3-Methylbenzoesäure

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Vanadium
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3-Methylbenzoesäure

Beitrag von Vanadium »

Herstellung von m-Methylbenzoesäure (m-Toluylsäure)

m-Methylbenzoesäure ist eine eher unübliche organische Carbonsäure, die sich von der Benzoesäure ableitet. Sie lässt sich durch Amid-Spaltung von N,N-Diethyltoluamid (DEET), einem bekannten Insektenrepellent, herstellen. Obwohl DEET sehr stabil ist, lässt es sich zu einem gewissen Teil in die m-Toluylsäure und das entsprechende Amin spalten.
In dieser Anleitung wird von reinem DEET ausgegangen, das vorher aus Insektenspray isoliert wurde. Im Prinzip bietet aber die ursprüngliche Zusammensetzung des Sprays schon gute Bedingungen für die hier vorgenommene Spaltung, weswegen eine vorangehende Extration des Reinstoffs in diesem Zusammenhang nicht nötig ist.


Geräte:

500 mL-Rundkolben, Bechergläser, Rückflusskühler, Destillationsapparatur- und Zubehör, Filterzubehör, Scheidetrichter, Trocknungsmöglichkeit, Magnetheizrührer, Sandbad.


Chemikalien:

N,N-Diethyltoluamid Warnhinweis: xn
Natriumhydroxid Warnhinweis: c
Methanol oder Ethanol Warnhinweis: fWarnhinweis: t
Salzsäure 37% Warnhinweis: c
m-Methylbenzoesäure Warnhinweis: attn

Hinweis:Methanol ist giftig, weswegen eher auf Ethanol zurückgegriffen werden sollte. Es wird mit heißer Natronlauge gearbeitet, weswegen auf jeden Fall Schutzkleidung getragen werden sollte.


Durchführung:

9,5 g (0,05 mol) DEET werden in einem Becherglas in 25 mL Methanol gelöst und diese Mischung in einen 500 mL Zweihalskolben überführt, welcher im Sandbad auf einem Heizrührer unter Rühren erhitzt wird. Dabei wird zunächst nur leicht die Temperatur erhöht. Seperat werden 10,0 g (0,25 mol) Natriumhydroxid in 25 mL dest. Wasser gelöst (Hitzeentwicklung!). Die so erhaltene Natronlauge wird zur methanolischen DEET-Lösung gegeben und der Reaktionsansatz mit einem Thermometer versehen. Es wird über 13 Stunden hinweg am Rückfluss gekocht (T = ca. 70-75°C).
Danach tauscht man den Rückflusskühler gegen eine Destillationsbrücke aus und entfernt das Methanol, soweit es geht. Hiernach lässt man abkühlen und trennt die Mischung nach Zugabe von etwas dest. Wasser im Scheidetrichter auf, wobei die wässrige untere Phase weiterverarbeitet wird, indem sie unter Rühren mit 25 mL konz. HCl neutralisiert wird. Dabei ist bereits eine leichte Trübung wahrzunehmen. Beim Abkühlen auf Raumtemperatur scheiden sich fluffige Kristallnadeln ab, welche abfiltriert, in heißem Wasser umkristallisiert und getrocknet werden. Der Schmelzpunkt des Produkts lag bei ca. 115°C (Literatur: 111°C).

Ausbeute: 190 mg (2,75 % d.Th.) eines faserigen, weißen Pulvers ohne nennenswerten Eigengeruch.

Die erhaltene Ausbeute ist sehr, sehr schlecht. Beim Auftrennen der Phasen fiel auf, dass sogut wie alles an DEET noch vorhanden war. Es ist also noch viel Spielraum nach oben. Zur Erhöhung der Effizienz könnten z.B. höhersiedende Alkohole als Lösungsmittel verwendet werden (1-Propanol), allerdings ist es fraglich, ob man generell über diesen Weg der Amidspaltung jemals "gute" Ausbeuten bekommen wird.


Entsorgung:

Die organische Phase besteht quasi nur aus übriggebliebenen DEET und kann für andere Experimente oder eine Wiederholung dieses verwendet werden. Die wässrigen Lösungen werden neutralisiert und im Abfluss oder anorganischem Müll entsorgt.


Erklärung:

DEET ist ein arom. Carbonsäureamid. Obwohl Amide zu den reaktionsträgsten und damit auch stabilsten Carbonylverbindungen gehören, lassen sie sich durch langes Kochen im Sauren oder Alkalischen spalten. Die Spaltung wird hier im basischen unter NaOH-Zugabe vorgenommen.

Zunächst gehen sowohl das DEET als auch das NaOH in Lösung und können miteinander reagieren, was weder in reinem Wasser noch MeOH/EtOH entsprechend funktionieren würde. Das Hydroxid-Anion greift nukleophil an das Carbonyl des DEET an (1), es entsteht ein tetraedisches Zwischenprodukt. Unter Abspaltung der Amingruppe und weiterer Deprotonierung bildet sich schließlich das Anion der Carbonsäure (2).
Wird die wässrige Phase, welche das m-Methylbenzoat enthält, mit Salzsäure versetzt, entsteht wieder die freie Säure (3), welche in Wasser eine sehr schlechte Löslichkeit von ca. 1g/L besitzt. Sinkt die Temperatur der neutralisierten Lösung (welche zunächst durch Reaktionswärme noch heiß ist) beginnt sich die m-Methylbenzoesäure in wohlgeformten Kristallen abzuscheiden.
Da die Löslichkeit des Produkts in heißem Wasser deutlich höher ist als in kaltem, ist eine Reinigung durch Umkristallisieren in Wasser möglich, was sich bei der extrem niedrigen Ausbeute hier aber nicht lohnte.

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Bilder:

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Rückflusskochen der Mischung

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Abtrennen der wässrigen Phase

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Ansäuern der wässrigen Phase

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Beim Abkühlen ausfallende Kristallnadeln

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Getrocknete m-Methylbenzoesäure
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Tips für das Verbessern der Ausbeute erwünscht! :D
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Die Ausbeute ist ja leider wirklich bemittleidenswert. Man müsste nochmal schauen ob sich das Amid sauer nicht evtl besser spalten lässt.
Nach dem Trocknen hast du ja ein Pulver erhalten, was dafür spricht, dass die Kristalle als Hydrate oder "Solvat" vorliegen, hast du dazu was gefunden?
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Das ist ein interessantes Experiment. Die Dokumentation ist in großen Teilen gut und nachvolziehbar.

Beim Abkühlen auf Raumtemperatur scheiden sich fluffige Kristallnadeln ab, welche abfiltriert, umkristallisiert und getrocknet werden.
Aus welcher Menge von welchem Lösemittel wurde umkristallisiert? Erst in der Erklärung wird Wasser als Lösemittel zur Reinigung genannt. Die Menge des Lösemittels würde ich hier mit "je Gramm Rohprodukt" bemessen, um das Ganze universell zu halten.

Beim Abdestillieren des Methanols wird sicher auch das Diethylamin mit überdestilliert sein. Teste mal das Destillat, ob es basisch reagiert.

Eine Extraktion der wässrigen Produktphase mit einem darin nicht mischbaren Lösemittel (Ether oder Alkan) entfernt Anhaftungen des nicht umgesetzten Eduktes und erhöht somit die Reinheit beim anschließenden Fällen.


Ich erinnere mich daran, im Lehrlabor Benzoesäure auch aus Ethanol umkristallisiert zu haben. Man arbeitet deutlich konzentrierter, hat aber in der Mutterlauge eine gute Lösefähigkeit für nicht umgesetztes DEET. Eventuell muß hier im Kühlschrank oder in der Gefriertruhe gekühlt werden, um die Verluste zu minnimieren (dicht verschließbares Gefäß als Umverpackung benutzen!).


Falls Du DC-Material zur Verfügung hast kannst Du im Folgeansatz Umsatzkontrollen machen. Ansonsten würde ich mit Kaliumhxdroxid die Amidspaltung in wasserhaltigem Ethanol versuchen, da KOH deutlich besser in Alkohol löslich ist. In gewissem Maße löst es sich auch in kaltem 2-Propanol.

Unter Verwendung von Ethanol sollte es möglich sein, das entstehende Diethylamin während der Reaktion abdestillieren zu können. Der Volumenverlust wird dann durch Ethanol ersetzt. Bei Kleinansätzen ist das nicht ganz einfach. Zur Not wird die Dampftemperatur überwacht und beim deutlichen Absinken etwas Destillat abgenommen, indem vorübergehend mehr Heizleistung gegeben wird.



Die saure Amidspaltung sollte auch funktionieren. Irgendwann mußte ich ein Acetamidonaphthalin spalten. Das ging sehr gut mit Salzsäure und ergab das korrespondierende Naphthylammoniumchlorid und Essigsäure. Im Falle von DEET fällt dabei dann die freie Carbonsäure aus, die später durch Umfällen und Extraktion der Natriumsalzlösung mit Alkanen gereinigt werden kann. Das Waschen des Rohproduktes mit Alkanen kann auch funktionieren, falls die Löslichkeit der Carbonsäure im Alkan nur gering ist.
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

@NI2: Ja die Ausbeute ist absolut kläglich! Ich werde auf jeden Fall noch ein wenig herumtesten, da ich eig. schon vorhatte, mir ein paar Gramm der Säure (3+ g) herzustellen. Es ist auf jeden Fall schon mal gut zu wissen, DASS es klappt und jetzt kann es optimiert werden (hoffentlich^^).
Nach dem Trocknen hast du ja ein Pulver erhalten, was dafür spricht, dass die Kristalle als Hydrate oder "Solvat" vorliegen, hast du dazu was gefunden?
Die Kristalle sind an der Luft augenscheinlich sehr schnell getrocknet. Allerdings wollte ich dann den Schmelzpunkt noch messen, deshalb hab ich die Kristalle zur Sicherheit zerstoßen und im Uhrglas auf einer Heizplatte bei ca. 50°C getrocknet. Einen Hinweis darauf, dass die Säure als Hydrat auskristallisiert, hab ich nirgends entdecken können...

@Glaskocher:
Aus welcher Menge von welchem Lösemittel wurde umkristallisiert? Erst in der Erklärung wird Wasser als Lösemittel zur Reinigung genannt. Die Menge des Lösemittels würde ich hier mit "je Gramm Rohprodukt" bemessen, um das Ganze universell zu halten.
Umkristallisiert hab ich aus grob 25-50 mL Wasser, ein genaues Verhältnis geb ich an, wenn ich es an einer größeren Menge getestet habe :)
Beim Abdestillieren des Methanols wird sicher auch das Diethylamin mit überdestilliert sein. Teste mal das Destillat, ob es basisch reagiert.
Das Destillat hab ich schon entsorgt.. :roll: Gerochen hat es aber kein bisschen nach Amin, das weiß ich noch. Ich denke, dass sich das alles während dem Rückflusskochen verflüchtigt hat... (Sdp: 56°C). Beim nächsten mal werde ich das testen.
Eine Extraktion der wässrigen Produktphase mit einem darin nicht mischbaren Lösemittel (Ether oder Alkan) entfernt Anhaftungen des nicht umgesetzten Eduktes und erhöht somit die Reinheit beim anschließenden Fällen.
Ja, ok! Werde beim nächsten Versuch die alkalische wässrige Phase mit Petrolether extrahieren!
Ich erinnere mich daran, im Lehrlabor Benzoesäure auch aus Ethanol umkristallisiert zu haben. Man arbeitet deutlich konzentrierter, hat aber in der Mutterlauge eine gute Lösefähigkeit für nicht umgesetztes DEET. Eventuell muß hier im Kühlschrank oder in der Gefriertruhe gekühlt werden, um die Verluste zu minnimieren (dicht verschließbares Gefäß als Umverpackung benutzen!).
Das kann ich gerne auch einmal probieren! Allerdings sollte ich mir erstmal wieder Ethanol zulegen, hab ja aus Mangel daran überhaupt erst zum Methanol gegriffen. :o
Falls Du DC-Material zur Verfügung hast kannst Du im Folgeansatz Umsatzkontrollen machen. Ansonsten würde ich mit Kaliumhxdroxid die Amidspaltung in wasserhaltigem Ethanol versuchen, da KOH deutlich besser in Alkohol löslich ist. In gewissem Maße löst es sich auch in kaltem 2-Propanol.
Leider nicht. Bin ja momentan das erste mal seit ca. 5-6 Jahren dabei, wieder richtig das Labor zu nutzen und es fehlt mir immer noch an Grundequipment... Hätte jemand vllt. ne gute Quelle für DC-Zubehör?

Und was hältst du von der Verwendung von 1-Propanol (Sdp. 97°C)? Da würde die Reaktionsmischung um rund 20°C heißer werden als mit EtOH und iPrOH, das sollte doch die Umsatzgeschwindigkeit deutlich erhöhen, oder nicht? Frage ist nur, ob sich KOH darin noch gut genug löst.
Die saure Amidspaltung sollte auch funktionieren. Irgendwann mußte ich ein Acetamidonaphthalin spalten. Das ging sehr gut mit Salzsäure und ergab das korrespondierende Naphthylammoniumchlorid und Essigsäure. Im Falle von DEET fällt dabei dann die freie Carbonsäure aus, die später durch Umfällen und Extraktion der Natriumsalzlösung mit Alkanen gereinigt werden kann. Das Waschen des Rohproduktes mit Alkanen kann auch funktionieren, falls die Löslichkeit der Carbonsäure im Alkan nur gering ist.
Vor allem könnte man so auch das Amin gewinnen, was wünschenswert wäre!
:thumbsup:
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

So, gerade läuft nochmal ein Ansatz mit der Hälfte an DEET, allerdings in 1-Propanol und KOH in einem 7,5-fachen Überschuss. Wasser/Propanol 50:50! Kolbendampftemperatur liegt durchgehend bei 90-95 Grad. Dieses mal ist die Lösung astrein klar, ist ja schonmal ein gutes Zeichen. :)
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Fail. 10 Std. bei 100°C rückflussgekocht und kaum Produkt. In etwa soviel wie beim ersten Versuch, eher weniger. Jetzt werd ich es nochmal im Sauren probieren.
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Die saure Spaltung hat auch nicht geklappt.. 20 Stunden! Kein Produkt ausgefallen obwohl ich eingeengt habe bis es nicht mehr ging. Hab auch keine Lust mehr auf neue Versuche, die Stromkosten für die Heizkosten sind nicht zu unterschätzen, waren bestimmt 10 Euro...
Kann die extreme Stabilität (selbst für Amid Verhältnisse) an den sterisch anspruchsvollen Ethylgruppen liegen?
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

//EDIT by lemmi//

Angesichts der noch zu klärenden Frage, ob auf diesem Wege eine Darstellung des Zielproduktes in vertretbarer Ausbeute möglich ist, habe ich diesen Artikel vorerst in die Spielwiese verschoben.
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"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Alles klar! Ich weiß aber leider auch nicht mehr, an welcher Schraube ich noch drehen soll, um bessere Ausbeuten zu erhalten. Vllt. wage ich mich eines Tages nochmal an die Prozedur heran... :wink:
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