmi hat geschrieben:Hast du eine Erklärung dafür, daß die erste Kristallfraktion so rein ist und die weiteren so viel Chlorid enthalten? Kennst du eine Abhilfe dafür?
Beim ersten Mal ist ja die Gefahr einer gleichzeitigen Abscheidung von NaCl noch nicht gegeben. Hast du bei späteren Fraktionen auch immer noch einen Schluck Wasser dazugegeben wie beschrieben? Beim Abkühlen fällt sonst natürlich (wenn auch nur wenig) immer noch zusätzlich NaCl aus.

Ich les mir das in ein paar Tagen nochmal genauer durch, vielleicht fällt mir dann noch was ein...

Edit: hältst du diese Erklärungen für plausibel? Mehr fällt mir nach dem Lesen nicht ein. Dass deine Ausbeute nur bei 55 % lag, wundert mich nicht so sehr. Die Volumina müssen ziemlich groß sein, damit man die heiße Bariumchlorat-Lösung halbwegs vernünftig abgießen kann. Vielleicht lag meine Einschätzung mit 80 % aber auch etwas zu hoch und sie liegt nur bei 70 % oder so. 70 % vs. 55 % wären ein vernünftiger Unterschied, wenn man die Ansatzgrößen vergleicht. Und ja, der Aufwand ist ziemlich hoch, aber die alternativen Darstellungsweisen sind m.E. auch nicht besser.

Kann ich deine Ausbeute im Artikel dazuschreiben mit Hinweis auf die halbe Ansatzgröße und leicht modifizierte Durchführung? Dann hat man eine verlässliche Zahl dazustehen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ja, ich habe nach dem Absaugen des NaCl (ich habe über eine vorgewärmte Nutsche abgesaugt) immer ein bisschen Wasser dazugegeben - aber vielleicht nicht genug?

Ich meine festgestellt zu haben, daß die Fraktionen die aus den sehr konzentrierten Lösungen auskristallisiert sind (ich meine: sehr konzentriert was das Bariumchlorat angeht. Manchmal bildete sich schon dem Eindampfen eine Salzhaut auf der Flüssigekitsoberfläche, dann habe ich immer so viel Wasser zugegeben, dass sich gerade eben wieder alles gelöst hat) immer mehr Chlorid enthielten, als die aus den weniger stark eingedampften Lösungen. Das ist mir vor allem beim Umristallisieren aufgefallen. Ich habe mich gefragt, ob da vielleicht Bariumchlorid statt Natriumchlorid mit auskristallisert. Es kann aber auch einfach daran liegen, daß dann die Kristallabscheidung sehr schnell geht und zwischen dem feinen Kristallen mehr Mutterlauge hängen bleibt.

Was hältst du von der Idee, mit verdünntem Ethanol zu waschen? Meine Vorstellung war einfach, die Mutterlauge zu verdrängen (auf der Nutsche). Andererseits kann es sein, daß NaCl ausfällt, wenn die Mutterlauige mit dem Ethanol in Kontakt kommt. Meine Ergebnisse waren etwas inkongruent. Fest steht, daß Waschen mit Wasser zu erheblichen Verlusten führt.

Ist meine Überlegung, daß größere Kristalle zu einem reineren Prodzukt führen, richtig oder irrig? Irgendwo habe ich auch mal gelesen, daß man die Bildung großer Kristalle vermeiden sollte, da diese zu viel Mutterlauge einschlössen ?!? Vermutlich hängt das auch von den zu trennenden Substanzen ab. Stoffe die isomorph kristallisieren, lassen sich in größere Kristalle vielleicht eher "einbauen" - was für Chlorid und Chlorat vermutlich nicht zutrifft.

Du kannst meine Ausbeute gerne angeben, wenn du magst.
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Beitrag von Pok »

Naja, wenn man wie nach Vorschrift vorgeht, fällt natürlich ein bisschen NaCl immer mit aus. Aber beim Umkristallisieren sollte sich das gut entfernen lassen (spätestens beim 2. Mal). Beim verdünnten Ethanol müsste doch auf jeden Fall NaCl ausfallen. Immerhin kommt eine fast oder ganz gesättigte NaCl-Lösung damit in Kontakt. Die Kristallgröße dürfte aber auch eine wichtige Rolle gespielt haben. Große Kristalle lassen sich 1. mit sehr geringen Verlusten gut waschen, wenn man Eiswasser nimmt und sehr schnell absaugt. Außerdem lassen die sich 2. von anhaftender Flüssigkeit besser durch Abtrocknen auf Filterpapier, Zellstoff, o.ä. befreien. Und 3. ist die Unterscheidung von Bariumchlorid und -chlorat anhand der Kristallform bei kleinen Kristallen praktisch unmöglich. Hab deine Ausbeute eingefügt.
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